Ein neues Zuhause für 600 MenschenSo entwickelt sich das Pallotti-Areal in Rheinbach

Knapp zehn Prozent öffentlich geförderter Wohnraum wurden für das Baugebiet festgelegt.
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Rheinbach – Gegen die Stimmen der SPD beschloss der Rheinbacher Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen den Bebauungsplan zum künftigen Areal auf dem früheren Pallotti-Gelände. Zuvor hatte das Gremium über die im beschleunigten Verfahren eingebrachten Stellungnahmen entschieden. Der Stadtrat hat nun in seiner nächsten Sitzung am 28. Juni das letzte Wort.
Einmal mehr hatte die SPD zuvor ihre Bedenken hinsichtlich der nach ihrer Ansicht ungelösten Verkehrsproblematik thematisiert. Ute Krupp sagte voraus, dass es am Voigtstor zu viel Lärm geben werde und widersprach damit dem Gutachten, das aufzeigt, dass die Grenzwerte nicht überschritten würden. Zudem werde die geplante Ampel an der Einmündung der Pallotti-Straße auf die Straße „Vor dem Voigtstor“ zu noch längeren Staus führen, was wiederum mehr Abgase und größeren Lärm verursache. Nicht verstehen konnte sie, dass keine Alternativen hierzu geprüft worden seien.
Café, Kinderarztpraxen und Apotheke sind geplant
Zumal mit dem Jugendmedizinischen Zentrum, das auf dem ehemaligen Gärtnereigelände entstehen soll, zusätzlicher Mehrverkehr über diesen Knotenpunkt geführt werden solle. In dem Zentrum soll es nicht nur ein Café und eine Apotheke sowie Schulungs- und Sporträume geben, sondern auch mehrere Praxen für verschiedene Kinderärzte. Allerdings hatte es noch im April ergänzende Gutachten zur Verkehrssituation gegeben, die dem Knotenpunkt trotzdem mit Ausnahme der abendlichen Verkehrsspitze eine befriedigende bis gute Leistungsfähigkeit bescheinigten.
Dass der Anteil des öffentlich geförderten Wohnraums auf weniger als zehn Prozent des gesamten Baugebiets festgelegt wurde, gefiel den Sozialdemokraten ebenfalls nicht. Sie hätten sich mindestens 15 Prozent öffentlich geförderten Wohnraum gewünscht. Auch dies führte dazu, dass die Sozialdemokraten dem Bebauungsplan insgesamt ihre Zustimmung versagten.
Auf dem 5,3 Hektar großen Gelände sollen insgesamt 285 Wohneinheiten entstehen, in denen künftig etwa 600 Menschen ihr Zuhause finden sollen. In dem zur Schützenstraße hin gelegenen Abschnitt soll es „Wohnen im Grünen“ geben, ganz ohne Straßen und Autos, lediglich Fußwege sollen dort die Gebäude verbinden. Allerdings gibt es dort unterirdisch eine große Tiefgarage, die von der Schützenstraße aus angefahren wird, und von der aus man mit dem Aufzug direkt in die eigene Wohnung emporfahren kann – so zumindest der Plan.
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Eher in gewohnter Reihenhaus- und Mehrfamilienhaus-Bauweise soll der Teil zwischen Turnhalle und Stadtpark entwickelt werden, wo sich das neuere Schulgebäude des Pallotti-Kollegs befand. Direkt daneben will man auch einen Kindergarten errichten. Im Mittelpunkt steht ein urbaner Riegel zwischen dem alten Gymnasialgebäude über die Kirche hinweg bis fast zur Marienkapelle. In diesem Bereich soll eine dreigeschossige Bebauung plus Dachgeschoss in Form von drei hintereinandergereihten, rechteckigen Hofquartieren in unterschiedlicher Ausprägung entstehen.
Diese bestehen jeweils aus zwei bis vier Baukörpern, die zusammen ein rechteckiges Gebäudeensemble mit Innenhofbereich ergeben. Dazwischen bildet die Pallottikirche eine Art architektonisches Gegenstück, da dort der Innenbereich bebaut und der Außenbereich frei ist. Die notwendigen Kfz-Stellplätze sollen in mehreren Tiefgaragen untergebracht werden. Axel Nagel (Grüne) konnte den Ausschuss für seinen Vorschlag gewinnen, die Fassaden zu krönen, helle Dachziegel zu verwenden sowie eine insekten- und fledermausfreundliche Beleuchtung zu installieren. Das hatte auch der Rhein-Sieg-Kreis bereits in seiner Stellungnahme angeregt.
Voraussichtlich Ende Juni werde das noch vorhandene ehemalige Schulgebäude des Pallotti-Gymnasiums dem Erdboden gleichgemacht, erklärte Sandra Joern von der BPD Immobilienentwicklung GmbH (Köln), die das Baugebiet entwickelt. Anschließend will man zügig die Erschließungsarbeiten aufnehmen und auch die Marienkapelle wieder an die Stromversorgung anschließen, damit in der kühleren Jahreszeit wieder eine Beheizung möglich wird. Der Vertrieb für die rund 285 Wohneinheiten werde voraussichtlich Ende dieses Jahres starten, mit der Fertigstellung des ersten Bauabschnitts rechnet sie ab 2023.
Marienkapelle soll dauerhaft erhalten bleiben
Etwas klarer scheint nun auch die Zukunft der beiden Gotteshäuser auf dem Gelände zu sein. Die mittlerweile profanierte Pallotti-Kirche werde aller Voraussicht nach zum Denkmal erklärt und damit auf Dauer erhalten bleiben, so der stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende Dr. Nils Lenke (Grüne). Mittlerweile habe das LVR-Amt für Denkmalpflege den Denkmalwert der Zeltkirche gutachterlich festgestellt und daraufhin die Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Rheinbach beantragt. Der Stadtrat müsse diesem Antrag zwar formal noch zustimmen, habe dabei nach Auskunft der Stadtverwaltung allerdings keinen Ermessensspielraum, sondern sei als Untere Denkmalbehörde von Gesetzes wegen zur Eintragung verpflichtet. Doch zuvor soll der künftige Grundstückseigentümer angehört werden. Bekanntlich wollen die Pallottiner das noch in ihrem Besitz befindliche Teilgelände zwischen dem alten, denkmalgeschützten Gymnasialgebäude und der Pallotti-Kirche verkaufen, haben aber bislang noch keinem der Interessenten den Zuschlag erteilt.
Die bereits seit längerem unter Denkmalschutz stehende Marienkapelle auf dem hinteren Teil des Geländes soll ebenfalls dauerhaft erhalten werden, wozu die künftigen Eigentümer von Wohnungen auf dem Pallotti-Areal ihren Beitrag leisten sollen. Die Trägerschaft der Kapelle soll nämlich auf die künftigen Eigentümer übergehen, stellt sich die BPD vor. Wenn – wie geplant – die Instandhaltung der Marienkapelle über einen Teil des Hausgeldes sichergestellt werde, würden stets ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, so Projektentwickler Markus Kalscheuer. Er sei jedenfalls ausgesprochen zuversichtlich, dass die zukünftige Erwerbergemeinschaft eine solide und zuverlässige Basis für den Erhalt der Marienkapelle darstelle. (jst)