Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Einsatzwagen aus Oberdrees in der UkraineMit Tempo 80 ins Kriegsgebiet

4 min
Übergabe von Feuerwehr- und Krankenwagen aus Rheinbach an Valentin.

Übergabe von Feuerwehr- und Krankenwagen aus Rheinbach mit Valentin (blaues Shirt).

Helferteam um Alfred Eich hat das vierte Feuerwehrfahrzeug und einen Krankenwagen samt Hilfsgütern in die Ukraine überführt.

Die Strapazen waren Alfred Eich nach der erneuten Tour in die Ukraine anzumerken. Wieder haben er und Mitstreiter der Organisation „Rheinbach hilft“ ein ausgedientes Feuerwehrfahrzeug aus der Glasstadt in das umkämpfte Land gebracht, diesmal zusätzlich auch einen ausrangierten Krankenwagen, und jeder Freiraum vollgestopft mit Hilfsgütern. Zudem hatte der engagierte Senior aus dem Rhein-Sieg-Kreis eine Sommerfreizeit für Kinder aus dem Kriegsgebiet auf die Beine gestellt. Freude und Dankbarkeit der Spendenempfänger treiben die Helfer zu immer neuen Taten.

Vier Tage zuvor war die kleine Truppe mit den beiden Spendenfahrzeugen und dem vereinseigenen Ford-Lieferwagen aufgebrochen: Andreas Classen, Manuel Negele, Frank Kremer und der Ukrainer Valentin begleiteten Alfred Eich. Das ausrangierte Löschfahrzeug aus Oberdrees hatte bereits beim Betanken in Odendorf für Aufsehen gesorgt. Das kleine Löschgruppenfahrzeug, ein LF10, war sofort von einem Feuerwehrfan erkannt worden. Schließlich stand die Kennung „RHB 5“ für Oberdrees noch auf der Frontscheibe. So ist Löschgruppenführer Peter Klein nun nicht der Einzige, der bereits auf Fotos aus dem neuen Einsatzgebiet wartet.

Allerdings wurde das Betanken zu einem häufig wiederkehrenden Ereignis. Denn der Treibstofftank ist beim LF10 nicht auf lange Fahrten ausgelegt. So musste die Überführungscrew ihre Strecke immer gut planen, um Nachschub zu haben, zumal der Motor 25 Liter auf 100 Kilometern schluckte, und die Höchstgeschwindigkeit bei Tempo 80 lang. Letztlich bereiteten auch Kupplung und Gaszug trotz der Generalüberholung vor dem Start Probleme. Beide hingen mal fest. Vielleicht kein Wunder nach mehr als 20 Dienstjahren und 37.000 Kilometern auf der Uhr trotz Kurzstreckenbetriebs. 

Der Feuerwehrwagen aus Oberdrees biegt zum Übergabeort in der Ukraine ab.

Der Feuerwehrwagen aus Oberdrees biegt zum Übergabeort in der Ukraine ab.

Den gelben Krankenwagen, den die Crew ebenfalls in die Ukraine brachte, kennen auch viele noch aus Rheinbach. Der Geschäftsmann Ferdinand Pfahl hatte ihn in den Niederlanden erworben und in der Coronazeit als Bus für Infektionstests genutzt. Nun war das Fahrzeug eine Spende für den Rettungsdienst im Raum Charkiw.

Die immer wieder bombardierte Stadt in der Ostukraine war aber diesmal nicht das Ziel der Rheinbacher Crew. „Vor Ort gibt es ja ein zweites Rheinbach hilft, das derzeit aus 25 befreundeten Ukrainer besteht“, erklärte Eich. So war diesmal ein Treffen auf sicherem Gebiet vereinbart worden. In Lutsk, etwa 250 Kilometer hinter der polnisch-ukrainischen Grenze. In Polen hatte der Konvoi übernachtet und auch Hilfe für die technischen Problemchen gefunden. So war an dem Krankenwagen auf VW Chassis ein Ventil kaputtgegangen. Am Sonntagmorgen fand sich für 100 Euro Hilfe. Ein Monteur nahm das defekte Rad mit und kam mit intaktem Rad zurück.

Auf der Rücktour mussten die Rheinbacher vier Stunden an der Grenze warten. Die Einreise hatte nur 15 Minuten gedauert. Währenddessen kamen die Spendenfahrzeuge mit neuer Besatzung am Ziel in Charkiw an. Nun sind dort bereits vier ehemalige Rheinbacher Feuerwehrfahrzeuge im Dienst. Zwei waren zwar zwischenzeitlich mal schwer lädiert, doch die sehen laut Alfred Eich wieder wie neu aus. Ein kleineres war beherzt von Ukrainern aus einer brennenden Scheune gerettet worden, indem es per Auto und Seil dort herausgezogen wurde. Das größere wäre hierzulande vielleicht mit eingedrücktem Dach aufgegeben worden, nachdem infolge einer Bombendetonation Gebäudeteile auf das Fahrzeug gestürzt waren. Doch „Rheinbach hilft“ gab Geld für eine Reparatur vor Ort und vermittelte Unterstützung durch den Fahrzeughersteller. So war letztlich für bloß 1500 Euro eine Reparatur erfolgreich, die in Rheinbach sicherlich etliche tausend Euro mehr gekostet hätte. 

Eich bewundert die Mentalität der Ukrainer: „Wenn dort Bomben einschlagen, steht am nächsten Tag ein Trupp Männer mit Boschhämmern parat, um alles wieder aufzubauen.“

Dort waren etwa 50 Fotos von getöteten Soldaten aus diesem Ort zu sehen. Die Fotos waren mit Blumen geschmückt. Der jüngste der Gefallenen war 23 Jahre alt. Der Krieg ist grausam, wie alle Kriege.
Alfred Eich, Vorsitzender „Rheinbach hilft“

Die größte Freue erlebte Eich aber wegen der beiden Sommerfreizeiten, die er mit einer Spende der Caritas organisieren konnte. Dabei konnten 120 Kinder und Jugendliche, die den Krieg erlebt haben, in sicherer Entfernung von den Kampfhandlungen auf einem kirchlichen Areal mit allen notwendigen Einrichtungen eine fröhlichere Zeit erleben. Was der Krieg anrichtet, führte den Rheinbachern in einem Ort eine Fotowand vor Augen. „Dort waren etwa 50 Fotos von getöteten Soldaten aus diesem Ort zu sehen“, berichtete Eich: „Die Fotos waren mit Blumen geschmückt. Der jüngste der Gefallenen war 23 Jahre alt. Der Krieg ist grausam, wie alle Kriege.“

Eich hatte unter den vielen Tonnen Hilfsgütern, die „Rheinbach hilft“ in der ehemaligen Pallottikirche gesammelt hat, auch Material zur Ausstattung von Schulen an Bord. Er freut sich jedes Mal auch über Geldspenden. Denn ohne Geld kann kein Transport stattfinden. Der aktuelle habe „locker 4000 Euro gekostet“.