Die mögliche Umwandlung der Rheinbacher Hauptstraße in eine Fußgängerzone ruft bei den Händerinnen und Händlern Bedenken hervor.
Hauptstraße als FußgängerzoneDas sagen Rheinbachs Einzelhändler zur Idee

Die Sperrung der Hauptstraße wegen des Glasfaserausbaus ist für Händler ein unfreiwilliger Fußgängerzonen-Testlauf.
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Mitten im Bürgermeisterwahlkampf kehrt ein altbekanntes Thema zurück auf die politische Bühne: die mögliche Umwandlung der Hauptstraße in eine Fußgängerzone. Was für die einen nach mehr Aufenthaltsqualität klingt, ruft bei den Händlerinnen und Händlern in der Innenstadt massive Bedenken hervor.
Der Gewerbeverein Rheinbach bezieht klar Stellung – gegen eine vollständige Sperrung der Hauptstraße für den Durchgangsverkehr. Vorsitzender Oliver Wolf machte bei einer Podiumsdiskussion mit den Bürgermeisterkandidaten unmissverständlich deutlich: „Mit uns wird es keine Fußgängerzone geben.“

Oliver Wolf, Vorsitzender des Gewerbeverein Rheinbach
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Die derzeitige Einbahnstraßenregelung mit Tempo 30 habe sich bewährt, argumentiert der Verein. Mit der bald zweispurig befahrbaren Graben- und Löherstraße entstehe zudem eine neue Umgehung, die den Verkehr entlasten könne – ganz ohne Sperrung.
„Das ist kein Wunschkonzert – das ist Existenzsicherung“
Die aktuelle Sperrung der Hauptstraße wegen Glasfaserarbeiten der Telekom dient vielen Händlern als unfreiwilliger Testlauf – mit ernüchterndem Ergebnis. Die Rede ist von Umsatzeinbußen zwischen 30 und 50 Prozent, wie Gespräche mit Geschäftsleuten zeigen.

Chia Jaff, Inhaber eines Schmuckgeschäfts
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Chia Jaff, Inhaber eines Schmuckgeschäfts, spricht von mehr als 50 Prozent Umsatzrückgang seit Beginn der Baustelle – ein Niveau, das er zuletzt während der Corona-Zeit erlebt habe: „Wenn das so weitergeht, wird es verdammt eng. Eine Fußgängerzone würde die Situation auf Dauer zementieren.“

Özduran Ete, Betreiber eines Eiscafé
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Özduran Ete, Betreiber eines Eiscafés, sieht zwar Potenzial durch mehr Außengastronomie, doch ohne Laufkundschaft nütze das wenig: „Leere Tische bringen keinen Umsatz. Wenn keiner mehr kommt, gehen wir zurück nach Köln.“
Heidi Pitzen, Inhaberin eines Modegeschäfts in letzter Generation, ist überzeugt: „Wäre vor 25 Jahren eine Fußgängerzone umgesetzt worden, hätte ich mein Geschäft schon damals geschlossen. Gottseidank haben ein paar kluge Köpfe das verhindert.“

Heidi Pitzen, Inhaberin eines Modegeschäfts
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Wäre vor 25 Jahren eine Fußgängerzone umgesetzt worden, hätte ich mein Geschäft schon damals geschlossen
Mehrere Geschäftsleute fordern stattdessen gezielte Verbesserungen: Sauberkeit, bessere Gehwege, mehr Kurzzeitparkplätze – und eine „Brötchentaste“ an Parkautomaten. Auch das Verbot für Lkw-Durchfahrten wird als notwendiger Schritt genannt. Eine Fußgängerzone hingegen könne den Handel nachhaltig schädigen.

Schuhmachermeister Ralf Rang
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Ralf Rang, Schuhmachermeister, bringt es auf den Punkt: „Meine Kunden bleiben im Schnitt zehn Minuten. Ohne Anfahrtmöglichkeit breche ich ein.“
Petra Gurk von Feinkost Gurk erklärt, dass viele Kunden telefonisch bestellen und dann kurz mit dem Auto vorfahren: „Ohne diese Möglichkeit fällt ein großer Teil weg.“

Petra Gurk von Tee und Feinkost Gurk
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Christian Tenzer, Inhaber der Stern-Apotheke und stellvertretender Vorsitzender des Gewerbevereins, sieht in einer Fußgängerzone eine direkte Gefährdung für seine Apotheke: „Wer uns schlecht erreicht, weicht aus. Das hat man in anderen Städten gesehen – und diese Erfahrungen sind auf Rheinbach übertragbar.“

Christian Tenzer, Inhaber der Stern-Apotheke
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Ludwig Koch, Betreiber des O2-Shops, beobachtet aktuell leere Straßen am Mittag und Kundenzuwachs erst nach Aufhebung der Sperrung am Abend: „Die Hauptstraße ist kein Experimentierfeld für politische Profilierung. Wir brauchen mehr Parkraum und Ordnung – keine Ideallösungen, die in der Praxis scheitern.“
Der Gewerbeverein zeigt sich dennoch gesprächsbereit: Eine zeitweise Sperrung der Hauptstraße – etwa samstags ab 14 Uhr bis sonntagabends – sei vorstellbar.

Ludwig Koch, Betreiber des O2-Shops
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So könnten Kunden weiterhin einkaufen und gleichzeitig ein angenehmeres Stadtbild entstehen. Für eine vollständige Umwandlung zur Fußgängerzone gibt es dagegen aus Sicht der Gewerbetreibenden keine tragfähige Grundlage.
Als Gewerbeleute die Barken verschwinden ließen
Vor genau 25 Jahren scheiterte ein ähnlicher Versuch. Damals wurden zur Probe freitags Barken aufgestellt, um die Hauptstraße zu sperren. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion entfernten Geschäftsleute die Sperren und versteckten sie – ein symbolischer Akt der Selbstverteidigung gegen aus ihrer Sicht wirtschaftsfeindliche Maßnahmen. Nach vier Wochen wurde das Projekt beerdigt.
Oliver Wolf erinnert an diesen Moment mit Nachdruck: „Die Händler vor Ort wissen, was funktioniert – und was nicht. Wer Rheinbach lebendig halten will, muss mit denen sprechen, die täglich dafür arbeiten.“
Summer in the City
Trotz Lärm, Staub und gesperrter Straßen versuchen die Stadt Rheinbach und der Gewerbeverein, die Innenstadt während der laufenden Bauarbeiten lebendig zu halten. Mit der Aktion „Summer in the City“ setzen sie ein Zeichen für Zusammenhalt und Unterstützung des örtlichen Handels. Entlang der Rheinbacher Hauptstraße, die wegen der Verlegung des Glasfasernetzes seit über einer Woche komplett gesperrt ist, wurden an fünf Stellen Liegestühle mit bunten Kunststoffkisten aufgestellt.
Zwischen Baumaschinen, Absperrungen und Presslufthämmern soll so eine kleine Oase der Entspannung entstehen – mitten im Baustellenbetrieb. Wer sich dort niederlässt, kann sogar ein Buch zur Hand nehmen: Der Verein „Rheinbach liest“ stellt passende Lektüre zur Verfügung. Entgegen mancher Vermutung geht es bei der Aktion jedoch nicht darum, die Bauarbeiten zu beobachten, wie Oliver Wolf, Vorsitzender des Gewerbevereins, betont.

Zudem würde der Gewerbeverein und die Stadt Rheinbach sich Gedanken über weitere Unterstützung der Geschäftswelt auf der Hauptstraße machen.
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Vielmehr sollen die wenigen verbliebenen Besucher der Innenstadt spüren, dass sie trotz der widrigen Umstände willkommen sind. Die Initiative ist eine Gemeinschaftsaktion von Stadtverwaltung und Gewerbeverein. Verantwortlich für den Aufbau der städtischen Liegestühle sind Svenja Schleicher, Stefanie Scherer und Thomas Spitz.
„Mit dieser und weiteren geplanten Aktionen wollen wir den Handel und die Gastronomie während der Ausbauphase gezielt stärken“, erklärt Wolf. Denn die Situation ist für viele Geschäftsleute schwierig: Die Bauarbeiten schränken den Zugang zur Hauptstraße stark ein, und das voraussichtlich noch bis zum 5. September.
„Sundowner“ mit Musik, Getränken und Dekoration
Umso wichtiger ist es den Initiatoren, der Baustelle ein freundlicheres Gesicht zu geben. In den kommenden Wochen sollen die Bauzäune mit bunten Bannern, Sprüchen und Motiven versehen werden. Ein weiterer Höhepunkt ist bereits in Planung: Vom 15. bis 17. August soll die Aktion „Sundowner“ stattfinden – mit Musik, karibischen Getränken und passender Dekoration.
Der genaue Standort steht noch nicht fest; zur Auswahl stehen der Platz vor der Volksbank Rhein-Sieg und der Kirchplatz. Geplant ist, dass Besucher zunächst durch die sommerlich gestaltete Hauptstraße flanieren, bevor sie zu anderen Veranstaltungen weiterziehen – etwa zum Streetfood-Festival auf dem Prümer Wall, dem Sommerkino der Bürgerstiftung „Wir für Rheinbach“ oder der Reihe „Kultur am Hof“.