KulturveranstaltungKonzert und Zwischenbilanz: So ist das neue Theater am Lohmarkt in Rheinbach bisher angekommen

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Melchi Vepouyoum bei seinem Auftritt im Theater am Lohmarkt. Leonie Wollersheim begleitete den Musiker am Cello.

Melchi Vepouyoum bei seinem Auftritt im Theater am Lohmarkt. Leonie Wollersheim begleitete den Musiker am Cello.

Seit September 2023 ist der Theater am Lohmarkt eine Adresse für Kultur in Rheinbach. An einem Konzertabend blicken die Inhaber auf die vergangenen Monate zurück. 

„Meine Lieder sind zu 99 Prozent das, was ich erlebt habe, meine Erfahrungen“, erzählt Sänger Melchi Vepouyoum auf der Bühne des Theaters am Lohmarkt in Rheinbach. Nur mit einem rasselähnlichen Rhythmusinstrument aus Kamerun in den Händen betritt Vepouyoum am Donnerstagabend den Raum. Die rund 20 Gäste lauschen vom ersten Moment an gespannt seiner Stimme und den Klängen des Musikinstrumentes. „Ich komme aus Kamerun“, sagt der Musiker bei seiner Begrüßung. Seine Lieder singe er daher auf seiner Muttersprache Bamoun, auf Englisch und Französisch.

Melchi Vepouyoum hat ein wenig an seiner Gitarre „rumgebastelt“

Melchi Vepouyoum greift bei seinem Auftritt im Theater am Lohmarkt auch zu Instrumenten aus seiner Heimat Kamerun: Doppelballrasseln.

Melchi Vepouyoum greift bei seinem Auftritt im Theater am Lohmarkt auch zu Instrumenten aus seiner Heimat Kamerun: Doppelballrasseln.

Sein Rhythmusinstrument, eine Doppelrassel, wird unter anderem Thelevi genannt. „Das Instrument ist in Afrika sehr bekannt und hat unterschiedliche Namen“, erklärt Vepouyoum. Nach dem ersten Lied bekommt der Musiker Gesellschaft von Leonie Wollersheim und ihrem Cello. Schon seit 2019 spiele er mit Wollersheim zusammen, erzählt Vepouyoum, legt sein Thelevi zur Seite und greift zu seiner Gitarre.

An der habe Vepouyoum ein wenig „rumgebastelt“, wie er sagt. „Ich bin seit 2016 in Deutschland und wollte hier eigentlich eine Band gründen.“ Da es aber nicht so leicht gewesen sei, motivierte, talentierte und engagierte Musiker zu finden, habe er stattdessen seine Gitarre umgebaut. „So habe ich Geld gespart“, erklärt er lachend. Nun ziert eine kleine weiße Trommel seine Gitarre, die ein bisschen so aussieht wie ein Feuermelder. 

Künstler gibt Einblicke in sein Leben

Gefühlvoll und stets mit einem Lächeln im Gesicht bewegt der in Bonn lebende Künstler Melchi Vepouyoum seine Zuhörer sichtlich: Während manche im Takt der Musik mitwippen, zieht es andere auf die freie Fläche neben der Bar des Theaters. Tanzend und klatschend lassen sich die Gäste mitreißen. So vielfältig wie die Sprachen, auf denen er singt, ist auch seine Musik. Gitarrenklänge, Töne vom Cello und die Klangfarbe seiner Stimme ergeben einen besonderen Sound. 

Zwischen den Stücken gibt Vepouyoum immer wieder Einblicke in sein bewegtes Leben. So erzählt er, dass er im Alter von zwölf Jahren seine Eltern verlassen habe, erst bei seiner Schwester untergekommen sei und später eine Zeit auf der Straße gelebt habe. „Was für mich zählt ist, wie ich mich jetzt fühle: besser“, erklärt der gebürtige Kameruner. 

Lieber über das Heiraten, das Teilen und die Sehnsucht nach der Mutter

Melchi Vepouyoum bei seinem Auftritt im Theater am Lohmarkt.

Melchi Vepouyoum bei seinem Auftritt im Theater am Lohmarkt.

In einem anderen Lied geht es um Hochzeiten und die Probleme, die damit in seiner Heimat einhergehen könnten. „Wenn der Vater nicht einverstanden ist, ist es schwierig“, sagt Vepouyoum lachend. Der Künstler verarbeitet in seiner Musik nicht nur Erlebtes, sondern auch grundsätzliche gesellschaftliche Fragen, um das Publikum zum Nachdenken anzuregen: „Im nächsten Lied geht es um das Teilen. Geschieht es wirklich mit dem Herzen, oder ist es doch mit irgendwelchen Konditionen verbunden?“  

Emotional wird es, als Vepouyoum ein Lied über eine Mutter singt. „Als ich meine Eltern verlassen hatte, habe ich meine Mama vermisst. Und ich habe mir vorgestellt, dass sie mich auch vermisst.“ In einer Liedzeile heißt es daher: „Mama, mach dir keine Sorgen, mir geht es gut.“

Vepouyoums Gastspiel im Rheinbacher Theater ist Teil der „Liedstrich-Solo“-Veranstaltungsreihe des Vereins Rheinbach liest. Dabei treten Singer/ Songwriter auf und bringen ihre Musik auf die Bühne Rheinbachs.  „Ich bin immer der Telefonjoker“, sagt Gesine Trautsch von Rheinbach liest, die spontan für den erkrankten Gerd Engel eingesprungen ist. Sie begrüßt an diesem Abend stellvertretend für ihren Verein das Publikum, das „trotz des Wetters“ gekommen ist. 

Theater am Lohmarkt „ist super angelaufen“

Die Theaterinhaber Christina Stephan und Raoul Migliosi ziehen eine erste Bilanz.

Die Theaterinhaber Christina Stephan und Raoul Migliosi ziehen eine erste Bilanz.

In die Rollen der Zuschauer dürfen an dem Abend Christina Stephan und Raoul Migliosi schlüpfen. Die Inhaber des Theaters sind aber nicht nur Gäste, sondern immer auch hinter den Kulissen tätig. So kümmert sich Migliosi um die Technik und macht den Soundcheck, während Stephan hinter der Theke hilft. 

Am 20. September 2023 feierten sie hier Premiere. „Es ist super angelaufen“, freut sich Stephan. Die gebürtige Rheinbacherin habe sich gemeinsam mit ihrem Partner Migliosi mit dem Theater am Lohmarkt einen Traum erfüllt. 

„Wir haben Tage, da ist es rappelvoll und wir hatten auch schon einige ausverkaufte Shows. Zum Beispiel Silvester, das ist eine sehr erfolgreiche Veranstaltung gewesen“, erklärt Stephan: „Und wir hatten auch schon Shows, da haben wir vor zwölf Leuten gespielt. Die waren aber ganz zauberhaft und haben das mitgetragen, weil sie gemerkt haben, dass sie quasi eine Privatvorstellung haben.“ Schnell hätten die beiden gemerkt, dass sie auf maximal 80 Plätze bestuhlen sollten. Ursprünglich hätten sie es mit 99 Stühlen versucht, das sei aber zu eng gewesen.

Seit ihrer Eröffnung im September des vergangenen Jahres hätten sie eine Tendenz bei der Anzahl der Gäste bemerkt: „Wir haben eine gute Premiere gehabt, dann waren ein paar Vorstellungen weniger gut verkauft und gegen Ende der Spielzeit ist die Zuschauerzahl immer weiter angestiegen“, berichtet die 33-Jährige. An einem Durchschnittsabend hätten sie jetzt 50 bis 60 Gäste, das sei „optimal“. Es sei das wichtigste, dass sich der Laden trage. „Was wir festgestellt haben ist, dass Gastproduktionen nicht so gut angenommen werden, was total schade ist“, sagt Stephan. Das liege wahrscheinlich daran, dass es nur Einzeltermine seien und es zudem viele Menschen gar nicht so mitbekämen. 

Drei Eigenproduktionen des Theaters am Lohmarkt in 2023

Die beiden Schauspieler und Theaterinhaber haben seit der Eröffnung neben Gastspielen und anderen Formaten drei Eigenproduktionen angeboten: „Jana und Jannis“, „Der Mönch mit der Klatsche“ und „Why not“. „‚Der Mönch mit der Klatsche‘ war bisher unser Dauerbrenner. Das haben wir auch Silvester gespielt. Im Februar spielen wir das auch nochmal, weil das einfach so gut angenommen wird“, erzählt die Rheinbacherin.  

‚Why not‘ sei hingegen sehr holprig gelaufen. „Das war unsere Pechproduktion“, erzählt Migliosi. Damit hätten sie minus gemacht. „Wir haben nicht die benötigten Vorstellungen gespielt, weil wir es krankheitsbedingt nicht konnten“, führt Migliosi weiter aus.

Alles in allem sei die Resonanz ihrer Gäste aber durchweg gut gewesen. „Die Leute sind total begeistert, wie das hier aussieht. Gerade die, die das ‚Ahor‘ noch von früher kennen“, sagt Stephan. Das Theater am Lohmarkt ist in den Räumlichkeiten des alten Lokals ‚Ahorn‘ gezogen, was vielen Rheinbachern noch ein Begriff ist.

Die meisten Gäste kommen aus Rheinbach

Von den Zuschauern kämen bisher rund 80 Prozent aus Rheinbach. „Und sonst aus der Umgebung, manchmal auch aus Köln. Es fängt langsam an, zu streuen“ freut sich Migliosi. Nach und nach bekämen sie immer mehr Buchungen aus Euskirchen, Bonn oder Swisttal.

Zusätzlich zu ihren eigenen Produktionen bieten die Theaterinhaber auch andere Veranstaltungen an: „Von den anderen Formaten wie der Open Stage oder den Lesungen ist die Quiznight der absolute Dauerbrenner“, erklärt Stephan: „Die stehen hier schon eine Stunde vorher vor dem Theater, um noch einen Tisch zu bekommen. Es ist der Wahnsinn.“ Das sei auch schon bei der ersten Quiznight so gewesen. „Die Quiznight war von Anfang an ein Erfolg“, ergänzt Migliosi. Sie finde immer am ersten Donnerstag des Monats statt.

Grenzen setzen und Verantwortung abgeben

Für die beiden Schauspieler fühle es sich immer noch alles wie ein großer Traum an. Aber auch die Schattenseiten hätten sie zu spüren bekommen: „Ich war sehr viel krank in der Zeit und bin auch jetzt schon wieder angeschlagen. Es hört nicht auf. Ich merke, dass ich komplett unter Stress stehe und das alles noch wie in einem Film wahrnehme“, sagt Stephan.

Grenzen setzen sei sehr wichtig für sie: „Das ist vor allem mein Thema, weil ich dazu neige, einfach durchzuarbeiten, sieben Tage, vier Wochen lang. Weil es gibt ja immer etwas zu tun.“ In diesem Moment kommt Migliosi auf sie zu und fragt sie, wo ein bestimmter Wein zu finden sei: „Wenn ich jetzt nicht hier bin und Merlot ausschenke, dann plane ich per E-Mail schon die ganzen Sachen für den nächsten Spielplan und kommuniziere mit den Künstlern und mache Programme“, so die 33-Jährige. Das sei aber alles etwas, was viele Selbstständige kennen würden. „Wir holen uns jetzt eine Person dazu, die Vertretungsaufgaben machen kann, wenn wir mal krank sind. So schaffen wir Entlastung.“ Aufgaben abzugeben sei auch etwas, was die beiden noch lernen müssten. 

Migliosi und Stephan sind nicht nur Leiter und Schauspieler, sondern übernehmen auch alle anderen Aufgaben, die rund um das Theater anfallen. „Wir lernen auch viel, was den ganzen Dienstleistungsbereich angeht: Was möchten die Leute? Was kommt gut an?“, erklärt Stephan. Zunächst hätten sie ihre Karten nur über einen Onlineshop verkauft, woraufhin einige Kunden ihren Unmut darüber geäußert hätten. So haben die Theaterleiter sich kurzerhand dazu entschlossen, neben dem Onlineshop auch eine Theaterkasse und ein Reservierungstelefon einzurichten. „Das war ein Lernprozess. Wir versuchen auch immer sehr schnell zu reagieren.“ 

Auch über den Gastronomiebereich hätten sie schon viel erfahren. „Ich stand vorher noch nie hinter einer Bar, das musste ich lernen, aber es macht mir Spaß“, sagt Stephan: „Ich bin aber sau schlecht im Kopfrechnen. Ich merke mir 60 Seiten Text, aber Getränkepreise auszurechnen ist eine Katastrophe. Da bin ich sehr froh, dass wir unser kompetentes Personal haben“, sagt die Schauspielerin lachend. Den Gastrobereich hätten sie ausgelagert. „Wir wollten jemanden dabei haben, der das kann.“

Dass nicht immer alles rund laufe, habe auch die gut besuchte Silvesterparty gezeigt: „Wir hatten neun Kästen Kölsch, und alle waren schon um halb zwölf leer. Nach Mitternacht ging es dann mit Pils weiter“, erzählt Stephan. Für die Karnevalsfeier an Veilchendienstag seien sie aber besser ausgestattet. 

Gute Zusammenarbeit mit Rheinbach liest

An diesem Abend lockt eines der Gastspiele von dem Verein Rheinbach liest in das Theater am Lohmarkt. „Rheinbach liest ist ein toller Partner. Die Zusammenarbeit klappt sehr gut. Es ist aber super unterschiedlich, wie der Zulauf ist. Für die Gastspiele machen wir nicht noch zusätzlich Werbung.“ Es liege also im Ermessen des Künstlers, wie viel und intensiv er auf die Veranstaltung hinweise.

Für die erste Jahreshälfte stehen neben weiteren Gastspielen und anderen Formaten auch zwei eigenen Produktionen der Theaterinhaber an: „‚Tussipark‘, ein Karaokemusical, und ‚Krieg der Geranien‘, eine bitterböse Nachbarschaftskomödie. Das spielt nur auf zwei Balkonen. Es gibt ein älteres und ein jüngeres Pärchen, die sich etwas bekriegen“ erzählt der 34-jährige Migliosi. „Bei ‚Krieg der Geranien‘ haben wir auch unsere Lokalprominenz mit im Boot: Nadja Zwanziger, die unter anderem viel für ARD und ZDF gedreht hat“, ergänzt Stephan. 

„Es ist total verrückt, wenn ich überlege, dass ich sieben Jahre in Hamburg und sieben Jahre in Köln gewohnt habe, und jetzt fahre ich wieder hier lang, wo ich früher als Schülerin langgefahren bin“, sagt Christina Stephan, die in Rheinbach groß geworden ist. „Auch die Lebensqualität, die wir haben, weil wir jetzt wieder auf dem Land leben und nicht mehr in Köln-Ehrenfeld wohnen: das ist eine Steigerung von 100 Prozent, wirklich.“


Veranstaltungen im Theater am Lohmarkt und von Rheinbach liest

Im Theater am Lohmarkt werden auch in diesem Jahr wieder Eigenproduktionen dargeboten: Zum einen ‚Tussipark‘, was am 22. März Premiere feiert, zum anderen ‚Krieg der Geranien‘, Premiere am 10. Mai.

Nach dem Zug an Veilchendienstag durch Rheinbach geht es im Theater am Lohmarkt jeck mit dem „After Zoch-Absacker“ weiter. Das ganze Programm gibt es hier: theater-am-lohmarkt.de

Am Donnerstag, 25. Januar, spielt Lena Huckemann im Theater am Lohmarkt. Ihr Auftritt ist Teil der Veranstaltungsreihe „Lieblingszeit“ von Rheinbach liest. Bei diesem Lesekonzert soll ein Künstler die Gelegenheit bekommen, Einblicke in seine Kunst und seine liebsten Bücher zu geben. Mehr zu dem Verein Rheinbach liest und seinen Aktionen finden Interessierte hier: rheinbachliest.de

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