Tradition seit 1948Oberdorf und Unterdorf kicken nach dem „Rhöndorfer Regelwerk“

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Ein Mann mit rotem Schal und brauner Jacke (Schiedsrichter Bernd Baumgarten) reicht einem Fußballspieler in schwarzem Trikot auf dem Kleinspielfeld am Haus Rheinfrieden ein Gläschen mit Schnaps.

Spezielle Strafe: Schiedsrichter Bernd Baumgarten vergab bei Regelverstößen keine Karten, sondern Schnäpse.

Seit 1948 trifft sich die Rhöndorfer Jugend am Zweiten Weihnachtsfeiertag zum Fußballspiel Oberdorf gegen Unterdorf. Der Kick verläuft nach dem sehr speziellen „Rhöndorfer Regelwerk“.

„Regeln? Seit wann haben wir Regeln?“, rief ein Spieler des Oberdorfs schmunzelnd von außerhalb des eingezäunten Platzes am Haus Rheinfrieden, wo sich seit immerhin 1948 jedes Jahr am 2. Weihnachtsfeiertag die Rhöndorfer „Jugend“ zum Fußballspiel „Oberdorf gegen Unterdorf“ trifft. Dass es aber bei diesem speziellen Kick sehr wohl Spielregeln gibt, nämlich das legendäre „Rhöndorfer Regelwerk“, machte sogleich Schiri Bernd Baumgarten klar.

„Kommen se mal her, junger Mann mit der langen Hand“, forderte er einen Unterdorf-Spieler auf, der sich gerade eines Handspiels schuldig gemacht hatte. Statt Gelber oder gar Roter Karte gab’s ein Gläschen Williams-Christ-Birnenschnaps als „Strafe“. Und natürlich einen „Elfmeter“, den ein Oberdorf-Spieler sicher zum 2:0 Zwischenstand verwandelte.

Unterdorf bezeichnet sich auf den Trikots als „Weltmeister vom Rhing“

„Oberdorf wird siegen, Unterdorf wird Haue kriegen“, sangen da siegesgewiss einige Oberdörfler, die zum Anpfiff auf acht Spieler zurückgreifen konnten, während die Unterdörfler nur mit fünf Mann präsent waren. Die sich dafür auf ihren schwarzen Trikots allerdings selbstbewusst als „Weltmeister vom Rhing“ bezeichneten. Schiri Bernd Baumgarten achtete indes darauf, dass beide Teams gleich stark mit fünf Spielern antraten. In den vergangenen Jahren war es auch schon mal etwas durcheinander gegangen auf dem Platz mit der jeweiligen Mannschaftsstärke.

„Wenn ich dran denke, bringe ich sie mit“, hatte augenzwinkernd Bernd Baumgarten kurz vor dem Anpfiff mit Blick auf den Helmut-Brethauer-Wanderpokal und den Karl-Schürmann-Wanderpokal gesagt, die er sicher in Verwahrung behält und die am Montag auf einer Bank dem Verlauf des Spiels harrten.

Der Kick 2022 war der 73. seiner Art. 2020 sei das Spiel wegen Corona ausgefallen und am Grünen Tisch als unentschieden gewertet worden, 2021 habe das Unterdorf gewonnen, berichtete Patric Baumgarten, der nach eigenen Angaben seit seinem 13. Lebensjahr beim Spiel dabei ist. Der nicht vollständigen Gravurplatte am Schürmann-Pokal zufolge trug von 1998 bis 2007 dreimal das Unterdorf und siebenmal das Oberdorf den Sieg davon.

In diesem Jahr stand es nach Ende der zweiten Halbzeit 8:4 für das Oberdorf. Die „dritte Halbzeit“ – auch sie ist Bestandteil des speziellen „Rhöndorfer Regelwerks“ – fand im Anschluss im Alten Fährhaus statt.

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