LandesunterkunftGemeinde Alfter einstimmig für Bau von Flüchtlingsunterkunft mit 350 Plätzen

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An der Hauptstraße zwischen Witterschlick und Volmershoven-Heidgen, am Grundstück ‚Kumpelsgarten‘, soll die Zentrale Unterkunftseinrichtung für Geflüchtete gebaut werden.

An der Hauptstraße zwischen Witterschlick und Volmershoven-Heidgen, am Grundstück 'Kumpelsgarten', soll die Zentrale Unterkunftseinrichtung für Geflüchtete gebaut werden.

Die Gemeinde Alfter hat einstimmig den Bau einer Landeseinrichtung zur Unterbringung von 350 Geflüchteten bei Witterschlick beschlossen. So wird ihr das Land sieben Jahre oder mehr Miete zahlen müssen. 

Das Ziel ist erreicht: ein möglichst einstimmiges Signal, das der Alfterer Gemeinderat in seiner Sondersitzung am Dienstagabend an die Bezirksregierung Köln für den Bau einer sogenannten Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) für Geflüchtete senden konnte. Am Ende der knapp einstündigen Diskussion stand das klare Votum, lediglich UWG-Mitglied Bernhard Schürmann enthielt sich.

Ursprünglich sollte über die Einrichtung bereits in der Ratssitzung Anfang Dezember debattiert werden, doch Bürgermeister Dr. Rolf Schumacher (CDU) hielt es für klüger, erst die Bürgerinformationsveranstaltung abzuwarten, die vergangene Woche im Ratssaal stattfand.

Wie berichtet, soll auf dem Grundstück „Am Kumpelsgarten“, an der Hauptstraße zwischen Witterschlick und Volmershoven-Heidgen, eine ZUE entstehen. Da die stetig wachsende Zahl an Schutzsuchenden Land und Kommunen vor große Herausforderungen stellt, die Geflüchteten unterzubringen, werden händeringend Unterkunftsmöglichkeiten gesucht. Auch Alfter mit seinen derzeit knapp 500 Schutzsuchenden stößt an seine Grenzen. Pro Monat könnten 25 weitere Unterzubringende hinzukommen, so die Prognosen. Geplant war ursprünglich, dass die Gemeinde selbst eine Containeranlage auf dem Grundstück bei Witterschlick errichtet, in der bis zu 240 Menschen untergebracht werden könnten (Variante A). Dann trat jedoch die Bezirksregierung mit dem Vorschlag an die Kommune heran, dort als Trägerin eine ZUE in zweigeschossiger Containermodulbauweise zu unterhalten, in die bis zu 350 Menschen einziehen können. Von einer ZUE aus werden Bewohner auf andere Kommunen verteilt.

Baukosten werden auf acht Millionen Euro geschätzt

Die Vorteile einer solchen Lösung führte Alfters Bürgermeister Rolf Schumacher (CDU) noch einmal aus. Die Gemeinde wird die Anlage auf dem Grundstück, das im Eigentum der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Alfter (WFA) ist, bauen. Es geht um rund acht Millionen Euro, die die Gemeinde ansonsten selbst zu schultern hätte. Die Bezirksregierung zahlt dann Miete und übernimmt zudem sämtliche Unterhalts- und Nebenkosten sowie die Einrichtung eines Sicherheitsdienstes, die Anstellung von Sozialarbeitern und Betreuern.

Angestrebt ist ein Siebenjahresvertrag mit der Option auf Verlängerung. Wie sehr die Sache drängt, machte Schumacher noch einmal deutlich: Nachdem der Rat sein Okay gegeben hatte, teilte er noch am Abend in Köln das Ergebnis mit („Die warten darauf“).

Die Genehmigung des Landes gilt als reine Formsache und soll Anfang Januar da sein. Dann könnten die Ausschreibungen beginnen. Schumacher unterstrich auch hier nochmal die Dringlichkeit der Entscheidung und verwies auf die angespannte Marktsituation: „Wir haben drei Firmen an der Angel, warten wir noch weitere Wochen, könnte es zu spät sein, denn auch andere Kommunen brauchen solche Anlagen, und dann sind sie weg.“

Voraussichtlich im Frühjahr 2024 soll der Komplex auf dem dann eingezäunten Grundstück an der Hauptstraße stehen. Sollten die Pläne dennoch scheitern, wäre die Gemeinde gesetzlich verpflichtet, selbst Unterkünfte zu bauen, was zulasten des Haushaltes und möglicherweise des Steuerzahlers gehe, oder es müssten Turnhallen oder Vereinsheime belegt werden. Ein großer Vorteil der Einrichtung einer Landesunterkunft: Die Bewohner dort werden 1:1 angerechnet. Alfter muss also 350 Plätze weniger selbst vorhalten.

Entlastung für Mitarbeiter des Sozialamtes

Für Sozialamtsleiter Markus Jüris wäre dieses Verfahren eine erhebliche Entlastung für die Verwaltungskollegen, wie er der Rundschau gegenüber betonte. Denn seine Mitarbeiter stießen derzeit an ihre Kapazitäten und hätten kaum noch Zeit, andere Dinge zu erledigen. Zudem würden Kinder und Jugendliche, die in einer ZUE leben, nicht in den örtlichen Kitas und Grundschulen beschult und betreut, sondern in der Einrichtung.

Dazu Christian Lanzrath (SPD): „Wir haben nicht die Wahl zwischen einer ZUE oder keine Personen mehr aufzunehmen. Wenn wir die ZUE nicht einrichten, werden der Gemeinde weitere Personen zugewiesen und wir können die genannten Vorteile nicht haben.“ Für die Arbeit der Verwaltung gab es von Seiten der Politik großen Zuspruch, wie unter anderem Bolko Graf Schweinitz (Freie Wähler) betonte: „Wir loben die Verwaltung ausdrücklich; das ist eine Win-win-Situation für alle, die uns Millionen Euro einsparen lässt. Das ist eine Arbeit im Interesse des Gemeinwohls.“

Bei der Informationsveranstaltung gab es vor allem Bedenken wegen der Größe der Einrichtung. Diese Sorge lässt auch Rolf Schumacher nicht unberührt: „Ich habe nicht ohne Grund gesagt, dass ich wacklige Knie bekomme und wir die Bedenken der Bürger wegen der Größe ernst nehmen müssen. Es wird keine Unterkunft ohne Probleme geben.“ Auch Luise Wiechert (CDU) mahnte, die Sorgen der Anwohner ernst zu nehmen, zeigte sich aber zuversichtlich, nachdem die Vertreter der Bezirksregierung auf der Bürgerversammlung erklärt hatten, welche Sicherheits- und Betreuungskonzepte sie fahren: „Wir sind aufgefordert, uns selbst einzubringen und unsere Netzwerke zu aktivieren, dann schaffen wir das.“

Dominic Larue von den Grünen kritisierte den von der Verwaltung vorgeschlagenen „Automatismus“ für den Fall, dass der Bau der ZUE scheitere, dass dann automatisch die Variante A greife, also der von der Gemeinde selbst zu finanzierende Bau einer kleineren Unterkunft. Der Rat stimmte Larues Vorschlag daher einstimmig zu, im Falle eines Scheiterns der ZUE über die dann zu bauende Einrichtung noch einmal separat zu beraten. Schwer mit der ZUE tat sich UWG-Ratsherr Bernhard Schürmann. Ihm bereitete die Größe der Einrichtung Unbehagen: „In der Bevölkerung regt sich dagegen Widerstand. Es werden gute und schlechte Leute dabei sein, es wird zu Kriminalität kommen und wenn etwas passiert, wäre das Wasser auf die Mühlen von rechts Denkenden. Wir holen uns einen hohen Prozentsatz an Problemen ins Haus, und ich sehe die Gefahr von Respekt und Toleranz schwinden.“


Alfterer Bürgermeister nicht im Dienst

Bürgermeister Rolf Schumacher kann ab Anfang Januar gesundheitsbedingt für mehrere Wochen seinen Dienst im Alfterer Rathaus nicht ausüben. Das hat die Gemeinde gestern mitgeteilt. In dieser Zeit leitet und beaufsichtigt der Allgemeine Vertreter Nico Heinrich die Geschäfte. Repräsentative Aufgaben übernehmen die stellvertretenden Bürgermeisterinnen Luise Wiechert und Jeanette Schroerlücke.

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