Bornheim Live! – Kirmes und Gewerbefest mit verkaufsoffenen Sonntag sind abgesagt. Das sagen die Einzelhändler auf der Königstraße dazu.
Bornheim Live! abgesagt„Das alte Geleier kann niemanden mehr locken“

Die Bornheimer Königstraße
Copyright: Vera Arenz
„Bornheim Live!“ – die traditionelle Großkirmes und das parallel dazu stattfindende Gewerbefest im September sind abgesagt. Immer weniger Menschen zog es auf die Königstraße und auf den Peter-Fryns-Platz.
Die Stadt Bornheim beauftragte die Kirmes, der Gewerbeverein organisierte das Gewerbefest mit verkaufsoffenem Sonntag. Viele Jahre sei das ein „Win-win“ gewesen, sagt Jörg Gütelhöfer, Vorsitzender des Bornheimer Gewerbevereins und Geschäftsführer von „Orthopädie und Schuhhaus Gütelhöfer“ auf der Königstraße.
Der Gewerbeverein habe sich die Frage gestellt, ob ein Gewerbefest – in Verbindung mit der Großkirmes – noch zeitgemäß sei, erklärt Gütelhöfer, wie es zur Absage gekommen ist. Für die Organisation hätten Ehrenamtliche viel Zeit investiert. „Der Aufwand war zu groß für zu wenig Mehrwert für Bornheim, die Bürger und die Händler.“

Jörg Gütelhöfer, Vorsitzender des Gewerbevereins Bornheim und Geschäftsführer von „Orthopädie und Schuhhaus Gütelhöfer“.
Copyright: Vera Arenz
Längst hätten nicht mehr alle Geschäfte mitgemacht. „Es gibt kaum noch Einzelhändler auf der Königstraße, inzwischen sind es mehr Dienstleister“, stellt Gütelhöfer fest. Dem Gewerbefest habe so die Sinnhaftigkeit gefehlt.
Aussteller für die Kirmes zu finden, sei schwierig geworden. Von Seiten der Aussteller habe kaum Interesse bestanden. Also hätten die Stadt Bornheim und der Gewerbeverein die Absage von „Bornheim Live!“ gemeinsam beschlossen.
Verkaufsoffener Sonntag wurde gerne genutzt – bei gutem Wetter
Dittmar Elsässer, stellvertretender Geschäftsführer von „Orthopädie und Schuhhaus Gütelhöfer“, findet, die Absage von „Bornheim Live!“ sei „sicherlich schade“. Der verkaufsoffenen Sonntag sei „von den Leuten gerne genutzt“ worden und habe Einnahmen in die Kassen gespült – „bei gutem Wetter, bei Regen nicht“. Die Einnahmen müssten dann mit den Personalkosten gegengerechnet werden, erklärt Elsässer.

Dittmar Elsässer, stellvertretender Geschäftsführer von „Orthopädie und Schuhhaus Gütelhöfer“.
Copyright: Vera Arenz
Bei schlechtem Wetter hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Schuhhaus nur wenig zu tun. Das Sanitätshaus direkt gegenüber blieb ohnehin geschlossen. „Gelegenheitskäufer haben sich in das Schuhhaus verirrt, aber eher nicht in das Sanitätshaus.“
llka Junglas und Tobis Pällmann sind Geschäftsleiterin und Stellvertreter von „Jonen – Augenoptik & Hörakustik“ in der Königstraße 27. „2021 haben wir beim Gewerbefest mitgemacht, das war richtig gut“, sagt Junglas. Zuletzt sei das allerdings „immer der gleiche Kram“ gewesen.
Zwar habe Lutz Persch, Chef des Bonner Unternehmens „LuPe“ Events, das seit einigen Jahren verstärkt Kirmessen im Bonner Raum organisiert, neue Ideen für „Bornheim Live!“ gehabt, nur seien diese „von Bornheim und den Bornheimern nicht angenommen worden“. Jörg Gütelhöfer und Lutz Persch zeigten sich schon 2024 enttäuscht. „Anscheinend ist in Bornheim der Bedarf für solche Events nicht gegeben“, meinte Persch damals, dessen Unternehmen in Alfter gemeinsam mit dem Ortsausschuss die Anna-Kirmes ausrichtet.

Ilka Junglas (Geschäftsführerin) und Tobias Pällmann (stellvertretender Geschäftsführer) von „Jonen – Augenoptik & Hörakustik“.
Copyright: Vera Arenz
Was in Alfter sehr gut lief, klappte in Bornheim nicht. In Alfter funktionierte laut Persch das Zusammenspiel mit dem Ortsausschuss, in Bornheim gibt es keinen Ortsausschuss mehr. „Es sind weniger Geschäfte, die mitmachen würden“, sagt Junglas. Allgemein sei es „ruhig geworden auf der Königstraße“, findet Tobias Pällmann.
Drei Optiker, fünf Frisöre – Es fehlt an Vielfalt auf der Königstraße
Woran das liegt? Die Königstraße sei einfach nicht sonderlich attraktiv. „Ich würde nicht nach Bornheim reinfahren um zu bummeln“, sagt Junglas. Drei Optiker und Akustiker, fünf Frisöre – es fehle einfach die Vielfalt. „Was ist mit den vielen neuen Geschäften? Wissen die überhaupt von Kirmes und Gewerbefest?“, fragt Pällmann.

Der Peter-Fryns-Platz in Bornheim.
Copyright: Vera Arenz
Wen es auf die Königstraße ziehe, sei 65 und älter. Kein Wunder, schließlich befänden sich dort Ärzte, Apotheken und eine Filiale der Volksbank. Junge Leute sehe man nur wenige auf der Straße. Dass diese weitestgehend leer sei, liege nicht etwa daran, dass Ferien seien. „So sieht es häufiger aus“, bedauert Junglas. „Die Straße ist traurig geworden“, ergänzt Pällmann: „Wo früher ein Brautmodengeschäft war, ist heute ein Bestatter.“
Die Straße ist traurig geworden. Wo früher ein Brautmodengeschäft war, ist heute ein Bestatter.
Blumen vor der Geschäften könnten helfen, um die Königstraße ansehnlicher zu machen, sind sich Junglas und Pällmann einig. „Eyecatcher“ gebe es schließlich nur sehr wenige. Auch der Peter-Fryns-Platz helfe da nicht. „Der ist so trist gebaut, da ist kein Leben drin. Steht da überhaupt ein Baum?“, fragt Pällmann und geht nachsehen: „Tatsächlich.“ Es sind zwei.
Wolfgang und Maja Blumenthal von „Mode Blumenthal“ in der Königstraße 55 beschreiben den Peter-Fryns-Platz als „Steinwüste“ und „seelenlos“. Das Blumenbeet vor seinem Geschäft bereitet Blumenthal auch keine Freude. Er bedauert, „wie ärmlich das aussieht“ und sammelt eine weggeworfene Schokoriegel-Verpackung vom Gehweg auf.

Wolfgang und Maja Blumenthal von „Mode Blumenthal“.
Copyright: Vera Arenz
Ob „Bornheim Live!“ bald wieder stattfinden könnte? „Ich glaube nicht, jedenfalls nicht so schnell“, sagt Ehefrau Maja Blumenthal. Zuerst müsse sich jemand finden, der sehr engagiert sei. „Bisherige Ideen haben nicht funktioniert. Ich wüsste auch nichts“, pflichtet Wolfgang Blumenthal bei. Die Kirmes sei für Aussteller wohl einfach nicht attraktiv und Bornheim vielleicht zu klein, vermuten die Blumenthals.
„Früher war der verkaufsoffene Sonntag fantastisch“
Für das Gewerbefest das Modegeschäft sonntags aufzumachen, habe sich zuletzt nicht mehr gelohnt. Dafür seien die Kosten zu hoch bei zu wenig Einnahmen: „Im letzten Jahr haben wir noch mitgemacht, das hätten wir dieses Jahr aber nicht.“ Es habe kaum Publikumsverkehr gegeben und so sei das einfach „zu schwierig“. „Früher war der verkaufsoffene Sonntag fantastisch“, erinnert sich Maja Blumenthal: „Viel früher.“
„Der Kunde hält sich zurück“, beobachtet Wolfgang Blumenthal. Das liege auch daran, wie sich die Straße entwickelt habe. Ehefrau Maja meint: „Als das noch keine Einbahnstraße war, war es besser.“ Die Königstraße sei einfach zu eng für Autos, Busse und Fahrräder, die in der Einbahnstraße in beide Richtungen fahren dürfen. „Und wenn dann auch noch ein Krankenwagen kommt?!“ Das könne nur abschrecken. Die Zeiten seien schwierig. Es kämen auch wieder bessere, ist Wolfgang Blumenthal optimistisch.
Die Bäckerei und Konditorei Landsberg für „Bornheim Live!“ aufzumachen und Sonntagsarbeit sei nicht das Problem. „Wir haben ja sowieso sonntags geöffnet.“
„Letztes Jahr haben wir draußen Bänke aufgebaut. Das hat sich nicht gelohnt. Es war nichts los. Wir waren sehr enttäuscht.“ Um Kirmes und Gewerbefest wiederzubeleben, müsse man sich schon etwas einfallen lassen.
Es brauche Veränderungen, spannende Angebote für Erwachsene und Kinder, ein Event mit bekannten Bands. „Mit dem alten Geleier kann man niemanden locken.“ Es werde schließlich überall etwas geboten, nicht nur in Bornheim. „Gut finde ich das nicht“, dass „Bornheim Live!“ angesagt ist. „Da geht etwas verloren.“
Das Geschäft blieb geschlossen, um die Kirmes zu besuchen
Der König Schlüsseldienst direkt gegenüber vom Peter-Fryns-Platz hat beim Gewerbefest nie teilgenommen. „Niemand braucht da einen Schlüsseldienst und Schuhmacher.“ Das Geschäft blieb geschlossen, denn der Inhaber ist lieber mit seinen Kindern zum Karussellfahren auf die Kirmes gegangen. Das die abgesagt wurde, findet er „traurig und sehr schade“.
Er vermutet: „Vielleicht hätte alles bunter und abwechslungsreicher sein müssen mit attraktiveren Angeboten wie einem Autoscooter zum Beispiel.“
Christiane Pohl von „Wäsche und Bademode hautnah“ hat beim verkaufsoffenen Sonntag zum Gewerbefest immer mitgemacht. „Mal hat es sich gelohnt, mal nicht.“ Die Kirmes habe Leute von außerhalb gebracht und das sei schön gewesen. Nach Corona sei das Ganze etwas eingeschlafen.
Und falls „Bornheim Live!“ wiederkommen sollte? „Ich würde wieder mitmachen. Es ist schließlich schade, wenn viele Geschäfte das nicht tun, sich Leute aber bei der Organisation Mühe gegeben haben.“
Die Kirmes brachte Leute von außerhalb nach Bornheim
Für die Parfümerie Becker habe sich der verkaufsoffene Sonntag geloht, daher finde die Belegschaft es schade, dass das Gewerbefest abgesagt wurde. „Da passiert wenig hier in Bornheim“, ist sich die Belegschaft einig
Charlotte Euler meint zur Absage von „Bornheim Live!“: „So geht das Brauchtum zu Ende“. Überall gebe es Feste. „Die Leute können das Geld eben nur einmal ausgeben.“ Die Zeiten, in der sie sonntags gearbeitet habe, seien vorbei, sagt die 82-Jährige.

Charlotte Euler in ihrem „Uhren- und Schmuckgeschäft Euler“.
Copyright: Vera Arenz
Seit ihr Ehemann verstorben ist, führt Charlotte Euler das Uhren- und Schmuckgeschäft, in dem sie arbeitet, seit sie 20 Jahre alt ist, alleine weiter – mit Unterstützung ihrer Familie. „Meine Kunden kommen aus den Altersheimen. Werbung zu machen, habe ich nicht nötig“, sagt sie lachend.
Jobbörse statt Gewerbefest?
In Bornheim sei es schwierig, Feste zu veranstalten. Das bedauert Jörg Gütelhöfer: „Es fehlt an Menschen, die die Feste tragen. Vielleicht ist Bornheim-Ort fast schon zu groß. Die Gemeinschaft und die Verbundenheit fehlen.“
In den kleinen Bornheimer Ortschaften funktioniere das besser. Für ein erfolgreiches Gewerbefest brauche es mehr Einzelhandel auf der Königstraße, mehr Gewerbetreibende, die sich beteiligen wollen, und Unterstützung bei der Organisation. Sollte es „Bornheim Live!“ in der Zukunft wieder geben, möchte Gütelhöfer gerne seinen Teil beitragen: „Nur vielleicht nicht federführend.“
Dass ich jetzt derjenige bin, der verkündet: ‚Das findet nicht mehr statt‘, natürlich finde ich das schade.
Das Gewerbefest in eine Jobbörse zu verwandeln, sei eine Idee, die im Raum stehe. „Das passt in die Zeit.“ Das gebe Dienstleistern und Einzelhändlern die Möglichkeit, ihr Gewerbe zu präsentieren. Von einer Jobbörse könnten Gewerbetreibende profitieren, meint Gütelhöfer.
„Mein Vater hat das Gewerbefest jahrelang organisiert. Dass ich jetzt derjenige bin, der verkündet: ,Das findet nicht mehr statt‘, finde ich natürlich schade“, sagt Gütelhöfer: „Aber ich bin Realist.“