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TierheimMit 150 Welpen quer durch Europa?

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(Bild: kr)

Kreis Euskirchen – Erwartungsvoll waren die Zülpicherin Elke Mührer und ein Bekannter zu einem Tierheim nach Tondorf gefahren, denn dort sollte am Dienstagnachmittag ein Transport mit der ersehnten acht Jahre alten Boxerhündin „Pompom“ eintreffen, die der Bekannte von Elke Mührer in Pflege nehmen wollte. Doch die frohgemute Stimmung verflog rasch.

Denn während sich ein gutes Dutzend Menschen im Hof des Tierheims um den Tiertransporter drängte und darauf wartete, die jeweiligen Wunsch-Hunde in Empfang nehmen zu können, rollte plötzlich ein schwarzer Mercedes heran. Eine Frau sprang heraus und erklärte der überraschten Gruppe: „Ich bin vom Kreisveterinäramt und beschlagnahme die Hunde.“

Einen Dienstausweis habe die Frau nicht gehabt, schildert Elke Mührer. Ihren Namen habe die Frau auch nicht genannt, die offenbar einen illegalen Tiertransport vor sich zu sehen glaubte. Was dann folgte, darüber gibt es unterschiedliche Aussagen. Denn die Frau mit dem schwarzen Mercedes war tatsächlich vom Kreisveterinäramt, wie sich später herausstellte. Sie vermutete illegal in die Bundesrepublik eingeschmuggelte, ungeimpfte Welpen in dem Transporter. Doch dies war der Zülpicherin, die beim Ordnungsamt einer Kommune im Rhein-Erft-Kreis tätig ist, in diesem Moment egal. Denn die Kreismitarbeiterin habe sich ja nicht ausgewiesen. Und so telefonierte Mührer zunächst mit dem Vorzimmer des Landrats und mit ihr bekannten Behörden, um sich zu versichern, dass sie sich für ihr weiteres Vorgehen auf rechtlich sicherem Terrain bewegte. „Der Hund, für den wir nach Tondorf gekommen waren, war kein Welpe, sondern acht Jahre alt und hatte alle nötigen Papiere. Und deshalb haben wir unseren Hund eingeladen und sind gefahren.“ Später sei dann Veterinäramtsleiter Dr. Jochen Weins bei ihrem Mann zu Hause vorstellig geworden und habe rechtliche Schritte angedroht. Denn schließlich habe sie ja eine Beschlagnahme verhindert, was mit bis zu 25 000 Euro Strafe geahndet werden könne.

Waisenwelpenhaus ist nicht betroffen

Gestern Mittag bezog die Kreisverwaltung Stellung zu den Vorwürfen der engagierten Tierschützerin Elke Mührer. Heinz Rosell, Geschäftsbereichsleiter Recht und Ordnung des Kreises Euskirchen, und Kreisveterinär Jochen Weins stellten zunächst eines klar: „Das Welpenwaisenhaus in Tondorf hat mit der ganzen Aktion nichts zu tun. Da hat der Transport nur Station gemacht.“

Tatsächlich sei man nach Hinweisen aus Spanien und Baden-Württemberg einer Organisation auf der Spur, die gutwillige Tierschutz-Vereine und Initiativen ausnutze, um ungeimpfte Hunde aus Südeuropa nach Deutschland zu bringen und damit Geschäfte zu machen.

„Im konkreten Fall hatten wir den Hinweis, dass der Transport aus Villena / Alicante 150 Welpen an Bord habe, die in Südeuropa unter erbärmlichen Umständen aufgezogen wurden, um sie dann in Deutschland gegen Schutzgebühr abzugeben“, sagte Dr. Weins. Man wisse aus zuverlässiger Quelle, dass allein für den Transporter und einen Anhänger, die mit Hunden vollgepackt worden seien, rund 5000 Euro Transportgeld an den Spediteur gezahlt würden.

Dieser Transport sei nicht angemeldet gewesen, was nach der „Binnenmarkt-Tierseuchen-Schutzverordnung“ aber der Fall sein müsste. Der Fahrer habe keine Transportpapiere dabei gehabt, die Impfausweise könnten auch gefälscht sein, da man von einem kriminellem Hintergrund ausgehen müsste. Deshalb müsse man den Impfstatus der Hunde feststellen. Denn man könne nicht riskieren, dass Tierseuchen wie etwa die Tollwut eingeschleppt würden. „Außerdem bringen Hunde aus Südeuropa auch Babesien, Leishmaniose oder Herzwürmer mit. Und diese Blutparasiten verbreiten sich über Mücken dann auf andere Lebewesen. Das wird von den europaweit aktiven Tierschützern oft übersehen“, so Weins.

Dass die Mitarbeiterin des Kreisveterinäramtes keinen Dienstausweis dabei gehabt habe, sei ein Versehen, räumte Heinz Rosell ein. Sie habe sich aber namentlich und mit der Bezeichnung ihrer Behörde vorgestellt, bekräftigte die Frau gegenüber der Rundschau. „Dass dann ausgerechnet eine Kollegin einer anderen Behörde vor den wartenden Menschen Stimmung gegen unsere Maßnahme macht, überrascht uns schon“, so Jochen Weins.

In dem Transporter seien in Tondorf übrigens nur 13 Hunde angekommen. Und auch der angeblich mitgeführte Anhänger sei offenbar nebst Beifahrer auf der 1800 Kilometer langen Reise irgendwo deponiert worden.

Der Transporter habe sich auf der Autobahn wenig später, nachdem er durch die Polizei kontrolliert worden war, eine regelrechte Verfolgungsfahrt mit der Mitarbeiterin der Kreisverwaltung geliefert, sei dann aber in Wißkirchen abgefahren und wieder nach Tondorf zurückgekehrt, berichtete Jochen Weins gestern: „Das war ein bisschen wie Cobra 11“.

Warum der Transporter nach Tondorf gekommen war, dafür hatte der Veterinär eine einfache Erklärung. Das von den Behörden als integer und exzellent geführte Welpenwaisenhaus von Gabi Hohn und ihrer Familie hatte sich bereit erklärt, drei kranke Welpen in seine Quarantänestation aufzunehmen und gesund zu pflegen. Weins: „Mit kriminellen Praktiken der so genannten Tiermafia hat das Tondorfer Tierheim nichts zu tun.“