4000 TeilnehmerEindrucksvolles Statement für Demokratie in Rheinbach

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Demo gegen Rechts: In Rheinbach kamen 4000 Teilnehmer zusammen. Die Organisatoren waren überwältigt von der Resonanz

Demo gegen Rechts: In Rheinbach kamen 4000 Teilnehmer zusammen. Die Organisatoren waren überwältigt von der Resonanz

Bürgermeister Ludger Banken gestand, er habe eine Gänsehaut beim Anblick der Massen von Menschen, die auf dem Himmeroder Wall für Demokratie und Freiheit einstanden. Er appellierte, auch im Alltag so engagiert gegen Rassismus und Hetze vorzugehen,

Tausende waren am Sonntag zum Himmeroder Wall gekommen, um dort vor dem Glasmuseum friedlich gegen Rechtsextremismus und für Demokratie zu demonstrieren. Mit hochgehaltenen selber gefertigten Plakaten skandierten sie: „Lieber Kunterbunt als Kackbraun“ und „Arsch hoch gegen rechts“. Alt und Jung schwenkten bunte Regenbogenfarben, fassten sich um die Schultern und applaudierten begeistert, als die Redner auf der Bühne zu Solidarität aufriefen. „Wir müssen uns entschieden für eine Gesellschaft einsetzen, die auf den Prinzipien von Toleranz, Freiheit und Gerechtigkeit basiert“, sagte etwa Rheinbachs Vize-Bürgermeister Karl Heinz Kerstholt (SPD), dem die Menschen zujubelten, als er anfügte: „Wir wollen nicht zu denjenigen gehören, die damals sagten: „Wir haben nichts gewusst’“ 

Auf der "Demo gegen Rechts" in Rheinbach, Himmeroder Wall, wollen auch Nicole Hardt aus Oberpleis und Nadine Zangerle aus Rheinbach für die Demokratie einstehen.

Auf der Demo gegen Rechts in Rheinbach, Himmeroder Wall, standen auch Nicole Hardt aus Oberpleis und Nadine Zangerle aus Rheinbach für die Demokratie ein.

Rheinbachs Bürgermeister Ludger Banken dankte allen Anwesenden für Ihre Teilnahme an der von dem Bürger Jürgen Lüdemann organisierten „Demo gegen rechts“. „Sie sind hier, wie meine Familie und ich auch, um ein klares Bekenntnis gegen Rechtsextremismus und gegen den Angriff auf unsere Demokratie zu setzen: Wir lassen uns das nicht bieten!“ Bedenklich seien die aktuellen politischen Entwicklungen, bei denen es Geheimtreffen von Nazis gebe und der Begriff „Remigration“ offen in der AfD diskutiert werde. Hinter dem Unwort stehen Pläne zur Vertreibung von Millionen von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland: „So etwas hatten wir vor 80 Jahren, so etwas wollen wir nicht wieder haben“, sagte Banken eindringlich. Es gelte, dem „unerträglich braunen Gedankengut“ mit Vehemenz entgegenzutreten, wachsam zu sein, nicht wegzuschauen und gegen die Tendenzen anzugehen, bevor daraus Strömungen, reißende Bäche und Fluten entstünden: „Das dürfen wir nicht zulassen!“

Demonstrant Gero Hartwig hält sein selber gefertigtes Pappschild in die Höhe: "Herz & Hirn statt Hass und Hetze"

Demonstrant Gero Hartwig hält sein selber gefertigtes Pappschild in die Höhe: 'Herz & Hirn statt Hass und Hetze'

 Organisator Jürgen Lüdemann, der sich als SPD-Ortsvereins-Vorsitzender für bürgernahen Dialog einsetzt, versicherte, dass er die Veranstaltung als Privatmann angemeldet habe: „Ich stehe hier, um mit euch gemeinsam ein positives Zeichen zu setzen für eine offene, vielfältige Gesellschaft, in der alle Menschen respektvoll miteinander leben können.“ Aber wieso bekämen die Rechten eigentlich plötzlich soviel Zulauf? Dieser Frage ging der emeritierte Kölner Psychologieprofessor Gerd Wiendieck nach, dem der FDP-Stadtverbandsvorsitzende Christoph Maurer gerne einen Großteil seiner Redezeit überließ. Aus einst 23 rechtsradikalen Parteien, die sich nach dem zweiten Weltkrieg entwickelt hätten, habe es nur die AfD geschafft, nach vorne zu kommen. „Ich glaube, dass diese Partei den schleichenden Weg zur Macht perfektioniert hat“, so Wiendieck, der am Tag der Demonstration seinen 82. Geburtstag beging. Der Wirtschafts- und Sozialpsychologie warnte angesichts der Konferenz in Potsdam erneut vor der „Banalität des Bösen“, wie es die Politikwissenschaftlerin Hannah Arendt schon im Zusammenhang mit der Wannsee-Konferenz 1942 getan hatte, bei der die Ermordung der europäischen Juden beschlossen worden war. „Auch in Potsdam diese Haltung, da ist er: Der Wolf im Schafspelz.“ Christoph Maurer seinerseits warnte vor dem Einzug der „völkischen Rede“ in den Sprachgebrauch: „Das ist verwerflich.“ Erich Mosblech vom UWG-Stadtverband forderte dazu auf, im täglichen Leben und in den sozialen Medien den Kräften ein Stoppschild zu zeigen, die nicht demokratisch seien: „Zeigen wir Beherztheit und Mut, dann werden wir viele zum Schweigen bringen.“ 

Tausende waren gekommen zur Demo gegen Rechts in Rheinbach auf dem Himmeroder Wall

Tausende waren gekommen zur Demo gegen Rechts in Rheinbach auf dem Himmeroder Wall

Rheinbachs zweiter stellvertretender Bürgermeister Markus Pütz (CDU) erinnerte daran, dass der Rheinbacher Stadtrat auf Vorschlag des damaligen Bürgermeisters und heutigen Ehrenbürgers Stefan Raetz bereits im Jahr 2000 eine Resolution gegen Extremismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit erlassen und damit „ein Zeichen gegen rechts“ gesetzt hatte. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende und Ratsherr Dr. Nils Lenke machte deutlich, dass die ‚Alternative für Deutschland‘ aktuellen Umfragen zufolge von 20 Prozent der Menschen bei der nächsten Wahl gewählt werden würde. Das wäre übertragen auf Rheinbach ungefähr jeder fünfte, der die AfD wählen würde. Lenke riet dazu, diese AfD-Anhänger „mit Fakten und mit Zuhören aus ihrer Ecke zu holen“, denn auch unter diesen Menschen seien Nachbarn und auch sie hätten Familien. „Lasst uns gemeinschaftlich versuchen sie zurückzuholen und nicht auszugrenzen, um zu zeigen, dass es andere Probleme gibt als Migration!“

Als Vorsitzender der Partnerschaft des Friedens zwischen Rheinbach und Douaumont-Vaux (Verdun) stand Stefan Raetz für demokratische Werte, für Freiheit, für Weltoffenheit „und die Zukunft unserer Kinder“. Der Ehrenbürger forderte ebenfalls zur Kommunikation auf: „Redet mit Bekannten und Freunden!“

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