Veränderte EinkaufsgewohnheitenBoom bei den Bio-Kisten wegen Corona in Meckenheim

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Und los geht’s: Roman Stein (l.) fährt die Kisten aus, die Michaela Bier (r.) und Lothar Krämer (r. unten) zusammengestellt haben.

Und los geht’s: Roman Stein (l.) fährt die Kisten aus, die Michaela Bier (r.) und Lothar Krämer (r. unten) zusammengestellt haben.

Meckenheim – Corona stellt so einiges auf den Kopf, auch das Einkaufsverhalten vieler Menschen. Bringdienste für Lebensmittel erleben in Zeiten der Pandemie einen enormen Boom – das gilt beispielsweise auch für den Meckenheimer Landwirt Lothar Krämer und seine Bio-Kisten.

Äpfel und Birnen aus eigenem Anbau , Apfelsaft und Honig aus eigener Imkerei, ergänzt von Eiern und Butter, Käse, Milch und Brot sowie mehr als ein Dutzend Obst- und Gemüsesorten von Kollegen aus der Region – die Auswahl an Produkten in Demeter- und Naturlandqualität, mit denen Krämers Bio-Kisten befüllt werden, ist enorm und in Zeiten von Corona weiter gestiegen. Vor der Pandemie koordinierte Michaela Bier, Schwester des Hofbesitzers und zuständig für Hofladen und Bio-Kisten, einige Dutzend Abonnenten. Im Frühjahr stieg die Anzahl der Kunden, die sich ihre Lebensmittel direkt vor die Haustür liefern lassen, in wenigen Wochen um satte 75 Prozent.

Entspannung pendelte sich im Sommer ein

„Das war eine echte logistische Herausforderung“, beschreibt es Michaela Bier. Nicht nur das Vertriebskonzept musste angepasst und die Planung der Packtage geändert werden, auch der Großhändler brauchte mehr Vorlauf bei den Bestellungen. Durch die Entspannung im Sommer pendelte sich die Anzahl der Bio-Kisten wieder auf eine zu bewältigende Menge ein, um im momentanen Teil-Lockdown erneut anzusteigen.

Warum der Bedarf an Lebensmitteln aus ökologischer Landwirtschaft in der aktuellen Krise zugenommen hat, darauf hat Michaela Bier, gelernte Schreinerin und Diplom-Kauffrau, keine abschließende Antwort. Die 44-Jährige konnte allerdings feststellen, dass sich unter den Neukunden Senioren und Leute mit Immunschwächekrankheiten befanden, die zu den Risikogruppen gehören. Darunter waren auch „einige wenige ältere Stammkunden, die sich nicht mehr vor die Tür trauten und die dann unseren Lieferservice genutzt haben“.

Es wurde mehr selbst gekocht

Einige seien zu „Mischkunden“ geworden, das heißt, sie kaufen im Geschäft ein und beziehen zusätzlich eine wöchentliche Lieferung. Als weitere Möglichkeit für die gestiegene Nachfrage zieht das Hofladen-Team in Betracht, dass während des vollständigen Lockdowns im Frühjahr sehr viele Menschen zu Hause geblieben sind, selbst gekocht haben und deswegen schlicht mehr Lebensmittel benötigt wurden. Die Bestellung erspart den Weg zum Laden. Gestützt wird diese Theorie von der Tatsache, dass im Hofladen Trockenprodukte wie Reis, Mehl und Kidney-Bohnen im Sommer zeitweise ausverkauft waren. Im Frischebereich habe es zu keiner Zeit Engpässe gegeben.

Lieferant für Gemüse und Käse ist das „Haus Bollheim“ in Zülpich. Dort werden wie auf den Plantagen des Bio-Landwirts Krämer Nahrungsmittel in Demeter-Qualität angebaut. Das ist der höchste Standard für Produkte aus biologisch-dynamischer Landwirtschaft: „Von deren Qualität sind wir überzeugt.“

Roman Stein (l.) fährt die Kisten aus.

Roman Stein (l.) fährt die Kisten aus.

Momentan ist das Angebot an saisonalem Gemüse riesengroß. „Es gibt Endiviensalat, Spinat, rote Beete, Steckrüben, Zwiebeln, zahlreiche Kohlsorten und Hokaidos ohne Ende“, zählt Michaela Bier von ihren Bestellzetteln ab. Die Rosenkohlernte habe zwar noch nicht begonnen, angeboten werden allerdings viele andere Kohlsorten wie Wirsing, Blumen- und Spitzkohl sowie Brokkoli. Exoten wie Weintrauben, Avocado, Kiwi, Bananen und Co. liefert der Großhändler.

Bestellung wird online aufgegeben

Die Zusammenstellung der Kisten ändert sich wöchentlich. Geliefert wird mit dem Auto montags bis freitags nicht nur in die sechs linksrheinischen Kommunen, sondern auch ins Rechtsrheinische bis nach Rheinbreitbach. Die Übergabe der Lebensmittel erfolgt kontaktlos. Donnerstags wird der Kisteninhalt der kommenden Woche angezeigt, den sich der Kunde online mit einem Klick genauer anschauen kann.

Bio-Kisten gibt es in allen Größen und mit unterschiedlichen Inhalten, nicht alle werden als Abonnement bezogen. Die angegebenen Zusammensetzungen seien nur Vorschläge, so Bier, jeder könne sich seine ganz individuelle Kiste zusammenstellen und zur jeweiligen Einzelbestellung auch Produkte aus dem Hofladen hinzufügen. Die Bezahlung erfolgt per Bankeinzug. Als große Hilfe bei der Organisation empfinden die Hofladen-Mitarbeiter die Online-Bestellung.

Vor allem Ältere brauchten bei der Registrierung Hilfe

Allerdings kommen nicht alle Menschen mit solcher Technik zurecht, und nicht jeder hat einen Computer zu Hause. Vor allem Ältere hätten bei der Registrierung online Hilfe benötigt, erläutert die Hofladenleiterin. Aus diesem Grund seien einige Senioren im Sommer dann doch abgesprungen, da keine telefonischen Bestellungen entgegengenommen werden: „Das ist nicht leistbar.“ Beschäftigt werden aktuell fünf Packer und sechs Fahrer, einer wurde neu eingestellt.

Aufträge hat der Hof wegen Corona nicht eingebüßt

Die rund ein Dutzend Verkäuferinnen im Hofladen werden ergänzt von drei Mitarbeitern im Büro, die die Bestellungen für die Bio-Kisten und den Hofladen entgegennehmen. Mit dieser Besetzung könnten noch weitere Neukunden aufgenommen werden, „aber nicht mehr unendlich viele“, erklärt Michaela Bier.

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Aufträge habe der Hof wegen Corona nicht eingebüßt, nur die Lieferung an eine Kita habe zeitweilig eingestellt werden müssen. Auch das befürchtete Minus wegen der Dauer-Baustelle genau vor der Tür, die kurz nach der ersten Corona-Welle in der Bonner Straße eingerichtete worden war, sei weniger schlimm ausgefallen als gedacht: „Viele fanden aber die Zufahrt zum Hof nicht direkt.“

www.biokiste24.de

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