725 Jahre RheinbachFest zum Jubiläum bietet tiefe Einblicke in die Stadtgeschichte

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Stadtfest 725 Jahre. Im Hexenturm zeigten Pascal Link (links) vom Verein Terra Coloniensis und Julius Farhumand von den Rheinbacher Pfadfindern wie im Mittelalter Schach gespielt wurde. Foto: Frank Engel-Strebel

725 Jahre Rheinbach: Im Hexenturm zeigten Pascal Link (links) vom Verein Terra Coloniensis und Julius Farhumand von den Rheinbacher Pfadfindern wie im Mittelalter Schach gespielt wurde.

Wie war das damals in Rheinbach, vor 725 Jahren? Historische Persönlichkeiten erzählten es bei einem vergnüglichen Talk zum Stadtjubiläum. 

Schon im Mittelalter galt das Schachspiel als das edelste aller Spiele. Damals noch unter der Bezeichnung „Shatranj“ kam es aus dem arabischen Raum im 9. Jahrhundert nach Europa.

Die figürliche Darstellung, wie wir sie heute kennen, gab es seinerzeit noch nicht. So galt die Dame als Berater des Königs, der Turm war ein Streitwagen und die Läufer waren Kriegselefanten. Wer am Sonntag den Mut hatte, den altehrwürdigen Hexenturm zu Rheinbach zu erklimmen, der erfuhr während des Aufstiegs von Pascal Link auch Spannendes zur Geschichte des beliebten taktischen Brettspiels.

Link ist Vorsitzender des Kölner Historienvereins „Terra Cooniensis“ und hat die Figuren nach mittelalterlichem Vorbild aus Lindenholz selbst geschnitzt und bemalt. Begeistert war auch Julius Farhumand von den Rheinbacher Pfadfindern, der eine Partie mit Link spielte.

Das war nur eine von vielen interessanten Attraktionen, die den Hunderten von Besuchern beim historischen Stadtfest am Sonntag in Rheinbach geboten wurde. 725 Jahre ist es 2023 her als an Ostern am 5. April 1298 der Kölner Erzbischof  Wigbold und der Abt von Prüm Rheinbach die Stadtrechte verlieh. Erstmals tauchte in einer Urkunde damals für Rheinbach die lateinische Bezeichnung „oppidum“ für Stadt auf.

Dieses Jubiläum galt es natürlich gebührend zu feiern mit einem vielseitigen Programm, organisiert von den Freunden des Archivs der Stadt Rheinbach und vom Gewerbeverein Rheinbach, der zu einem verkaufsoffenen Sonntag in die Innenstadt geladen hatte.

Ritter legte den „Keim für das prächtig blühende Städtchen“

Wer das Fest besuchte, der konnte tief eintauchen in die Stadtgeschichte. Gleich viermal spielte ein Ensemble im Himmeroder Hof die Geschichte der Stadtwerdung der heutigen Glasstadt nach. Den Fragen von Moderator Heiko Hecking stellten sich der Kölner Erzbischof, dargestellt von Schauspieler Robert Heller, der Abt von Prüm, verkörpert durch Schauspieler Fred Paral und Theoderich, Ritter zu Rheinbach, der wie er sagte, den „Keim für das im Jahre 2023 prächtig blühende Städtchen gelegt hat.“

In die Rolle des Recken war Stadtarchivar und Mitorganisator des Festes Dietmar Pertz geschlüpft. Der gab als Ritter Theoderich den Rheinbachern am Ende der Talkrunde mit auf den Weg: „Ein Dreivierteljahrtausend ist vergangen. Die Menschen haben geliebt, sich gestritten und sich wieder zusammengerauft. Die Stadt litt unter Kriegen, Feuersbrünsten und anderen Katastrophen. Trotzdem wuchs sie immer weiter. Im Kern aber behielt sie das Flair aus der Zeit, in der wir Ritter und Herren von Rheinbach das Sagen hatten. Geht mit der Zeit, aber bewahrt das historische Erbe.“

Zu diesem historischen Erbe gehört auch die Kunst der Bleiverglasung, die die Rheinbacher Glaskünstlerin Helga Feuser-Strasdas ihren interessierten Gästen erklärte. Sie zeigte, wie die Rahmen aus Blei gebogen werden, die Ecken mit Zinn und Lötfett verbunden werden und Glas mit Kitt zusammengehalten wird: „Das funktioniert wie ein Puzzlespiel.“

Stockbrotbacken, Mittelalterquiz und  Armbrustschießen

Beliebt bei vielen Familien mit Kindern war das Stockbrotbacken am offenen Lagerfeuer, das der Rheinbacher Eifelverein organisiert hatte. Neben einem Mittelalterquiz konnten sich die Besucher auch im Lanzenstecken und Armbrustschießen üben. Natürlich alles kindgerecht. Eigens für dieses Fest hatte die Eifeljugend das Modell einer historischen Burg, eine „Schieß-Burg“, wie Stefan Lüger vom Eifelverein sagte, vorbereitet. Einen Tipp, wie auch Ungeübte ins Schwarze treffen, hatte Lüger auch: „Man vorher muss nur ausreichend Zielwasser trinken.“

Auch der Kindergarten Wibbelstätz hatte so manches vorbereitet, etwa eine Fotowand mit Gucklöchern, wo sich Menschen als Ritter von Rheinbach ablichten konnten. Einige Marktstände mit zeitgenössischen Angeboten hatten sich um den Hexenturm gruppiert. Wer wollte, konnte Wappen malen, sich über das bäuerliche Leben im Mittelalter informieren oder einem Steinmetz über die Schulter gucken.

Und ganz Mutige, die durften an diesem besonderen Tag sogar den 35 Meter hohen Hexenturm erklimmen. Wer die unbenenen Stufen – DIN-Normen gab es im Mittelalter noch nicht – und den engen Weg hinauf geschafft hatte, dem bot sich durch die Fensterluken im vierten Obergeschoss ein fantastischer Panoramablick über die Stadt und die Eifel.

Verkaufsoffener Sonntag rundet Fest ab

Auf den Zwischenetagen war ebenfalls für Programm gesorgt, vom eingangs erwähnten mittelalterlichen Schachspiel bis zu einer Waffenschau. Es lohnte sich aber auch der Abstieg nach ganz unten ins Verlies, wo seinerzeit die im Kerker eingeschlossen Hexen ihrer Verurteilung ausharren mussten.

Vom Rheinbacher Sommer bekannt ist das Ensemble „Rampenwutz“, das vor dem Kirchplatz in historischen Gewändern ein heiteres Geschichtsstück rund um den „Historischen Bürgereid“ aufgeführt hat: „Für uns war es eine schöne Auftragsarbeit, die uns sehr viel Spaß gemacht hat“, sagte Christina Stephan, die die Theatergruppe 2018 mit Raoul Migliosi gegründet hatte. Mit ihr auf der Bühne standen noch Julia Breier, Andrea Schyboll, Sasha Bornemann und Michael Mardagan. Das Besondere: Die Schauspieler überraschten bei allen vier Aufführungen jeweils einen Nicht-Rheinbacher und „bürgerten“ ihn ein, nachdem dieser dem „Bürgermeister“ den historischen Bürgereid geschworen hatte.

Abgerundet wurde das Fest durch einen verkaufsoffenen Sonntag. Zahlreiche Besucher verschafften sich einen Eindruck über das vielfältige lokale Angebot vor und genossen die kulinarischen Leckereien der Rheinbacher Gastronomen.

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