Experte des Kölner Zoos erklärtWarum kommen in Spätsommer und Herbst so viele große Spinnen ins Haus?

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Eine Große Winkelspinne krabbelt über die Rückseite von Fingern

In Badewanne, Wasch- oder Spülbecken findet sich im Herbst häufiger mal eine Winkelspinne, hier die Große Winkelspinne. Überwintern wollen sie dort aber nicht.

Sommer vorbei, Spinnen im Haus: Peter Klaas erklärt, was an dieser Aussage dran ist. Und wie man die Tiere am besten nach draußen befördert.

Auf einmal sitzt sie dort: eine große Spinne mit dicken Beinen, mitten in der Badewanne. Für manche ein Schreckmoment, andere bringen das Tier mit einem Schulterzucken ins Freie. Gefühlt passiert das am häufigsten im Herbst, wenn es kälter wird. Überwintern wollen die Spinnen aber nicht in der Wohnung.

„Es wird häufig behauptet, dass Spinnen im Spätsommer und im Herbst die Wohnungen aufsuchen, um dort dann warm zu überwintern. Das stimmt so nicht“, stellt Peter Klaas richtig. Der Spinnen-Experte leitet das Insektarium im Zoo Köln. „Unsere trockenen und über den Winter geheizten Wohnräume sind für die Überwinterung der Hauswinkelspinne gar nicht geeignet. Sie vertrocknet oder verhungert schlicht.“

Männchen suchen Weibchen – und fallen in die Badewanne

So toll sind unsere Wohnungen für die Hauswinkelspinnen mit den dicken, langen Beinen also gar nicht. Dass sie dort im Herbst trotzdem häufiger auftauchen, hat einen anderen Grund: Im Herbst beginnt für sie die Paarungszeit. „In der Regel sind es die männlichen Hauswinkelspinnen, die sich das Jahr über in Kellern und Kellerschächten entwickeln und, nun geschlechtsreif, auf der Suche nach Weibchen sind“, erklärt Experte Peter Klaas.

Eine Hauswinkelspinne auf einem grünen Blatt

Die männliche Hauswinkelspinne sucht im Spätsommer nach Weibchen.

Dass diese sich dann häufig in Badewannen, der Dusche oder im Spülbecken wiederfinden, ist kein Zufall. Nicht selten fielen die Tiere dort hinein und kämen nicht mehr heraus, „weil Hauswinkelspinnen nicht an glatten Flächen haften können.“ Sie müssen dort also warten, bis ein Mensch kommt und sie befreit.

Im Gegensatz zu den Männchen wandern die Weibchen nicht umher und fallen dabei in Spülbecken. Sie bleiben das ganze Jahr über in ihrem Netz. Im Spätsommer bauen sie dann Kokons, aus denen im Frühjahr die Jungspinnen schlüpfen.

Ob Hauswinkelspinne, Zitterspinne oder Kugelspinne: nicht gefährlich für Menschen

Mit ihrer Größe fällt die Hauswinkelspinne auf. Gerade dann, wenn das dunkle Tier einen starken Kontrast zur weißen Badewanne oder zum weißen Waschbecken bildet. Da vergisst man schnell, dass andere Spinnen hierzulande deutlich häufiger in Häusern und Wohnungen anzutreffen sind. „Zum Beispiel die Zitterspinne Pholcus mit ihren sehr langen, dünnen Beinen. Und die Große Fettspinne, Steatoda bipunctata, die gerne hinter Fußleisten und Schränken lebt – tagsüber jedoch versteckt“, sagt Peter Klaas.

Zitterspinne auf hellem Untergrund

Die Zitterspinne ist an ihren langen, dünnen Beinen zu erkennen.

Im Vergleich zur Winkelspinne macht ihnen die trockene Heizungsluft im Haus deutlich weniger aus. „Beide Arten sind an die klimatischen Verhältnisse in Wohnungen angepasst und sehr ausdauernd“, erklärt Peter Klaas. Und kann Menschen, die Angst vor Spinnen haben, beruhigen: Für den Menschen sind diese Arten ungefährlich – Allergien ausgenommen.

Fettspinne auf einem Zweig

Hier sitzt eine Fettspinne auf einem Zweig, in Wohnungen versteckt sie sich lieber hinter Fußleisten oder Schränken.

Dasselbe gilt auch für die Hauswinkelspinne. Sie kann zwar zubeißen, was auch Schmerzen verursacht. Aber „die Giftwirkung ist gering“, für den Menschen: „ungefährlich.“

Spinne aus der Wohnung befördern: Marmeladenglas und Bierdeckel

Nun ist es aber noch ein weiter Weg von „ungefährlich“ zum liebgewonnenen Mitbewohner. Viele sind wohl froh, wenn sich die Spinne außerhalb statt innerhalb der eigenen vier Wände aufhält. Was also tun, wenn man im Augenwinkel einen schwarzen Fleck in der Badewanne sieht und der zweite Blick den Verdacht auf eine Spinne bestätigt? Peter Klaas rät: Ruhe bewahren, „Überreaktionen vermeiden.“

Denn um die Spinne schonend ins Freie zu bringen, muss man sie nicht einmal anfassen. Der Spinnen-Experte aus dem Kölner Zoo erklärt: „Ein Gefäß, zum Beispiel ein Marmeladenglas, über das Tier stülpen. Einen Bierdeckel oder Ähnliches darunter schieben. Und ins Freie bringen.“

Für Menschen mit Arachnophobie, also Angst vor Spinnen, ist sicher auch das schon eine Überwindung. Laut Uniklinik Freiburg empfinden rund fünf Prozent der Menschen in Deutschland regelrechte Panik, wenn sie Spinnen begegnen.

Diese Phobie lässt sich jedoch zähmen. Expertinnen und Experten empfehlen bei der Angst vor Spinnen die langsame Konfrontation mit dem Tier, angefangen bei Bildern. Das empfiehlt auch Peter Klaas. „Es gibt viele Beiträge im Internet über Spinnen und deren extrem nützliche Funktionen in der Natur.“ Alternativ könne man sich „Fotos von Spinnentieren einmal genauer anschauen.“

Fliegengitter helfen nur bedingt gegen eindringende Spinnen

Viel simpler als die Konfrontation mit der Spinne und das Aussetzen per Marmeladenglas-Bierdeckel-Konstruktion wäre es natürlich, man würde die Tiere direkt daran hindern, überhaupt in die Wohnungen zu kommen. Bei ausgewachsenen Exemplaren lässt sich da sogar etwas machen, gegen sie „kann man entsprechende Fliegengitter anbringen“, sagt Klaas.

Doch auch die werden nicht verhindern, dass über kurz oder lang auch mal wieder eine etwas größere Spinne in die Badewanne fällt und dort festsitzt. „Gegen die winzigen Jungspinnen der angesprochenen Arten kann man nichts machen, weil sie sich ja in der Wohnung selbst unerkannt entwickeln“, sagt Peter Klaas.

Hier müsste man das Fliegengitter also eher entfernen, damit die Hauswinkelspinne unter Umständen von alleine den Weg nach draußen findet. Denn in der trockenen Heizungsluft wird sie auf Dauer nicht überleben können.

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