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Als Vater setzt Stephan Brings aufs Gespräch

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Hat die Rundschau-Redaktion den „Bock zum Gärtner gemacht“, als sie die Kölner Rockformation Brings als Pate für die Aktion „Toll, nicht voll“ gewann? Beim Reinhören in die neue CD kamen derartige Befürchtungen auf. Doch ein Gespräch mit dem Bassisten und Sänger Stephan Brings zeigte, dass der Standpunkt der Band zum Thema Alkohol in unsere Linie passt. Denn: Auch in der Familie Brings wurde man mit Alkoholproblemen konfrontiert.

KREIS EUSKIRCHEN / KÖLN. „Sorje un Nut, die suffe mer hück dut“, singen Brings im Refrain ihres neuen Hits „Puddelrüh“. Und für die Rundschau-Aktion „Toll, nicht voll“ standen die Kölschrocker gerne Pate. Ist das nicht ein krasser Widerspruch?

„Auch wenn es sich komisch anhört: Karneval funktioniert in der Form, wie er derzeit angelegt ist, gar nicht ohne Alkohol“, sagt Stephan Brings ganz offen.

Sonnenklar ist für ihn aber auch: „Alkohol nur dann, wenn man das Alter dafür hat und weiß, was damit los ist!“ Entsprechend klar ist die Botschaft an Kinder und Jugendliche: „Kids, lasst die Finger vom Alkohol.“

Die Brings-Musiker, so Stephan Brings, rühren in der Session, wenn sie insgesamt über 200 Auftritte zu bewältigen haben, keinen Alkohol an: „Sonst könnte man das körperlich gar nicht durchhalten.“

Den neuen Song „Puddelrüh“ haben Brings als reines Stimmungslied konzipiert. Sein Bruder Peter und er haben mit den Gitarren auf dem Schoß im Studio gesessen und am Song gearbeitet. Da sei die Zeile „mit dem Suffe“ entstanden.

Stephan Brings: „Wir schreiben gerade die Karnevalssongs als Unterhaltungslieder. Da drehen wir nicht jedes Wort dreimal um und erheben auch nicht den Anspruch, dass durch jedes Wort, auch wenn man es von allen Seiten beleuchtet, eine Lebenseinstellung oder politische Botschaft rüberkommt. Das wäre bei den Karnevalssachen vermessen. Bei Sachen wie Katharina ist das was anderes.“

Wichtig sei ihnen immer, dass sie ihre Texte nichts enthalten, was zu Ausgrenzungen führe. Viele, viele sehr bekannte Karnevalslieder - nicht nur von Brings - drehten sich, so Stephan Brings, bei näherem Hinsehen nur um Alkohol und Saufen.

Inzwischen haben Brings „Puddelrüh“ schon auf zahlreichen Bühnen gespielt. Und Stephan hat sich so seine Gedanken darüber gemacht. Noch vor ein paar Tagen, nach rund 120 Auftritten mit „Puddelrüh“, habe er im Tourbus zu seinem Bruder Peter gesagt: „Das mit dem ,Suffe' war nicht so toll. Wir hätten besser was Positives genommen, ,danze' oder ,singe' hätte es auch getan.“

Ganz offen bekennt Stephan Brings, dass man da wohl nicht gerade eine lyrische Glanzleistung abgeliefert habe. Aber nun sei es in der Welt und es mache gar keinen Sinn, „es runterzulügen oder billige, fadenscheinige Erklärungen dafür zu suchen.“ Das wäre unehrlich. Und das würden die Leute sofort merken.

Gegen Alkoholkonsum durch Erwachsene sei grundsätzlich nichts einzuwenden. Auch könne er verstehen, dass man mal in die Stimmung kommen könne, wo man „Sorje un Nut“ mit Alkohol hinter sich lassen wolle. In diesem Sinne sei auch „suffe mer hück dut“ zu verstehen. Und nicht wörtlich als „totsaufen“.

Richtig ekelhaft findet Stephan Brings, wenn Menschen durch Alkohol aggressiv werden: „Wir haben schon in so vielen Festzelten gesehen, wie die Leute gesoffen haben ohne Ende und danach die Fäuste geflogen sind. Das war kaum zu glauben.“

Wenn es ums Thema Alkohol geht, weiß Stephan Brings, wovon er spricht. In seiner Familie habe Alkoholismus eine Rolle gespielt. Seine Mutter sei Alkoholikerin gewesen, nun aber seit 20 Jahren trocken. Und nicht nur trocken. Sie sei in Köln bei den anonymen Alkoholikern sehr aktiv, leite dort einige Gruppen.

Auch habe er, so Stephan Brings, erlebt, wie Menschen ihre eigene Existenz durch Alkohol regelrecht herunterwirtschafteten. „Das alles hat mich immer abgeschreckt!“ Sein Bruder Peter habe in der Vergangenheit immer wieder mal mit Alkoholproblemen zu kämpfen gehabt.

Die Male, an denen er selbst in seinen 37 Lebensjahren richtig betrunken gewesen sei, könne er an weniger als zwei Händen abzählen, sagt Stephan Brings. Das erste Mal, so erzählt er, sei an seinem 15. oder 16. Geburtstag gewesen: „Ich war total am Ende, es ging gar nichts mehr.“ Diese Erfahrung habe ihn in den folgenden Jahren geprägt. Er habe lange keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt.

Stephan Brings ist selbst Vater von zwei Kindern. Seine Tochter Charlotte ist zehn Jahre alt, Sohn Simon acht. Als Vater hat er sich Gedanken gemacht, wie er sich verhalten will, wenn seine Kinder in das Alter kommen, Alkohol trinken zu dürfen.

Ganz sicher werde er ihnen nicht sagen, sie sollten sich erstmal die Hörner abstoßen. Oder etwa, dass sie nach dem ersten richtigen Vollrausch schon sähen, was sie davon hätten. Wichtig sei für ihn, vor allem mit seiner zehnjährigen Tochter über das Thema zu reden und auf die Gefahren hinzuweisen.

Wirklich schützen könne man seine Kinder nicht, da Alkohol überall recht problemlos zu erhalten sei. Der Musiker setzt auf Überzeugung: So habe er seiner Tochter beispielsweise erklärt, was die Oma mache, wenn sie nicht könne, weil sie zu ihrer Gruppe geht.

Seine Tochter, so Stephan Brings, wisse daher, was durch Alkohol passieren könne. Und wenn s doch mal passiert? Sollte er erfahren, dass seine Tochter richtig besoffen gewesen sei, würde er „schon ganz schön sauer sein“, sagt Stephan Brings.