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Leidenschaft wecken auf 300 MeternDie Fahrschulbus-Fahrt ist das Highlight beim RVK-Bewerbertag

8 min
Kümmerten sich um die Besucher des Bewerbertages in Bornheim: (v.l.) Azubi Jan-Marco Palm, Recruiter Egbert Wagener, Niederlassungsleiter Dirk Müller, Fahrlehrer Heiko Herr und Azubi Oskar Stalewski.

Kümmerten sich um die Besucher des Bewerbertages in Bornheim: (v.l.) Azubi Jan-Marco Palm, Recruiter Egbert Wagener, Niederlassungsleiter Dirk Müller, Fahrlehrer Heiko Herr und Azubi Oskar Stalewski.

Die Probefahrt mit dem Fahrschulbus gehört zu jedem Bewerbertag der Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) dazu – auch am Standort Bornheim. 

„Im linken Spiegel können Sie erahnen, wo die Hinterreifen sind. Dahinter kommen noch drei Meter“, sagt Fahrlehrer Heiko Herr: „Sobald man stark auf der Stelle lenkt, braucht man einen Meter Platz. Den haben wir jetzt nicht.“ Die Devise laute: Immer sanft! „Solange wir sanft fahren, passiert auch nicht viel.“ Die Fahrt mit dem Fahrschulbus ist das Highlight bei den Bewerbertagen der Regionalverkehr Köln GmbH (RVK). Damit Besucherinnen und Besucher sofort ein Gefühl dafür bekommen, wie es ist, einen Bus zu lenken, ist die Probefahrt immer Teil der Veranstaltung.

Auf der RVK-Niederlassungen in Bornheim-Hersel konnten Bewerberinnen und Bewerber nicht nur eine Runde mit dem Fahrschulbus drehen, sondern die Regionalverkehr Köln GmbH kennenlernen und sich über Jobs oder Weiterbildungen für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger informieren. Niederlassungsleiter Dirk Müller, Recruiter Egbert Wagener, Fahrlehrer Heiko Herr sowie die Azubis Jan-Marco Palm und Oskar Stalewski standen für Gespräche bereit.

Keine Kraft sondern Gefühl erforderlich

„Busfahren ist keine Schwerarbeit, sondern Gefühlssache“, betont Heiko Herr. 1994 hat er bei der RVK angefangen. Acht Jahre war er Busfahrer, inzwischen ist der Fahrlehrer. Einer von dreien, die beim RVK arbeiten. Bei der Probefahrt sehe Herr sofort, ob jemand Gefühl für Lenkrad und Pedale hat und auch die nötige Lernfähigkeit mitbringt, also gut zuhören und die Anweisungen umsetzten kann: „Ob jemand als Busfahrer geeignet ist, erkenne ich daran, ob jemand Maß nimmt, oder einfach nur am Lenkrad dreht.“

Potenzial sieht Heiko Herr bei einer Besucherin, die aus Bonn zum Bewerbertag nach Bornheim gekommen ist. Um 10 Uhr war sie die Erste. Die Probefahrt fand die 31-Jährige „super cool“. Das Busfahren sei aber gewöhnungsbedürftig, schließlich handele es sich um ein großes Fahrzeug, das ganz anders reagiere als ein Auto. Der Beruf des Busfahrers sei „ein super wichtiger“ und obendrein einer, der Sicherheit bietet, weiß sie. „Auch in Krisenzeiten“, betont Recruiter Egbert Wagener.

„Der Kontakt zu Menschen gefällt mir gut. Das ist ein Job mit Verantwortung“, sagt die Bonnerin. Im Gespräch mit Wagener informiert sie sich über die Weiterbildung für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, die am 3. November startet und sechs Monate dauert. Schon im April könnte die junge Frau Busfahrerin bei der RVK sein. Einen Termin für die notwendige betriebsärztliche Untersuchung hat sie mit Wagener bereits vereinbart.

Erst, wenn man selbst fährt, versteht man warum Busfahrer so fahren, wie sie fahren – also, wieso sie so spät einlenken.
Jan-Marco Palm, Azubi zur Fachkraft im Fahrpersonal

„Ich hatte ein bisschen Angst, den langen Bus zu fahren“, sagt ein 47-Jähriger nach der Probefahrt. Er habe großen Respekt vor der Vorstellung, viele Menschen zu fahren. Er möchte die Weiterbildung zum Busfahrer gerne machen, es sei Zeit für eine berufliche Veränderung. Allerdings fürchtet er, seine Deutschkenntnisse könnten nicht ausreichen. „Die Sprachbarriere kann ein Problem sein“, weiß Fahrlehrer Heiko Herr. Voraussetzung ist deshalb Sprachniveau B1, besser B2. Das bedeutet, fortgeschrittene bis selbstständige Sprachkenntnisse.

Bevor die Fahrt losgehen kann, müssen Lenkrad und Sitz eingestellt werden. „So, dass Sie mit angewinkeltem Bein eine Vollbremsung machen können.“ Der automatische Griff zum Zündschlüssel, geht ins Leere. „Den Schlüssel haben Sie auf der linken Seite“, verrät Heiko Herr: „Alles klar, Kiste läuft.“ Ganz wichtig, auch auf dem Betriebsgelände: Anschnallen. Die Türen schließen, vorher fährt der Bus nicht los. „Wir haben hier eine Haltestellenbremse drin. Da sind jetzt drei Bar Luftdruck in der Bremse. Nur, weil die Türen offen waren.“

Tippt man das Gaspedal nur kurz an, löst sich die Bremse. Mit einem leisen Zischen rollt der Bus los. „Direkt wieder auf die Bremse“, gibt Fahrlehrer Heiko Herr Anweisung: „Der Bus ist Automatik, also schiebt der von alleine“. Während der gesamten 300 Meter langen Probefahrt muss man kaum Gas geben, aber man kann – auf der Geraden: „Geben Sie Gas, Schwung hat der auch.“

Vom Bewerbertag in die Aus- oder Weiterbildung

Bei den Probefahrten sei noch nie etwas passiert, so Heiko Herr. Dafür sei er schließlich da. „Jetzt nicht lenken, sonst fahren Sie da hinten dran“, rät Heiko Herr: „Die Blechkiste einfach gerade durchziehen. Im Spiegel sehen Sie den Schatten. Wenn man große Fahrzeuge fährt, holt man sich immer solche Hilfsmittel.“ Das Motto laute, „Was nicht passt, das passt nicht“. Heiko Herr betont: „Da fahren wir dann nicht.“

„Erst, wenn man selbst fährt, versteht man, warum Busfahrer so fahren, wie sie fahren – also, wieso sie zum Beispiel so spät einlenken“, sagt Jan-Marco Palm. Der 24-jährige Azubi hätte nie gedacht, „so schnell Busfahren zu lernen“. Er ist im zweiten Ausbildungsjahr zur Fachkraft im Fahrbetrieb. Im letzten Jahr hat er einen Bewerbertag des RVK besucht und sich beworben. „Ich sehe die RVK direkt vor meiner Haustür langfahren in Alfter-Volmershoven. Daher die Idee.“

Vier Tage nachdem er seine Bewerbung eingereicht hatte, fand das Bewerbungsgespräch statt. „Ratzfatz.“ Große Fahrzeuge haben Azubi-Kollegen Oskar Stalewski schon immer begeistert. „Meine Eltern sind beide Berufskraftfahrer.“ In seinem ersten Ausbildungsjahr hat der 18-Jährige die verschiedenen Abteilungen des Unternehmens kennengelernt und hatte auch schon erste Fahrstunden.

„Für die Neugierigen ist die Probefahrt oft der letzte Impuls, um sich zu bewerben. Wir wollen Leidenschaft wecken“, sagt Jan Peter Fischer, Pressesprecher der RVK. Der Fahrschulbus steht kaum still. Zwischen 10 und 11.30 Uhr waren schon neun Bewerberinnen und Bewerber auf dem Betriebsgelände. „Am Standort Bornheim fehlen 15 Fahrerinnen und Fahrer“, sagt Niederlassungsleiter Dirk Müller. Insgesamt gibt es 76 Fahrerinnen und Fahrer am Standort. „Wobei, es sind nur vier Frauen.“

15 Fahrerinnen und Fahrer fehlen am Bornheimer Standort

Umso schöner wäre es, wenn die RVK die 31-jährige Bonnerin für die Weiterbildung gewinnen könnte. Über das Jahr verteilt gibt es drei Weiterbildungsmaßnahmen, ab dem nächsten Jahr werden es vier sein. Acht bis zwölf Personen können an einer Weiterbildung teilnehmen. „Wir haben eine Durchfallquote von einem Prozent“, sagt Recruiter Egbert Wagener. Pro Jahr seien es um die 30 Personen, die nach der Weiterbildung als Busfahrer beziehungsweise Busfahrerin bei der RVK eingestellt würden.

Und wie sieht das Gehalt aus? „3135 Euro brutto“, sagt Wagener: „Das ist die Basis – vor Zuschlägen für Spät- und Wochenenddienste.“ Schließlich arbeiten Busfahrerinnen und Busfahrer im Schichtdienst.

„Für Wochenenddienste gibt es einen Ausgleichstag unter der Woche. Wunschdienste sind möglich“, betont Dirk Müller: „Wir versuchen unser Fahrpersonal heimatnah einzusetzen.“ An fünf von insgesamt sechs Niederlassungen – in Bergisch Gladbach, Bornheim-Hersel, Euskirchen, Hürth, Meckenheim und Wermelskirchen – fehle Fahrpersonal, insgesamt um die 60 Busfahrerinnen und Busfahrer.

Bewerberinnen und Bewerber, die die Weiterbildung bei der RVK machen wollen, seien „idealerweise arbeitslos“. Wagener erklärt: „Wir arbeiten zusammen mit der Arbeitsagentur und dem Jobcenter.“ In Form eines Bildungsgutscheins übernehme die Arbeitsagentur die Kosten für die Weiterbildung – 10.400 Euro. Anforderungen an Quereinsteiger sind: ein Pkw-Führerschein Klasse B, ein Mindestalter von 21 Jahren und maximal ein Punkt in Flensburg, und eben Deutschkenntnisse auf Sprachniveau B1 bis B2 sowie ein gültiger Aufenthaltsstatus. Wer die Anforderungen erfüllt, könne sich bewerben.

Im Spiegel sehen Sie den Schatten. Wenn man große Fahrzeuge fährt, holt man sich immer solche Hilfsmittel.
Heiko Herr, Fahrlehrer bei der RVK

Um Bewerberinnen und Bewerber zur Weiterbildung zuzulassen, braucht die RVK den Hinweis aus einem allgemeinärztlichen Gutachten, ob eine Person geeignet ist oder nicht. Die Weiterbildung besteht aus zwei Teilen: Bustheorie sowie Straßenverkehr und Technik. Hinzu kommen 59 Fahrstunden. Dann seien idealerweise noch fünf Wochen übrig für ein Praktikum in einer der Niederlassungen, bevor mit Ende der Weiterbildung der Arbeitsvertrag greift.

Zwei- bis dreimal im Jahr veranstaltet die RVK ihre Bewerbertage an den Niederlassungen. Vor Bornheim war in dieser Runde schon Euskirchen dran. Dorthin waren 15 Besucherinnen und Besucher gekommen. „Mit drei Personen sind wir ins konkretere Gespräche gegangen“, sagt Jan Peter Fischer: „Aus der letzten Runde der Bewerbertage sind fünf oder sechs Personen nun Fahrpersonal.“ Die RVK spreche auch gezielte Einladungen aus, wenn ein Kontakt bereits bestehe. „Damit wir uns persönlich kennenlernen.“ Er begrüßt die Besucherinnen und Besucher immer mit dem Gedanken: „Das könnten Kollegen werden.“

Es kämen auch schonmal Familien vorbei, einfach aus Interesse, „oder 16-Jährige, die noch nicht bei uns anfangen können. Dann entsteht kein Arbeitsvertrag, aber wir wecken vielleicht Begeisterung.“ Eine Probefahrt mit dem Fahrschulbus über das Betriebsgelände sei auch 16-Jährigen erlaubt. Jan Peter Fischer erzählt: „Für die Einen ist das vielleicht einfach irgendein Job, und andere finden, es gibt nichts Schöneres.“ In Bornheim sei ein Fahrer unterwegs, der hat mit 62 Jahren die Weiterbildung gemacht. „Sein Wunsch war immer, Busfahrer zu werden.“

160 Wasserstoffbusse bis Ende 2025

Mit 370 Bussen ist die RVK im Rheinisch-Bergischen Kreis, im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis, im Kreis Euskirchen sowie in Hürth, Brühl, Wesseling und vereinzelt Bonn und Köln unterwegs. Von 960 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind 740 Fahrpersonal. Die übrigen 220 Personen arbeiten in der Verwaltung.

Die RVK hat das Ziel, bis 2030 mit null Emission zu fahren und setzt auf alternative Antriebe. „Wir tauschen unsere Flotte aus. Bis Ende 2025 fahren 160 Wasserstoffbusse“, sagt Jan Peter Fischer. Diesel abschaffen ginge aber nun einmal nicht von heute auf morgen. „Wir müssen auch darauf achten, welche Strecke für welchen Antrieb geeignet sind.“ Auf langen Strecken funktioniere der Elektro-Antrieb nicht.

Nach der Probefahrt muss der Bus wieder innerhalb der dafür aufgestellten Markierungen eingeparkt werden. „Wir müssen wegen der zwölf Meter einen großen Bogen fahren. Noch nicht lenken, das ist zu früh.“ Nicht vergessen, dass man zwei Meter vor der Vorderachse sitzt. Immer mit dem Fuß an der Bremse geht es dann an den Hütchen am Boden vorbei bis der Bus mit den Spiegeln zwischen den beiden roten Stangen steht. Das ist die richtige Parkposition. „Der erste Eindruck ist gut. Sie könnten Bus fahren“, lautet das Fazit des Fahrlehrers beim Aussteigen.