Busfahrer angeklagtKind fiel durch ein Loch in der Seitenscheibe auf die Straße

Durch dieses Loch in der hinteren rechten Seitenscheibe fiel die Fünfjährige im Sommer auf die Straße.
Copyright: SWB (Archivfoto)
Bonn – Die absurd klingende Geschichte wollte erst keiner glauben: Ein fünfjähriges Mädchen fällt am 18. Juli 2019 aus einem fahrenden Linienbus. Und zwar aus einem hinteren großen Seitenfenster der Linie 615, das keineswegs zu öffnen war.
Bald stellte sich jedoch heraus, dass die Glasscheibe bereits defekt war, als das Unglück passierte. Denn der Busfahrer war kurz zuvor bei einem Fahrmanöver an der Haltestelle Rheinallee mit einem Baum kollidiert. Dabei war der hintere rechte Teil seines Busses beschädigt worden. Offenbar nicht nur mit Kratzern und Dellen, auch die eine Fensterscheibe soll hierdurch gesplittert sein.
Bonn: Busfahrer setzt seine Fahrt trotzdem fort
Der Busfahrer hatte den Schaden kontrolliert, war aber wegen der Scheibe, die fest im Rahmen zu sitzen schien, offenbar nicht besorgt gewesen. Der SWB-Leitstelle meldete er den Unfall, erklärte seinen Bus als weiterhin fahrbereit – und setzte seine Tour fort.
Ein Fehler, so die Bonner Staatsanwaltschaft, die den 44-jährigen Busfahrer deshalb jetzt wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt hat. Der Mann, der seit fünf Jahren bei den Stadtwerken gearbeitet hat, hätte – so der Vorwurf – die defekte Scheibe genauer untersuchen müssen und erkennen können, dass der Bus eben nicht mehr fahrbereit war. Zumindest hätte er aus Sicht der Staatsanwaltschaft an der lädierten Fensterscheibe eine Sicherung vornehmen müssen. Stattdessen sei der 44-Jährige weitergefahren.
Bonn: Nach 100 Metern passierte das Unglaubliche
Keine halbe Stunde später stieg an der Haltestelle „Am Kurpark“ um 14.50 Uhr eine Mutter mit drei Kindern in den Bus; sie selbst blieb mit dem Kinderwagen in der Mitte stehen, während ihre beiden Älteren – ein achtjähriger Sohn und ihre fünfjährige Tochter – auf die hintere Sitzbank neben dem Fenster kletterten.
Nur rund hundert Meter weiter – nach der Haltestelle Brunnenallee – passierte das Unglaubliche: In einer Rechtskurve wurde die Fünfjährige – so die Anklage – gegen die defekte Fensterscheibe gedrückt, die nachgab und zerbrach. Das Mädchen flog aus dem Bus und stürzte auf die Straße.
Eine Autofahrerin eilt zu Hilfe
Es hatte noch vielfaches Glück: Eine nachfolgende Autofahrerin stoppte ihr Auto geistesgegenwärtig und eilte zu Hilfe. Offenbar hat das Kind auch keine folgenschwere Verletzung erlitten: Die Mediziner diagnostizierten zahlreiche Riss- und Quetschwunden am rechten Arm und über den ganzen Körper verteilt weitere Schürf- und Schnittwunden. Nach zwei Tagen durfte das Mädchen die Klinik wieder verlassen.
Allerdings sitzt der Schock noch tief: Psychisch sei das Kind, so die Anklage, instabil; es bestehe der Verdacht auf eine posttraumatische Störung.
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Aber auch der Busfahrer kann sich von dem Schrecken nur schwer erholen. Der 44-Jährige, selbst Vater von drei Kindern, ist seit dem tragischen Vorfall krankgeschrieben und befindet sich in psychologischer Betreuung. Sein Prozess findet demnächst vor dem Bonner Amtsgericht statt.