SELBACH. Hier darf, nein, hier muss mit den Fingern gegessen werden. Es ist so etwas wie eine gute Sitte, das krosse Geflügel beherzt in die Hand zu nehmen. Das machen 99 Prozent unserer Gäste, berichtet Gaby Herzhoff (42). Ist auch viel einfacher, als das Fleisch mit Messer und Gabel umständlich von den Knochen zu lösen. Die Chefin lächelt: Das kann kaum einer und es sieht manchmal lustig aus.
In diesen Tagen steht bei Gaby Herzhoff und ihrem Gatten Rainer (39) Großes an: Das Restaurant Herzhoff feiert am Sonntag 20-Jähriges. Unter diesem Namen kennt uns kaum einer, sagt die Inhaberin. In der Tat, erst bei der inoffiziellen Bezeichnung macht es Klick - Hähnchen Ewald. Jeder weiß, was gemeint ist: ein Kult-Restaurant für Hähnchen-Fans in Kürten-Selbach.
Die besondere Art des Finger-Food ist das große Geheimnis vom Hähnchen Ewald. Ewald Herzhoff, Vater von Gastronom Rainer und vor über 30 Jahren der Erfinder des Hähnchen-Lokals, schaffte es, die Hähnchen schön knusprig zuzubereiten. Die Zubereitung ist ein Familienrezept, das mindestens so gut gehütet wird wie die Formel von Coca-Cola. Nichts zu machen, sagt die Restaurant-Leiterin freundlich, aber bestimmt. Das bleibt geheim, sagt Gaby Herzhoff.
Irgendwie ist dieses Geheimnis Teil des Kults um Hähnchen Ewald. Auch ein Blick in die Küche, wo ihr Bruder Knut Berscheid an sechs Tagen die Woche (Ruhetag Samstag) die Hähnchen auf die Teller zaubert, bleibt tabu. Werden die Hähnchen jetzt gegrillt oder gebraten oder eher geröstet? Nichts zu machen, das Ehepaar schweigt. Und die Hähnchen selbst können auch nichts mehr dazu sagen, die liegen schon zum Reinbeißen lecker auf dem Teller. Das Besondere ist die Haut, erklärt die Hähnchen-Expertin vielsagend. Die darf auf keinen Fall labberig sein.
Vor 20 Jahren reichte Ewald Herzhoff sein Hähnchen-Lokal an die heutige Chefin weiter. Gaby Herzhoff, eine geborene Berscheid, war Kellnerin bei Hähnchen-Ewald, mit 17 hat sie beim Ewald angefangen. Sie erinnert sich: Ich habe versprochen, nichts am Konzept zu ändern. Das war genau im Sinne meines späteren Schwiegervaters. Wie der Zufall so spielte, die neue Chefin und der Sohn des bisherigen Chefs verliebten sich einige Wochen später ineinander, und seitdem ist Hähnchen-Ewald eine Erfolgsgeschichte der Familien Herzhoff und Berscheid.
Die Gaststube mit ihren zehn Tischen (40 Plätze etwa) und dem nach hinten liegenden größeren Aufenthaltsraum präsentiert sich im natürlichen Hähnchen-Charme: Hier sind schon Tausende Hähnchen zerlegt worden. Überall stehen Nippesfigürchen: Hennen und Hähne, hundertfach, in Vitrinen, auf den Fensterbänken, an der Theke. Die vielen Stammgäste bringen die Souvenirs mit, wenn sie mal wieder bei Herzhoffs einkehren. 100 Kilometer und mehr legt man für ein Hähnchen von Hähnchen-Ewald zurück. Wir wollten vor Jahren umbauen. Da sind unsere Gäste auf die Barrikaden gegangen, sagt Gaby Herzhoff. Der Charme des Lokals gehört offenbar auch zum Kult. Vorbestellte Tische gibt es nicht, wenn es voll ist, wird an der Theke auf den nächsten freien Platz gewartet. Die Herzhoffs setzen dann auch Unbekannte zueinander. Daraus sind schon Bekanntschaften entstanden.
Hinten raus: die Promi-Ecke. Noch so ein Kult. Dass Model Heidi Klum, die frühere Gladbacherin, gerne vorbeischaut, wenn sie bei ihren Eltern Erna und Günter zu Besuch ist, hat sich herumgesprochen. Die Klums waren schon bei uns, als Heidi noch ganz klein war, sagt die Chefin. Heidi, die in Interviews in schöner Regelmäßigkeit von Hähnchen-Ewald schwärmt, sei immer so normal geblieben. Und sie war mit allen ihren Männern bei uns zum Hähnchen-Essen. Mit Ric Pipino, mit Flavio Briatore und mit Seal. Auch Roberto Blanco, Wolfgang Petry, Roland Kaiser und Mike Krüger haben beim Ewald schon Hähnchen verputzt. Allen hat es geschmeckt, sagt Gaby Herzhoff. Und eilt in die Küche, um nach den nächsten Hähnchen zu schauen. Schnell schließt die Chefin die Küchentür. Der Kult ums Hähnchen soll schließlich weitergehen.