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Aus Holz und LehmAusstellung zeigt Alfterer Fachwerkhäuser

Lesezeit 4 Minuten
Ursula Rosiny-Moos im Innenhof des Winzerhauses.

Ursula Rosiny-Moos im Innenhof des Winzerhauses. 

Aus Holz und Lehm sind in Alfter früher die Häuser gebaut worden. Einige von ihnen stehen noch, wie das Faßbender-Haus am Herrenwingert, das einst einem Winzer gehörte.

Aktuell zeigt das „Haus der Alfterer Geschichte“ eine Sonderausstellung über alte Fachwerkhäuser im Ort: „Geschichte in Holz und Lehm.“ In loser Folge stellt die Bonner Rundschau einige der alten Gebäude vor wie hier das alte Winzergehöft, auch „Faßbender-Haus“ genannt, am Hertersplatz 13.

„Reißt doch den alten Kotten ab!“, rieten ihnen Freunde vor fast 40 Jahren. Doch Ursula Rosiny-Moos und Burkhard Moos hörten nicht auf den wohlgemeinten Ratschlag. Stattdessen modernisierte das Architektenehepaar das ehemalige Winzergehöft aus dem Jahr 1778 am Hertersplatz aufwendig und mit viel Liebe zum Detail. Für die Alfterer ein Glück: Das unter Denkmalschutz stehende Gehöft gilt als eines der ältesten Baudenkmäler im Dorf. Gleichzeitig bildet das Fachwerkhaus in Lehmbauweise mit dem gegenüberliegenden früheren Volksschulgebäude, wo heute die „Bücherbrücke“, die öffentliche Bücherei, untergebracht ist, dem Schloss Alfter und der Pfarrkirche St. Matthäus ein einzigartiges pittoreskes, historische Gebäudeensemble.

1988 kauften Ursula Rosiny-Moos und ihr Mann, der 2022 bei einem Verkehrsunfall starb, das verfallene Gebäude. Der Preis war günstig, da das Dach durch Hagelschlag zerstört worden war. Bereits 1991 zog die Familie ins renovierte Gehöft, doch erst 1997 waren alle Arbeiten abgeschlossen. 

Der wohl bekannteste Fachwerkbau Alfters

Laut Robin Huth, stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins „Haus der Alfterer Geschichte“ (HdAG), ist das Gebäude wohl der bekannteste Fachwerkbau Alfters. Durch die aufwendige Renovierung blieb der „schmucke und repräsentative Charakter“ der zweigeschossigen Hofanlage erhalten. 1993 kürte das Fachmagazin „Schöner Wohnen“ den Hof zum „Haus des Jahres“.

Für die Alfterer Geschichte ist das Gebäude nicht nur wegen seiner Architektur von großer Bedeutung, sondern auch wegen der historischen Nutzung. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde Weinbau am Herrenwingert betrieben. Ein Fundamentstein mit eingearbeiteten Trauben verweist noch heute auf diese Vergangenheit. Zu sehen ist er an der Straßenecke Richtung Hertersplatz. Allerdings muss man schon genau hingucken. Sehr zum Bedauern von Ursula Rosiny-Moos verdeckt inzwischen ein Straßenschild die „Trauben“ etwas.

Ein Traubenmotiv erinnert an die Funktion des Gebäudes als Winzerhaus.

Ein Traubenmotiv erinnert an die Funktion des Gebäudes als Winzerhaus.

Wichtig ist auch die Inschrift auf dem Querbalken an der straßenseitigen Vorkragung, die den Bau mit dem Zimmerermeister Johannes Faßbender in Verbindung bringt. Die Nachfahren, darunter der bekannte Unternehmer Paul Faßbender (mehrere OBI-Baumärkte und Baustoffhandel Faßbender-Tenten), gaben über zehn Generationen ihr Handwerk jeweils von den Vätern an ihre Söhne weiter. Die Dynastie zählt bis heute zu den angesehensten Familien Alfters. Daher trägt das Gebäude auch den Namen „Faßbender-Haus“.

Johannes Faßbender galt Ende des 18. Jahrhunderts als einer der bedeutendsten Zimmerermeister in der Region. Errichtet hatte er das Gebäude im Auftrag des „ehrsamen Junggesellen Johannes Hennes“. So steht es auf einem Querholz im Obergeschoss geschrieben. Ganz zunftgerecht sind die vorgefertigten Balken mit „Abbundzeichen“ versehen: „Durch diese Zeichen wurde sichergestellt, dass die Balken nach dem Transport vom Abbundplatz zur Baustelle in richtiger Anordnung aufgestellt werden konnten“, erläutert Huth. Um die Hausseiten und Stockwerke unterscheiden zu können, wurden über den Abbundzeichen noch „Beizeichen“ eingekerbt.

Das ehemalige Winzerhaus am Hertersplatz mit Blick Richtung Pfarrkirche St. Matthäus.

Das ehemalige Winzerhaus am Hertersplatz mit Blick Richtung Pfarrkirche St. Matthäus.

Zeitweise bewohnte der Alfterer Küster das Gebäude, ab 1888 betrieb die Familie Wilhelm Jansen darin eine Bäckerei und einen Kolonialwarenladen. Im Kellergewölbe befindet sich noch ein funktionsfähiges „Backes“, ein alter Backofen. Dieser dürfte noch deutlich älter als von 1888 sein. Für Ursula Rosiny-Moos ist Bauen am Denkmal die sensibelste Form des Bauens im Bestand, da man sich respektvoll auf die vorhandene Bausubstanz und deren Geschichte einlassen müsse: „Geschichte ist Geschichtetes, das bedeutet, Alt und Neu zu kombinieren. Alt und Neu sollen aber auch als ablesbare Geschichte im Dialog zueinander stehen, ohne die Substanz zu unterdrücken.“


Ausstellung

„Geschichte in Holz und Lehm – Fachwerkhäuser in Alfter“ heißt eine Ausstellung, die sich mit Fachwerkbauten in der Gemeinde befasst. Geöffnet ist die Ausstellung noch bis zum 9. Juni. Sie ist zu sehen: donnerstags von 17 bis 19 Uhr und sonntags von 15 bis 18 Uhr im Haus der Alfterer Geschichte (hinter der katholischen Pfarrkirche St. Matthäus am Hertersplatz). Der Eintritt ist frei. (fes)