Naturschutzgebiet SiebengebirgeZiegen futtern in Bad Honnef für den Naturschutz

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Unter Ziegen: Die Familie Kucharz mit den Vertretern des Naturschutzprojekts Chance 7 bei Bad Honnef. 

Bad Honnef – Paul, sagt Ziegenhalterin Conny Kucharz, sei das älteste Tier der Herde, die sich da in diesen Tagen an einem Hang im Siebengebirge tummelt. Er sei rund 17 Jahre alt und „knabbert an allem herum“, sagt Kucharz, während Paul ein bisschen die Jacke des Journalisten anbeißt. Günni, ein Artgenosse Pauls, aber ein ganzes Stück kleiner, schmiegt seinen Kopf ans Bein der Kollegin. „Er sucht immer Körperkontakt“, weiß die Ziegenhalterin, die beispielsweise die Schwestern Anuschka und Adele, beide Bulgarische Langhaarziegen, mit der Flasche aufgezogen hat.

Ob Paul, Günni oder Adele – die Tiere der Familie Conny und Christian Kucharz (Buchholz) sind zurzeit im Siebengebirge als Helfer im Naturschutz im Einsatz. Sie sollen am Korfer Berg, nahe der Schaaffhausenkanzel, deren Umbau sich die Stadt Bad Honnef nachträglich von den Naturschutzbehörden hatte genehmigen lassen müssen, dafür sorgen, dass nicht wieder Büsche das rund zwei Hektar große Areal überwuchern.

Projekt reicht von Bonn bis nach Bad Honnef 

Von einem „Gesamtkonzept zur Vernetzung von Lebensräumen“ spricht Projektleiter Christoph Rothenwöhrer vom Naturschutzgroßprojekt Chance 7 des Rhein-Sieg-Kreises. Es umfasst die Rheinhänge von der Rabenlay bei Bonn über die Wolkenburg am Drachenfels bis zum Menzenberg am südlichen Rand von Bad Honnef. Im Blickpunkt dabei: Arten wie die Mauereidechse oder die Ringelnatter.

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Anuschka, eine der Ziegen der Familie Kucharz, die im Siebengebirge als Naturschutzhelfer im Einsatz sind.

Am Korfer Berg sind dafür in einem ersten Schritt die Flächen freigestellt – also von Büschen und Sträuchern befreit – worden, in einem zweiten Schritt wurde auf rund 65 Meter Länge eine Trockenmauer erneuert und erweitert. „In einem dritten Schritt geht es darum, die freigestellte Fläche nachhaltig offenzuhalten. Hier, im steilen Gelände, geht das am besten mit Ziegen“, sagt Christoph Rothenwöhrer.

Tiere aus schlechter Haltung aufgenommen

Zum Einsatz kommen dabei die Tiere von Conny und Christian Kucharz, die „Landschaftspflege mit Ziegen“ ermöglichen, ein Angebot, das mehrere Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis schon genutzt haben. Das Ehepaar nimmt auf seinem Hof im Westerwald Tiere aus schlechter Haltung auf, wie Conny Kucharz erläutert, die nach eigenen Angaben alle rund 200 Ziegen mit Namen kennt. „Wir haben unser Herzensprojekt etablieren können und retten deutschlandweit Ziegen und geben diesen in der Landschaftspflege eine zweite Chance“, heißt es auf der Homepage der Ziegenhalter.

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Den Vorteil der Ziegen bringt Conny Kucharz mit einem Wort auf den Punkt: Sie seien „Multiwunderwaffen“ und fräßen beispielsweise auch Riesenbärenklau oder Springkraut. Am Korfer Berg sollen sie Brombeeren und andere Gehölze wegfuttern, die ohne den tierischen Einsatz schnell wieder das Kommando über das Areal übernehmen würden. Von „Verbündeten im Naturschutz“ sprach Rothenwöhrer bei der Vorstellung des Projekts. Durch den Einsatz im Rahmen von Chance 7 würden alte Bewirtschaftungsformen gefördert, und nicht zuletzt bleiben die Blicke vom Hang ins Rheintal frei.

Etwa zweimal im Jahr sollen die Tiere der Familie Kucharz am Korfer Berg zum Einsatz kommen. Extra dafür wurde ein rund 1800 Meter langer Zaun errichtet, der inzwischen über 40 Wildtore verfügt, nachdem sich anfangs zwei Rehe im Draht verfangen hatten und verendet waren, wie Rothenwöhrer bestätigt. Als „nicht trivial“ auch wegen der Topographie des Geländes und der Bodenverhältnisse bezeichnet der Biologe Fabian Droppelmann von Chance 7 das Konzept für den Zaun, den Nicolas Reich vom Hennefer Büro Ökologische Landschaftsplanung und -pflege (ÖLAP) verwirklicht hat. Nur wenn die Ziegen auf dem Gelände sind, werden die Tore geschlossen und die Litzen am Wolfsschutzzaun, der über einen Untergrabeschutz verfügt, unter Strom gesetzt. Als „Wolfserwartungsgebiet“ bezeichnet Christoph Rothenwöhrer bei dem Ortstermin das Siebengebirge.

Tore wurden mehrfach geöffnet

Ein Problem allerdings: Mehrfach seien in der Vergangenheit durch Unbekannte die Tore geöffnet worden, so dass Ziegen vereinzelt in den Vorgärten der nahen Wohngebäude in Rommersdorf „randaliert“ haben, wie der Projektleiter berichtet. Auf Schildern appellieren die Macher von Chance 7 an Wanderer und Spaziergänger, die Zauntore während der Beweidung geschlossen zu halten. Die Ziegen werden auf den Schildern übrigens als „Außendienstmitarbeiter des Chance 7-Teams“ bezeichnet.

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