In Köln darf an sieben Tage eingekauft werdenIn Bonn müssen Automatenkioske sonntags geschlossen bleiben

Lesezeit 5 Minuten
Der neue Automatenkiosk in der Bornheimer Straße steht kurz vor der Öffnung.

Der neue Automatenkiosk in der Bornheimer Straße steht kurz vor der Öffnung.

Gesetzlich ist die Arbeit an Sonn- und Feiertagen verboten, die Sonntagsruhe muss gewahrt werden. Aber gilt das auch für das maschinelle Büdchen? Köln sagt nein – Bonn ja.

Die Sonntagsfrage im Bonner Kioskland - keine Frage nach politischen Trends, sondern ob Automatenkioske sonntags öffnen dürfen. Gesetzlich ist die Arbeit an Sonn- und Feiertagen verboten, die Sonntagsruhe muss gewahrt werden. Aber gilt das auch für das maschinelle Büdchen? Köln sagt nein – Bonn ja. Deshalb stehen die Automaten des „Quickstop“ in der Friedensplatz-Passage am Sonntag still.

Die Stadt Bonn verbietet die Öffnung der neuartigen Kioske an Sonntagen und verweist dabei auf das Ladenöffnungsgesetz (LÖG), das keine Öffnung an Sonn- und Feiertagen für den Einzelhandel – wozu Kioske zählen – vorsieht. Von dem sonntäglichen Öffnungsverbot ausgenommen sind Tankstellen, Verkaufsstellen in unmittelbarer Bahnhofsnähe – dann fallen die Waren unter den sogenannten Reisebedarf – sowie Kioske, die eine Gaststättenerlaubnis erhalten haben. Für Automaten gibt es somit keine Sonderregelung.

Aktuell können die Kommunen individuell entscheiden, wie sie mit der technischen Neuheit verfahren, sagt der Bonner Rechtsanwalt Alexander Schink, der 2017 maßgeblich an der Überarbeitung des LÖG Nordrhein-Westfalen beteiligt war. Dabei mache es einen Unterschied, ob die Stadt die Kioske als Verkaufsstellen im Sinne des Ladenöffnungsgesetzes ansieht oder nicht. Wenn der Kiosk als Verkaufsstelle definiert wird, müssen die Betreiber am Sonntag schließen. Dann greift das LÖG, erklärt Schink.

Köln betrachtet Automaten nicht als Verkaufsstellen

Diese Auffassung vertritt die Stadt Bonn und verweist für Rüthings Kiosk auf die Beachtung des Gesetzes: „An Sonn- und Feiertagen muss wegen der Regelungen des LÖG geschlossen sein. Das gilt sowohl für Kioske mit Verkaufspersonal, als auch für Geschäftslokale, in denen ohne Verkaufspersonal lediglich Waren in Automaten angeboten werden“, sagt das Presseamt der Stadt Bonn. Der Schutz des Verkaufspersonals sei nur ein Aspekt. Das Gesetz schütze vor allem die Sonn- und Feiertagsruhe, weshalb die gesetzlichen Öffnungszeiten unabhängig davon zu beachten sind, ob in der Verkaufsstelle Personal beschäftigt ist oder nicht, so das Presseamt der Stadt Bonn. Das Argument, dass es durch den Verkauf zu laut sei, könnte Rüthing noch am ehesten verstehen. „Aber die Friedensplatz-Passage ist eine Gewerbeimmobilie, da ist sonntags kaum jemand“, sagt der Betreiber des „Quickstop“.

Einige Kilometer rheinabwärts können die Kölner hingegen rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche einkaufen. Die Verwaltung der Stadt Köln vertrete die Rechtsauffassung, dass es sich bei Automatenkiosken nicht um Verkaufsstellen handle und das Gesetz vornehmlich auf den Schutz der Arbeitnehmer ziele. „Da in den Automatenkiosken keine Personen arbeiten, greift das Gesetz hier nicht und es sollte sich nicht um Verkaufsstellen im Sinne des LÖG NRW handeln. Da der Stadt Köln keine Störungen der Ruhe vorliegen, werden keine Maßnahmen im Sinne eines Öffnungsverbots am Sonntag vom Ordnungsamt getroffen“, sagt Simone Winkelhog, stellvertretende Pressesprecherin der Stadt Köln.

Automatenkiosk an Bornheimer Straße kurz vor der Öffnung

Die unterschiedliche Vorgehensweise der beiden Nachbarstädte liege in der Natur der Sache von ordnungsbehördlichen Aufgaben. Die Zuständigkeit sei auf Städte und Gemeinden verteilt, so Schink. Abhilfe leisten würde eine Weisung des Ministeriums, die sich die Stadt Bonn zur Vereinheitlichung wünscht. Doch das hält Schink zum jetzigen Zeitpunkt für unwahrscheinlich. „Vor dem Hintergrund, dass es Automatenkioske noch nicht im großen Umfang gibt, ist es möglicherweise noch viel zu früh, um solch eine Regelung zu erlassen“, sagt der Rechtsanwalt.

An der Bornheimer Straße steht ein weiterer Automatenkiosk kurz vor der Öffnung. Mit der Aufschrift „einfach alles zu jeder Zeit“ wirbt Servet Sengül, Betreiber des neuen Automatenkiosks, für eine Öffnung rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche. Ein Versprechen, an dem Sengül festhält. Dass die Stadt Bonn Rüthing einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, beunruhigt Sengül nicht. „Man wird sehen“, sagt der 50-Jährige, der mit seinem „Ümit Market“ seit Jahren fest in der Duisdorfer Fußgängerzone etabliert ist.

Wer in Bonn unerlaubt am Sonntag öffnet, kann mit dem Ordnungsamt in Konflikt geraten. „Wenn bei Kontrollen festgestellt wird, dass in den Kiosken entgegen den Vorschriften des Gesetzes Waren verkauft werden, wird der Verkauf unterbunden“, so die Stadt Bonn. Rechtsanwalt Schink erklärt allerdings, dass es grundsätzlich keine Verpflichtung der Ordnungsämter gebe, bei einem Gesetzesverstoß einzuschreiten. Die Städte können durch das sogenannte Opportunitätsprinzip - die Handlungsfreiheit innerhalb eines gesteckten rechtlichen Rahmens - entscheiden, ob sie gegen eine Sonntagsöffnung vorgehen oder nicht. Das Ordnungsamt müsse nur handeln, wenn durch die Öffnung eine Verletzung von Leib und Leben bestehe oder eine erhebliche Verletzung der Rechte eines Dritten vorliegt, sagt Schink.

Wenig Erfolg bei einer Klage

Dann könne eingeschritten werden: Wer sich in seinen Rechten verletzt fühlt, kann Klage erheben. Die Kioskbetreiber könnten somit gegen das Öffnungsverbot in Bonn vorgehen – allerdings nach Einschätzung von Schink mit wenig Erfolg. Denn solange die Stadt Bonn Kioske als Verkaufsstellen einordnet, gilt das Sonntagsverbot per Ladenöffnungsgesetz. „Der Kioskbetreiber kommt gar nicht zu dem Punkt, wo es um einen einzelnen Ermessensspielraum geht. Dazu müssten Betreiber erst einmal einen Anspruch auf eine Öffnung am Sonntag erklären. Doch dann schaut das Gericht ins Ladenöffnungsgesetz, wo geschrieben steht, dass Verkaufsstellen sonntags nicht öffnen dürfen“, sagt der Rechtsanwalt.


Das sagen andere Kioskbetreiber

Das neue Geschäftsmodell löst bei den bestehenden Kiosken in Bonn gemischte Gefühle aus. Der Betreiber des Kult-Kiosks in der Altstadt wusste von dem neuen Automatenkiosk in der Friedensplatz-Passage nicht, äußerte sich jedoch nach Kenntnisnahme besorgt über die Konkurrenz. In der Bonner Innenstadt eröffnete die Kette „Veni Kiosk City“ parallel zu Rüthings Automatenkiosk einen neuen Standort. „Gerade ältere Personen tun sich beim Bedienen der Automaten schwer und freuen sich über einen Ansprechpartner“, sagt Hamed Ahmadi, der in dem Kiosk arbeitet. Ältere Personen brauchen den direkten Austausch. Automatenkioske seien ein Trend für die jüngere Generation, sagt Ahmadi. Am Bertha-von-Suttner-Platz betreibt Mehmet Ercel seinen Kiosk und ist verärgert über die Kiosköffnungen: „Egal wo, überall werden Kioske aufgemacht. Wir machen uns gegenseitig das Geschäft kaputt“, sagt Ercel. (hsf)

Nachtmodus
Rundschau abonnieren