Abo

Im Gedächtnis verankert

Lesezeit 3 Minuten
Auch das WDR Fernsehen widmet dem Star mit "Happy Birthday Trude!" eine eigene Sendung.

Auch das WDR Fernsehen widmet dem Star mit "Happy Birthday Trude!" eine eigene Sendung.

„Wenn ein Bekannter gestorben ist, wird allmählich immer weniger von ihm erzählt“, stellt Agy Hartfeld fest. „Bei meiner Schwester aber wird es immer mehr statt weniger.“ Ihre Schwester war die unvergessene Trude Herr, die 1991 im Alter von nur 64 Jahren in Südfrankreich starb. In der Tat ist Trude im Gedächtnis dieser Stadt gut verankert, sie ist regelrecht Kult, das zeigen auch die vielfältigen Veranstaltungen zu ihrem 80. Geburtstag am 4. Mai.

Agy (86) war knapp sieben Jahre älter als ihre Schwester. Als ihr Vater, ein Mitglied der KPD, ins KZ kam, sagte die Mutter: „Wir zwei müssen das jetzt allein packen.“ Die beiden zogen Trude groß. Agy beschreibt ihre Schwester als intelligent und kunstbeflissen. Als Trude Herr den Wunsch äußerte, Schauspielerin zu werden, sagte der Vater: „Die spinnt.“ Doch sie setzte ihren Willen durch.

Trude war alles auf einmal in ihrem Theater: Produzentin, Autorin, Schauspielerin, Sängerin, Kostümbildnerin, Regisseurin. Ihre Nichte Gigi Herr, die ihr nicht nur verblüffend ähnlich sieht, sondern auch den gleichen Beruf hat, ist mit ihr im Theater öfter aneinandergerasselt; später haben sich ihre Wege getrennt. „Ich habe bisweilen unter ihr gelitten; sie war temperamentvoll und nicht immer einfach - aber auch genial“, sagt Gigi.

Schwierig war sie, sagt Agy, „weil sie immer sagte, was sie dachte. Da sagten viele: Wat es dat e Freese“, also ein Ekelpaket. Derb konnte Trude auch in der Sprache sein, aber gewisse Grenzen hat sie doch nie überschritten. „Außergewöhnlich und ernsthaft“ hat Agy ihre Schwester in Erinnerung. „Und sie wusste, wo der Humor herkommt.“

Wohl auch deshalb hatte sie gleich Erfolg, als sie sich als Büttenrednerin im Karneval profilierte. Bis sie eine Parodie als „Karnevalspräsidentengattin“ zum Besten geben wollte. Das wurde ihr verboten. Karneval sei, wenn man hinter die Kulissen schaut, humorlos, befand sie.

Trude, „die Herr, die keine Dame war“, wie die Rundschau einmal schrieb, spielte in Filmen etwa mit Heinz Erhardt, Conny Froboess, Peter Kraus. Künstlerisch, weiß Gigi, habe sie nichts davon gehalten; ihr war aber bewusst, dass sie den Zeitgeschmack des Publikums trafen und erfolgreich waren. Mit ihrem Etikett als dicke Ulknudel habe sie sich überhaupt nicht anfreunden können: „Sie hätte gern die Mutter Courage gespielt.“

Die Wüste, die Sahara, war eine ernste Liebe von Trude. „Ich han et jrößte Schlofzimmer der Welt“, pflegte sie zu sagen. „Sie war gern für sich allein, vielleicht, weil sie im Theater auch immer das Publikum um sich hatte“, glaubt Gigi Herr.

Merkwürdig, wie hartnäckig sich manche Legenden halten. Bei Trude Herr etwa die Behauptung, sie sei schwer zuckerkrank gewesen (sie hatte allerdings massive Durchblutungsstörungen in den Beinen) oder das Gerücht, sie hätte während ihrer Jahre auf den Fidschi-Inseln von der Champignonzucht gelebt: „Unsinn“, kommentieren das Gigi und ihre Mutter.

Zuletzt war die kölsche Trude „erbarmungswürdig“ dran, erinnert sich Agy: „Die Beine schmerzten, sie bekam kaum Luft.“ Trotzdem kam ihr Tod völlig überraschend, wenige Wochen nachdem sie, nach Köln heimgekehrt, in die Provence zog. Beigesetzt wurde sie in Köln auf dem Nordfriedhof. Begraben heißt bei ihr aber nicht vergessen. Bis heute hat Trude Herr in ihrer Heimatstadt viele Bewunderer und Verehrer.

Rundschau abonnieren