Blaue Kölner sind lecker, Nimmermür recht selten und es gibt Stämme mit verschiedenen Apfelsorten. Der erste Tag der offenen Tür bei der Baumschule Reinhardt in Rheinbach konfrontierte mit viel Neuem.
Obsttag in der Baumschule„Blaue Kölner“ sehr zu empfehlen

Anette Reinhardt klärt über Apfelsorten aus dem Hofbestand auf.
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„Mehr als 100 Apfelsorten gibt es hier auf dem Hof, da habe ich aufgehört zu zählen“, schmunzelt Jens Reinhardt, als er aus der Halle wiederkommt, um die Frage der Rundschau nach der Zahl der Sorten zu beantworten. Ganz genau weiß der Inhaber der Baumschule Reinhardt GbR am Ortsrand von Ramershoven es nun auch nach dem ersten Tag der offenen Tür in seinem Betrieb noch nicht. Aber kein Wunder: hier ist nicht nur die Zahl der Sorten riesig, sondern auch die Vielfalt der Aufwuchsformen. Obstbäume werden hier zum zweidimensionalen Flächenspalier oder gar zur Kugel. All das war am Samstag zwischen Ständen von Saatguthändlern, einem Imker und Alpakas zu sehen. Für Kinder gab es eine Suchrallye und eine Hüpfburg, für Verpflegung oder Apfelsaft war ebenfalls gesorgt. Zudem stand das Streuobstwiesen-Netzwerk Nordeifel (SoNNe) mit seiner Saftpresse vollausgebucht an der Alten Schule.
Für so ein kurioses Apfelbäumchen, wie Jens Reinhard das mit seinen Eltern und den drei Angestellten auf den laut Vater Gerd fünf Hektar Betriebsfläche züchtet, waren Arne und Inga sogar extra aus Wuppertal angereist. „Wir haben uns einen Baum mit fünf verschiedenen Sorten an einem Stamm gekauft, weil unser Garten so klein ist. Die befruchten sich gegenseitig und sind zu unterschiedlichen Zeiten reif“, sagt Inga und staunt immer noch über das, was die kompakte Neuerwerbung so kann. Von der Baumschule in Rheinbach hatten sie, wie etliche Besucher, aus den YouTube-Videos erfahren, die Jens Reinhardt mit dem Saatgutanbieter Sascha Singh aus Frechen gedreht hat, der seinen Stand gleich an der Firmenhalle hatte. Und mit dem Preis ihres Bäumchens, das 49 Euro kostete, sind Arne und Inga auch sehr zufrieden.

Jens Reinhardt putzt einen 'Blauen Kölner' heraus.
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Vor Ort ist die Baumschule wenig bekannt, und das, obwohl sie genauso alt ist wie der Inhaber, nämlich 36 Jahre, so Vater Gerd. Der hatte in Mehlem gelernt und auch in Oldenburg und Fritzdorf gearbeitet. Vater, Mutter und Sohn sind Gartenbaumeister der Fachrichtung Obstbau, arbeiten aber vorwiegend als Vorzuchtbetrieb für die viel bekannteren Betriebe im Umfeld von Rheinbach und Meckenheim. „Alleebäume für Kommunen, wachsen erst drei Jahre hier, dann drei weitere bei einer anderen Baumschule“, erklärt Gerd Reinhardt. 90 Prozent der Pflanzen produziert er für Weiterverkäufer und Gartencenter.
Privatkunden können hier nur samstags einkaufen, von 8 bis 12 Uhr. Aber Jens Reinhardt will das Geschäft mit der Laufkundschaft ausbauen. Vater Gerd schwelgte in Erinnerungen: Mit 20.000 Buschrosen und 3000 Hochstämmen habe ich damals angefangen. Obstbäume gab es nur wurzelnackt: „Die Pöttchen, also die Container, kamen viel später, aber ohne kauft keiner mehr.“

Reinhard Sellentin aus Merzbach mit seinem Lanz 60, rechts ein Pflaumenbaum als Kugel.
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Vom Planwagen aus konnten Besucher bei einer gut zehnminütigen Ausfahrt in die Felder Richtung Peppenhoven und Rheinbach einen Eindruck von der Betriebsgröße erhalten. Reinhard Sellentin aus Merzbach hatte den Anhänger hinter seinen urigen Lanz 60 gespannt, einen seiner fünf Oldtimer-Traktoren. „Einer der letzten dieser Baureihe“, schwärmt Sellentin. Und in den Pausen fachsimpelte er mit Gert Butschek, dem bald 86-jährigen Landmaschinenmechanikermeister, den die alten Landwirte der Umgebung alle noch als Helfer in der Not von der RWZ, der Raiffeisen Waren-Zentrale, kennen.
In der ausgeräumten Firmenhalle klärten zwei Pomologinnen, also Apfelkundlerinnen, über Mitbringsel von Besuchern auf. Carina Pfeffer gab Auskunft, und ebenso Barbara Bouillon aus Oberpleis von der Biologischen Station im Rhein-Sieg-Kreis. Die typischen Punkte auf der Schale eines Apfels, den eine Frau aus Bonn mitgebracht hatte, führten schnell zur Aufklärung: Der Baum, der schon beim Kauf des Hauses im Garten stand, ist von der Sorte Nimmermür. Bouillon: „Das ist ein säuerlicher Tafelapfel.“ Pomologe sei übrigens nichts, was man an einer Universität studieren könne. Sie habe ihr Wissen angelesen und aus der Praxis. Nächste Woche gibt sie übrigens im botanischen Garten in Bonn Auskunft und eine Woche darauf im Freilichtmuseum in Kommern.

Barbara Bouillon (r.) erklärt einer Familie aus Bonn, welche Apfelsorte sie im Garten stehen hat.
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Bienen, weiß Bouillon, fliegen übrigens 2,5 Kilometer weit, und so weit darf dann maximal auch der nächste Bestäuber-Obstbaum entfernt sein, damit es Früchte gibt. Und wenn es um Bienen geht, dann ist ohnehin Michael Czerwinski der richtige Ansprechpartner. Der 66-Jährige aus Todenfeld hat 70 Völker. Schon der Großvater in Altendorf hatte Bienen. „Aber nur drei Völker und als Hobby“, schränkt Czerwinski ein. Eigentlich sei er in Rente, aber: „Ich kann nicht aufhören.“ Er habe die Völker und die gesamte Ausrüstung: Einen Nachfolger zu finden für Honigherstellung und Vermarktung, sei eigentlich unmöglich. „Wer macht schon die ganze Arbeit in einer Sieben-Tage-Woche. Das ist eine Vollzeitbeschäftigung mit Meisterpflicht. Die Königinnen würde ich behalten und pflegen wollen.“
13 Sorten Honig hat Czerwinski an diesem Tag in der Auslage. Brombeer fehlt, aber Himbeer ist auch ganz spannend. Woher man weiß, dass die Bienen wirklich nur an Himbeeren waren? „Das muss per Labortest nachgewiesen werden. Aber diese Bienen waren auch in einer sechs Hektar großen Himbeerplantage in Fritzdorf aufgestellt.“ Honigliköre (kann er selbst herstellen) und Honigschnäpse bot er ebenfalls an. Letztere werden aus seinem Honig bei Heilbronn hergestellt.

Äpfel für die Presse des Streuobstwiesennetzwerks Sonne
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Während Jens Reinhardt mit Partnerin Jenny gerade den Apfel „Blauer Kölner“ anpreist, weil er regional sei, gut schmecke und mit dem Klimawandel zurechtkomme, presst das Team von der „SoNNe“ an der Alten Schule weiter Äpfel. Drei- und Fünf-Liter-Gebinde sind Standard. „An einem Tag schaffen wir etwa 25 Kunden und machen 4,5 Tonnen Äpfel zu etwa 3000 Liter pasteurisiertem Saft“, erklärt Andreas Bonk vom Vorstand. Die nächsten Termine in der Nähe, Äpfel pressen zu lassen, sind am 4. Oktober in Euskirchen-Kirchheim (Anmeldung unter Ruf 0178 8889415, jeweils mit Name, Adresse und Kilo-Angabe), am 5. Oktober in Weilerswist (0151 27500953), am 12. Oktober in Kommern (02446 805595) und am 26. Oktober in Bad Münstereifel-Mutscheid (02257 2010521). Am Wochenende ist ein Ehepaar aus Sistig der aus dem nahen Kall (beides Kreis Euskirchen) beheimateten SoNNe bis Ramershoven hinterhergefahren.