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Demonstranten in Alfter600 Menschen fordern: „Bürgermeister soll gehen“

Lesezeit 4 Minuten
Mehr als 600 Menschen demonstrierten trotz Starkregens vor dem Rathaus gegen eine Anhebung der Grundsteuer B.

Mehr als 600 Menschen demonstrierten trotz Starkregens vor dem Rathaus gegen eine Anhebung der Grundsteuer B.

Hunderte Demonstranten vor dem Rathaus von Alfter protestierten gegen eine Anhebung der Grundsteuern. Sie forderten in diesem Zusammenhang die Absetzung des Bürgermeisters.

Rasseln, Trillerpfeifen, Kuhglocken, Hupen und zahlreiche Banner – lautstark demonstrierten am Donnerstagnachmittag vor der Ratssitzung in Alfter mehrere Hundert Bürger gegen eine mögliche Erhöhung der Grundsteuer B in den kommenden Haushaltsjahren von derzeit 763 auf bis zu 1500 Hebesatzpunkte im nächsten Jahr und bis zu 1800 Hebesatzpunkte im Jahr 2027.

Organisiert wurde die Demonstration von der Bürgerinitiative (BI) „Alfter gegen Grundsteuererhöhung“, die sich auch für eine Abwahl von Bürgermeister Rolf Schumacher (CDU) stark macht und eine entsprechende Unterschriftenkampagne ins Leben gerufen hat.

Eine Stunde vor Beginn der Ratssitzung füllte sich ab 17 Uhr der zuvor vom Ordnungsamt abgesperrte Raum für die Demonstranten vor dem Rathaus langsam. Trotz des einsetzenden Starkregens strömten immer mehr Bürger zum Versammlungsort. Teilweise suchten sie unter Gebäudevorsprüngen am Rathaus Schutz vor dem Wetter.

Lauthals skandierten etliche Protestler die Parole „Schumacher raus“. In den vergangenen Wochen hatte die BI überall die Werbetrommel für die Demonstration gerührt, sowohl in sozialen Medien als auch mit Ständen etwa in Alfter am Herrenwingert oder in Witterschlick vor dem Edeka-Markt.

Trotz starken Regens und Gewitter folgten mehrere Hundert Bürger der Einladung der BI zur Demonstration

Trotz starken Regens und Gewitter folgten mehrere Hundert Bürger der Einladung der BI zur Demonstration

Laut den Veranstaltern sollen es zwischen 800 und 1000 Demonstranten gewesen sein. Nach Rücksprache mit der Pressestelle der Polizei Bonn liegen die Schätzungen eher bei rund 600 Teilnehmern in der Spitze, angemeldet hatte die Bürgerinitiative eine Demonstration mit voraussichtlich rund 300 Teilnehmern.

Eigentlich sollte am Donnerstagabend von Bürgermeister Schumacher der Entwurf für den Doppelhaushalt 2024/25 eingebracht werden. Das war auch der ursprüngliche Grund für die Protestaktion. Vor einigen Tagen kündigte Schumacher jedoch an, die Einbringung des Etatentwurfs auf die Sitzung am 7. Dezember zu verschieben. Derzeit arbeitet eine Lenkungsgruppe aus den Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen daran, Einsparungsmöglichkeiten zu finden. Auch die Alfterer Gemeindeverwaltung arbeitet an Konsolidierungsvorschlägen.

Trotz der Verschiebung hielt die BI am Termin der Demonstration fest. Im Dezember will sie erneut protestieren: „Wir wollen den öffentlichen Druck erhöhen und sehen bereits Wirkung. Derzeit überschlagen sich die Fraktionen mit Vorschlägen und hauen wie die CDU einfach mal einen Steuerhebesatz von 980 Punkten aus der Hüfte raus“, erklärte Gregor Andreas Geiger, der mit der Online-Petition gegen die mögliche Grundsteuererhöhung vor einigen Wochen alles ins Rollen gebracht hat.

Man kann nur mit vollen Hosen stinken. Die Leute können das einfach nicht mehr bezahlen, ich kenne eine ältere Frau aus meiner Nachbarschaft, die in einem kleinen Haus wohnt, für die würde diese Erhöhung eine Monatsrente bedeuten
Gregor Andreas Geiger, Ersteller der Online-Petition

„Man kann nur mit vollen Hosen stinken. Die Leute können das einfach nicht mehr bezahlen, ich kenne eine ältere Frau aus meiner Nachbarschaft, die in einem kleinen Haus wohnt, für die würde diese Erhöhung eine Monatsrente bedeuten“, betonte Geiger. Auf das Abwahlverfahren angesprochen, erklärte Geiger, die BI habe bereits „knapp die Hälfte der erforderlichen Stimmen“ eingesammelt. Laut Geiger müsse die BI 3800 Stimmen bis zum Jahresende zusammenbekommen, um das Abwahlverfahren in Gang zu bringen.

Doch was würde geschehen, wenn Rolf Schumacher als Bürgermeister wirklich abgewählt würde? Wer soll es dann machen, und was wird anders? „Der Bürgermeister wird dann aus der Mehrheitsfraktion kommen, und da wir bereits einen Scherbenhaufen haben, können die anderen Fraktionen nicht so weitermachen wie bisher“, sagte Geiger der Rundschau. Für Thomas Hildenbrandt, einen der Sprecher der Bürgerbewegung, ist klar: „Die Botschaft zu sparen, ist bei der Politik und der Gemeinde noch nicht angekommen.“ 

Alfters Bürgermeister „nimmt Petition ernst“

Schumacher eröffnete die Ratssitzung wie gewohnt, verlor zunächst kein Wort zu den Demonstranten vor dem Rathaus, betonte aber im Verlauf der Einwohnerfragestunde: „Ich nehme die Petition und die Demonstranten ernst, denn ich weiß, dass wir in sehr schwierigen Zeiten leben.“ Als ein Bürger ihn während der Fragestunde als „Buhmann“ bezeichnete und ihn fragte, ob er die aktuelle Situation, unter anderem wegen der Kosten für das Gymnasium, mit seinem Gewissen noch vereinbaren könne, antwortete Schumacher knapp und unmissverständlich: „Ja, der Bürgermeister und die Ratsmitglieder sind ihrem Gewissen verpflichtet. Wir könnten es aber nicht mit unserem Gewissen vereinbaren, wenn wir in einigen Jahren unseren Kindern sagen müssen, dass wir sie nicht mehr beschulen können.“

Ja, der Bürgermeister und die Ratsmitglieder sind ihrem Gewissen verpflichtet. Wir könnten es aber nicht mit unserem Gewissen vereinbaren, wenn wir in einigen Jahren unseren Kindern sagen müssen, dass wir sie nicht mehr beschulen können.
Rolf Schumacher, Bürgermeister von Alfter

Politische Entscheidungsprozesse seien immer durch Abwägungsprozesse gekennzeichnet: „Ich stehe zu dem Gymnasium“, so Schumacher. Er erklärte erneut, dass es „wohl eine Erhöhung der Grundsteuer“ geben werde, aber keine Höhe feststehe: „Nehmen wir keine Einsparungen in unserem Haushalt vor, hätte es aber diese Konsequenzen, daher haben wir die Lenkungsgruppe eingerichtet, um dies zu verhindern.“

Fest steht, für die Rad-Pendler-Route über die K12n wird keine Brücke gebaut, und die Sanierung des maroden Lehrschwimmbeckens in der Grundschule Witterschlick kann sich die Gemeinde nicht leisten. Schumacher: „Für mich ist es keine schöne Situation, dass es in unserer Gemeinde kein Schwimmbad gibt, wo wir Schwimmkurse anbieten können.“ Der Bürgermeister verwies erneut auf allgemeine Kostensteigerungen, Lieferengpässe und höhere Personaltarife. Erzieher erhielten 2024 rund 350 000 Euro mehr, und allein die digitale Ausstattung der drei Grundschulen habe gut 600 000 Euro gekostet.