Die Stadt Bornheim hat einenArchivar. Der kann auch deutliche Verbesserungen für Nutzer präsentieren: neue Räume, Handbibliothek, ungestörte Arbeitsplätze und eine Vitrine mit Geschichte in 3 D.
Stadtarchiv BornheimMit Simon Oelgemöller ein paar Etagen aufgestiegen

Stadtarchivar Dr. Simon Oelgemöller präsentiert eine Handbibliothek für den Nutzerraum.
Copyright: Frank Engel-Strebel
Frischer Wind weht seit kurzem im Bornheimer Stadtarchiv: Mit Dr. Simon Oelgemöller gibt es nicht nur einen neuen Stadtarchivar, das Archiv ist nun auch vom Kellergeschoss in die fünfte Etage des Rathauses umgezogen. Damit stehen Nutzern nun zwei separate Räume zur Verfügung, ein Lesesaal mit einer gut bestückten Handbibliothek sowie PC-Arbeitsplätze, um vor Ort im Archiv zu recherchieren sowie der Büroraum von Archivar Oelgemöller und seiner Kollegin Nadine Glaeser, die als Fachangestellte für Medien und Informationsdienste im Archiv arbeitet.
Nur das Magazin bleibt im klimatisierten Keller
Der Magazinbestand bleibt im klimatisierten Keller. Oelgemöller scheint in der Rhein- und Vorgebirgsstadt seinen Traumjob gefunden zu haben. Im Juli trat er die Nachfolge seines Vorgängers Jens Löffler an, der nach sieben Jahren zum NS-Dokumentationszentrum nach Köln wechselte. Eine überschwängliche Leidenschaft und Enthusiasmus schwingen in jedem Satz mit, als Oelgemöller der Rundschau nicht nur die neuen Räumlichkeiten, sondern auch von seiner bisherigen Karriere und seinen Plänen erzählt.

Eine Vitrine mit Exponaten zur Stadtgeschichte.
Copyright: Frank Engel-Strebel
Der 43-Jährige, der in Schwerte bei Dortmund geboren ist, kam ins Rheinland, um in Bonn Geschichte und katholische Theologie zu studieren. Seit sieben Jahren lebt er mit seiner Familie in Bornheim. Das Archivwesen ist ihm nicht fremd: Als Student arbeitete er bereits bei der Kommission für Zeitgeschichte, wo es auch ein kleines Archiv gab, bei seiner Dissertation über den Theologen Karl Forster kam er mit der empirischen Forschung in Berührung und suchte dabei Archive in Köln oder München auf, bekam sogar ein Angebot für eine Archivstelle in Freiburg, die er jedoch ablehnte, da er zu der Zeit bereits als Referent in der Erwachsenenbildung an der Thomas-Morus-Akademie in Bensberg arbeitete: „Mich interessiert die historische Forschung, aber auch, wie man Geschichte den Leuten vermitteln und eine Öffentlichkeit damit erreichen kann.“
Mich interessiert die historische Forschung, aber auch, wie man Geschichte den Leuten vermitteln und eine Öffentlichkeit damit erreichen kann.
Zuletzt arbeitete Oelgemöller im Kreisarchiv Neuwied, ein „Ein-Mann-Archiv“: „Ich kann stolz von mir behaupten, dass ich Leiter dieses Archivs war.“ Dort eignete er sich an, die Archivarbeit zu organisieren, Besucher zu beraten, Bestände digital aufzuarbeiten und zu überlegen, welche Bestände wichtig für ein Archiv sind: „Bevor eine Akte entsteht, muss man wissen, wo sie endet.“ Das heißt es reiche nicht, „einfach mal“ eine Akte anzulegen, die in den Keller kommt, 20 Jahre vergessen wird, weil egal ist, was darin steht. Dies sei auch im Zuge der Digitalisierung wichtig: „Als Kommune müssen wir bürgernah und digital aufgestellt sein, da ist das Archiv eine zentrale Schnittstelle wo Schriftstücke verwaltet und organisiert werden.“ Diesen Prozess hatte er in Neuwied begleitet.

7. August 2025. Bornheim. Das Stadtarchiv ist umgezogen. Vor den neuen Räumlichkeiten hat der neue Archivar Dr. Simon Oelgemöller mit seiner Kollegin Nadine Glaeser eine Vitrine mit Exponaten zur Stadtgeschichte eingerichtet. Foto: Frank Engel-Strebel
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Als Oelgemöller las, dass die Stelle des Bornheimer Stadtarchivars vakant war, bewarb er sich nicht zuletzt auch deswegen darauf, weil er damit eine qualifizierte Arbeit direkt vor der Haustür hätte. Zuvor pendelte er jeden Tag 160 Kilometer von Bornheim nach Neuwied und zurück: „Glücklicherweise bin ich nun seit dem 1. Juli hier und ich konnte bereits erste Akzente setzen.“
Er brennt für seinen neuen Job. Die neuen Impulse konnte Oelgemöller gemeinsam mit Nadine Glaeser nicht zuletzt durch den Umzug im Rathaus umsetzen. Dieser wurde möglich, so Pressesprecher Christoph Lüttgen, weil die technischen Abteilungen vor einigen Monaten in das neue Technische Rathaus nach Kardorf umgezogen sind und damit Kapazitäten an der Rathausstraße in Roisdorf frei wurden. Zunächst stellte sich Oelgemöller die Frage nach dem „warum“: „Entscheidend ist für mich, dass ich gucke, was ist mein Sprengel, was ist meine Institution, was ist mein Rahmen? Für mich ist Bornheim die Summe seiner Einzelteile.
Anlaufpunkt für jeden Besucher
Jeder Besucher soll hier im Archiv einen Identifikationspunkt, eine Anlaufstelle haben, wo er seine Geschichte wiederfindet.“ Hinzu kommen natürlich die klassischen Verwaltungsaufgaben. Die Einrichtung eines Archivs gehöre zu den Pflichtaufgaben einer Kommune, erklärte Oelgemöller, der die Lokalgeschichte besonders faszinierend findet: „Es ist immer von der großen Geschichte die Rede. Für mich ist die Frage spannend: Wo bricht sich das Große im Kleinen? Wenn man die Lokalgeschichte nicht nur als Solitär betrachtet, sondern auch in das Große einordnet, dann wird es spannend.“ Daher ist es Oelgemöller wichtig, Archivarbeit nicht auf Akten, Dokumente und Literatur zu beschränken, sondern auch Exponate aus der Historie zu präsentieren, quasi „Archivarbeit in 3 D“, wie er sagt. Dafür hat er gemeinsam mit Nadine Glaeser eine Vitrine vor den neuen Archivräumen mit Ausstellungsstücken eingerichtet. Viele Möglichkeiten bieten auch die neuen Räume.
Bislang waren die Büros im Kellergeschoss nicht abgetrennt. Dies entsprach auch nicht der DIN-Norm für Archive, erläutert Oelgemöller. Die Einhaltung des Datenschutzes sei dort bislang kaum möglich gewesen. Nun können Besucher vertraulich, unter vier Augen mit dem Archivar ihre Anliegen besprechen, denn meistens gehe es um Ahnenforschung. Gleichzeitig können in dem Nachbarraum ungestört recherchieren. Dafür hat Oelgemöller eine Handbibliothek eingereichte. Dort sind die wichtigsten Bücher und Chroniken zur Stadtgeschichte und zu den einzelnen Dörfern einsortiert.

Dr. Simon Oelgemöller und seine Kollegin Nadine Glaeser vor einem Gemälde von Gerhard Ditz.
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Auch optisch wirkt alles nicht nur wegen der lichtdurchfluteten Räume einladender, die Wände zieren drei bekannte Werke des Waldorfer Heimatmalers Gerhard Ditz (1913–1985), die anlässlich seines 40. Todestages dort aufgehängt wurden. An der gegenüberliegenden Wand sollen demnächst mehrere Karnevalsorden präsentiert werden. In den kommenden Wochen möchte sich Oelgemöller ein breites Netzwerk aufbauen, auch den Kontakt zu den Heimatforschern intensivieren und Veranstaltungen organisieren: „Ich bin froh, dass mein Kollege eine großartige Vorarbeit geleistet hat, gerade auch im Hinblick auf die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte in Bornheim. Da gibt es viele Anknüpfungspunkte und ich trete in große Fußstapfen.“