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Groß, nackt, kalt und auch sehr kuschelig

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KREIS EUSKIRCHEN. 113 Ateliers im Kreisgebiet hatten zum vierten Mal ihre Türen geöffnet. Die „Eifeler Ateliertage“ sind also definitiv der Beweis, dass der schöne Landstrich alles andere als künstlerische Diaspora ist. Im Gegenteil - viele Künstler fühlen sich hier besonders inspiriert. So zum Beispiel Maria Uhlig in ihrem „grünen Haus“ in Holzem. Ihr Arbeitsgerät diente vielen Eifelern früher zum Broterwerb: der Webstuhl. Stundenlang sitzt sie dort, umgeben von unzähligen Wollknäueln in den verschiedensten Farbtönen und Materialien. Am Webstuhl entstehen Bilder in Wellenform, die entweder Landschaften und Natur abbilden oder einfach den Gedanken entspringen. Die Besucher hatten viel zu sehen, denn das gesamte Haus ist eine einzige Ausstellung. Und wer von ihrem Balkon auf die geschwungene Waldlandschaft blickte, konnte sie in einigen Bildern wiederentdecken.

Ebenfalls von der Natur lässt sich Gudrun Heinen leiten. Sie arbeitet mit Farbpigmenten und verschiedenen Bindemitteln. Bevor sie die Farben aufträgt, bearbeitet sie die Leinwand. Es werden Schichten aufgetragen und teilweise wieder abgekratzt, bis eine natürlich wirkende Struktur entsteht. „Wie Felsen, an denen Wind und Wetter gewirkt haben“, erklärt sie. Und so sind auch ihre Farben gewählt. „Ich bin ein Bewunderer der Natur.“ Neben Gudrun Heinen haben auch Luzie Dornseifer, Gerlinde Wahler und Helga Lehser im Lehser schem Atelier in Zülpich ausgestellt. Alle drei beschäftigen sich vor allem mit Aktmalerei. Dabei faszinieren Luzie Dornseifer vor allem die Muskelpartien. Und man müsse das Bedürfnis haben, immer weiter zu wollen. „Es ist wie ein Paket, das nie leer wird. Das ist das Schöne daran“, sagt sie. Doch wie der Akt hinterher aussehe, hänge nicht nur vom Modell ab, sondern auch von der eigenen Stimmung, weiß Gerlinde Wahler. Richtig groß sind die Akte von Helga Lehser: „Da kann man temperamentvoller ans Werk gehen.“ Dass es ihr nur auf den Körper ankommt, zeigt sich darin, dass sie ihre Modelle gesichtslos malt. Schließlich dürfen sie auch nicht perfekt sein.

Kampf gegen

die Holzwürmer

Ebenfalls im Atelier zeigte Ludmilla Recht ihre farbkräftigen großformatigen Acrylgemälde. Einen konkreten Ausdruck will sie nicht vermitteln. „Ich finde es viel spannender, wenn die Leute Dinge erkennen, an die ich gar nicht gedacht habe“, erklärt sie.

Eine ganze Riege an Künstlern hatte sich auch im Hof von Billi Myer in Ülpenich versammelt. Die „Freie Kreative“ will ihren Faible für Filme - beruflich stellt sie etwa Kinospots oder Schulungsfilme her - nun auch mit Kurzfilmen in ihrer Freizeit ausleben.

Ihre Mutter Johanna Meyer hat sich der historischen Bauernmalerei verschrieben. Ihre Kunst ist zum Anfassen, denn es handelt sich durchweg um Gebrauchsgegenstände. Anhand von Museumsbesuchen und Büchern hat sie die historischen Muster und Techniken genau studiert. Alte Möbelstücke, die sie bearbeitet, müssen erst aufwendig bearbeitet werden. „Manchmal muss man auch noch den Holzwurm bändigen“, lacht sie.

Gastkünstler war der Münstereifeler Heinz Zanger. Die großformatigen Bilder, einige mit aufgelöster Wellpappe gestaltet, sind ein Blickfang. „Ich versuche immer einen Bildmittelpunkt, einen goldenen Schnitt zu finden“, erklärt er. Die spektakulärste Kunst wurde auf dem Hof live präsentiert.

Eisdesigner Horst Birekoven war mit seinem Team um die Ecke gekommen, denn auch sie stammen aus Ülpenich. Mit Kratzern, Schabern und sogar Elektrosägen holten Thomas Wölting (Berlin), Florian Musch (Köln), Marc Gibb (London) und Adrian Lenz (Münstereifel) Delfine oder auch eine Venus aus den Eisblocken. Trotz des kalten Materials floss der Schweiß von der Stirn. „Ich hoffe, in drei Stunden bin ich fertig. Ich gucke schon immer nach oben, denn ich bin an meinem Platz der erste, den die Sonne erwischt“, so Adrian Lenz. Doch für die Ewigkeiten sind ihre Kunstwerke ja sowieso nicht gemacht . . . Aber auch Künstlern, die ansonsten weniger in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit rücken, wurde die Gelegenheit geboten, ihre Werke einem breiten Publikum zu präsentieren. Wie zum Beispiel der brasilianische Maler Germano do Carmo. Seine Inspirationen erhält der in Schleiden lebende Künstler meist aus Zeitschriften, projiziert die Fotos an die Wand - und malt. „Niemals naturgetreu“, so der Kunstlehrer. US-Schauspieler Hugh Grant hat er so porträtiert - mit blauem Gesicht. „Die Spielerei mit den Farben gefällt mir.“