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„Heilen durch Handauflegen“Bornheimer machen Elektroschrott wieder flott

Lesezeit 5 Minuten
Karlheinz Fischer repariert ehrenamtlich Elektrokleingeräte im Repair Café.

Karlheinz Fischer repariert ehrenamtlich Elektrokleingeräte im Repair Café.

Kaputte Elektrogeräte, Fahrräder, Spielzeuge, Kleinmöbel und Textilen - das Team des Repair Cafés in Bornheim nimmt sich ihrer an. Jeden zweiten Freitag im Monat geben die Ehrenamtlichen ihr Bestes.

Die Idee eines Roisdorfer Repair Cafés entwickelten der Ehrenamtler Karlheinz Fischer und Paul Corrales Braun, seit 2022 Leiter des Bornheimer Innovations- und Nachhaltigkeitszentrums (BINZ), gemeinsam. In den Co-Working-Räumen der Wirtschaftsförderung Bornheim (WFG) an der Johann-Philipp-Reis-Straße 15 fanden sie eine geeignete Adresse und in der WFG und dem Seniorenbeirat Bornheim zudem Unterstützer für ihr Vorhaben. „Die Co-Working-Spaces können individuell angemietet werden. Weil es an den Freitagnachmittagen kaum oder keine Reservierungen gab, zog das Repair Café ein“, so Sabine Malzbender, seit 2012 für die WFG tätig.

Auf dem Wagen befinden sich die Werkzeuge und Ersatzteile die das Repair Café in den Räumen der Wirtschaftsförderung Bornheim braucht.

Auf dem Wagen befinden sich die Werkzeuge und Ersatzteile die das Repair Café in den Räumen der Wirtschaftsförderung Bornheim braucht.

Zuvor war Karlheinz Fischer regelmäßig in Bonn-Rheindorf im Repair Café. Seit vier Jahren ist er nun Rentner und komme dort nicht mehr regelmäßig vorbei. So entstand der Wunsch nach einem Repair Café in der Nähe. Wahrgenommen wird das Angebot vor allem von Leuten aus der Umgebung. Die meisten erfahren durch Mundpropaganda davon. Es gibt auch „Wiederholungstäter“, so Sabine Malzbender. Ihr Ziel sei es, die Kreislaufwirtschaft zu stärken, Ressourcen zu nutzen und zu erhalten, die es bereits gibt.

Karlheinz Fischer hofft auf mehr freiwillige Helfer: Junge Menschen, die sein Herzensprojekt einmal weiterführen werden. Vor der Rente war er Elektrotechniker und -mechaniker. Alle Reparateure im Repair Café seien Ingenieur oder auch Schreiner, so Malzbender:„ Sie alle sind Bastler, jeder mit ganz eigenen Expertise.“ Bei den anfallenden Reparaturen unterstützten sie sich gegenseitig. Komme jemand mal nicht weiter, könne er einfach den Kollegen fragen. „Zusammen kriegen sie (fast) alles repariert.“

Schwierig bis unmöglich werde es, wenn an den Defekt nicht heranzukommen sei. Manchmal müsse das komplette Gerät auseinandergebaut werden, um ein einziges Kabel zu tauschen. Gut sei dann, wenn dem Gerät Unterlagen oder einen Schaltplan beilägen.

Werkzeuge, Ersatzteile und Schrauben liegen bereit für die nächste Reparatur.

Werkzeuge, Ersatzteile und Schrauben liegen bereit für die nächste Reparatur.

Besonders häufig sieht das Team des Repair Cafés kaputte Wasserkocher, elektrische Zahnbürsten, Drucker, Staubsauger, Rasenmäher, Mixer und Nähmaschinen.

Das Repair Café ist immer gut besucht. Häufig würden die Gäste der „Generation, die repariert“ angehören, sagt Sabine Malzbender. So auch Udo Gaentzsch aus Bornheim-Walberberg. Er möchte seinen Mixer reparieren lassen, denn das USB-Kabel lässt sich nicht mehr anschließen. Er habe „selbst schon dran rumgefummelt. Das war wahrscheinlich ein Fehler“. Vom Repair Café habe er in der Bonner Rundschau gelesen und den Mixer direkt eingepackt. Innerhalb von wenigen Minuten hat Alex Paul das Gerät repariert und Udo Gaentzsch ist begeistert. Das USB-Kabel muss allerdings im Mixer steckenbleiben. Das stellt den Bornheimer vor die Frage, wie er künftig seine anderen Geräte, die er gewöhnlich mit demselben Kabel auflädt, anschließt. Schnell recherchiert das Team vom Repair Café für ihn, wo er ein zweites Kabel kaufen kann.

Das gemeinsame Tüfteln mache allen viel Spaß, so Sabine Malzbender. Sie genieße das Leuchten in den Augen der Besitzer und der Reparateure. Auch die Augen von Dagmar Gärtner aus Alfter vermag das Team zum Leuchten zu bringen. Sie ist mit ihrer Nähmaschine gekommen. Dieses Lieblingsstück gebe sie nur ungern aus der Hand. Zur Reparatur einschicken würde sie die Nähmaschine nicht. Denn diese hat sie zur Konfirmation geschenkt bekommen. „Das muss Ende der 60er gewesen sein“, erinnert sich Dagmar Gärtner. Bisher sei die Nähmaschine immer zuverlässig gewesen, jetzt funktioniere sie nicht mehr. Sollten die Reparateure nichts ausrichten können, Dagmar Gärtner würde die Nähmaschine dennoch nicht wegwerfen.

Alex Paul nimmt sich der Nähmaschine an, schaltet sie ein und - siehe da - sie funktioniert. „Heilen durch Handauflegen“, scherzt Sabine Malzbender: „Solche Fälle haben wir hier hin und wieder.“ Dagmar Gärtner ist begeistert. Und weil die „Reparatur“ so schnell ging, bleibt sie noch auf ein Stück selbstgebackenen Kuchen von Brigitte Prell (Seniorenbeirat Bornheim), die nicht nur das Roisdorfer Repair Café mit Kaffee und Kuchen versorgt und so die Wartezeit versüßt, sondern auch noch andere Repair Cafés in der Region unterstützt.

Alex Paul rettet mit jeder Reparatur eine Ressource.

Alex Paul rettet mit jeder Reparatur eine Ressource.

Alice Scherenberg nutzt das Repair Café für einen Ausflug mit ihrer Tochter und dem sechs Monate alten Enkel. „Ich werfe sehr ungern Dinge weg. Deshalb war ich schon länger auf der Suche nach einem Repair Café“, freut sich die Heimerzheimerin. Sie ist beeindruckt: „Dass Leute sich die Zeit nehmen ist genial.“ Die „Erfolgserlebnisse“ mitzubekommen sei einfach schön. Das Repair Café sei die „letzte Hoffnung“ für ihre Elektrogeräte. Leider muss Alice Scherenberg sich von ihrer Personenwaage verabschieden. Die ist wirklich kaputt. „Macht nichts, wir haben noch mehr dabei“, sagt sie und präsentiert eine Stehlampe. Mit dieser hat Alex Paul dann tatsächlich mehr Glück.

Alex Paul gehört zu den ehrenamtlichen Reparateuren und ist jeden zweiten Freitag im Monat im Roisdorfer Repair Café. Seine Motivation: „Ich will dazu beitragen, den Konsum zu reduzieren.“ Er schaut sich ein Objekt an und sieht die Ressource dahinter. „Ich verbringe meine Zeit gut, wenn ich eine Ressource rette. Das sind sonst Kosten, die die Natur trägt.“

Ich verbringe meine Zeit gut, wenn ich eine Ressource rette. Das sind sonst Kosten, die die Natur trägt.
Alex Paul, Ehrenamtlicher Reparateur

Karlheinz Fischer ärgert sich darüber, dass es oft schwierig ist, Ersatzteile in Deutschland zu bestellen. Denn das sei viel teurer als Teile aus China. Häufig sei nur ein Schalter oder ein Kabel defekt. „Das sind Kleinigkeiten“, so Fischer. Schön wäre es, wenn die Hersteller die gängigen Ersatzteile zur Verfügung stellen würden. „Dann wären die Geräte langlebiger.“

Die nächsten Roisdorfer Repair Cafés finden statt am 9. August und am 13. September. Eine Voranmeldung per WhatsApp-Nachricht unter 0152 53019058 oder per Mail an corrales@wfg-bornheim.de sei zwar nicht zwingend notwendig, aber immer gern gesehen. Spontan vorbeikommen geht auch. Das Angebot ist kostenlos. Wer möchte, lässt eine Spende da.