RheinbachTaucher stellt neuen Rekord unter Wasser auf

Gewichte halfen beim Abtauchen, Kameras hielten jede Millisekunde fest.
Copyright: Matthias Kehrein
Rheinbach – Mehr als elf Minuten lang ist Chronis Chlitsios im zehn Meter tiefen Becken des „Monte Mare“ in Rheinbach abgetaucht. Als er das erste Mal wieder an der Wasseroberfläche den Kopf hob und Luft in die Lungen ließ, zeigte die Haupt-Stoppuhr exakt 11:03:37 Minuten an. Das ist Rekord in der weltweiten Apnoe-Tauchszene – dem Tauchen mit nur einem Atemzug. Andere sagen „Freitauchen“ dazu. Allerdings gilt der Rekord bloß in dieser Ausführung, mit einem Start vom Beckenboden und unter Bewegung. Unter diesen erschwerten Bedingungen hat das wohl auch noch kein Taucher vor Chlitsios unter der Aufsicht von Zeitnehmern gemacht.

Sportlehrer Chronis Chlitsios
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„Zehn Minuten mindestens“ hatte sich der Grieche für seine Variante des Freitauchens zum Ziel gesetzt. Denn der 52-Jährige wollte nicht bloß, wie andere Rekordkandidaten etwa 20 Minuten lang an der Wasseroberfläche den „toten Mann“ spielen. Er ließ sich vielmehr tief ins Becken ab, um dort auch mal hin und her zu schwimmen. Für den geübten Perlentaucher offenbar keine unlösbare Herausforderung, wie er schon im ersten und einzigen Versuch in Rheinbach bewies.
Für seinen Rekord ließ sich der Mann langsam an einer Sicherungsschnur in das Becken hinab. Ganz so, wie die Apnoe-Taucher in seiner Heimat. Allerdings nicht bloß mit einer Badehose bekleidet, sondern einer kompletten Tauchmontur, also mit Anzug, Handschuhen, Flossen und Maske.
Mediziner der Malteser wachte am Beckenrand
Am Boden des Beckens angekommen holte Chronis Chlitsios ein letztes Mal Luft aus einer Atemflasche, und der mit einem Atemgerät ausgestattete Begleiter hob die Hand als Zeichen für die Zeitnehmer am Beckenrand. Etliche Helfer gehörten zur Rekord-Crew: Ein Sicherungsmann, der beim Auftauchen helfen soll, einer am Beckenrand, fünf Zeitnehmer, ein Arzt von den Maltesern aus Rheinbach sowie ein medizinischer Assistent begleiteten das Ereignis in erster Reihe.

Gewichte halfen beim Abtauchen, Kameras hielten jede Millisekunde fest.
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Die Regie führte die Firma „Fuldas Tauchertreff“. Thomas Baum von der Geschäftsleitung dieser Firma hatte sich das Event ausgedacht, das in Deutschland Werbung für diese Nischen-Sportart machen soll. Er hatte auch mehrfache Vorkehrungen getroffen, damit die Zeitnahme auf keinen Fall scheitert – nicht einmal, wenn der Strom ausfallen würde. So waren auch etliche Kameras dauernd auf den Taucher gerichtet. Unter Wasser folgte außerdem eine Unterwasserdrohne jeder Bewegung von Chlitsios. Und auch deren Bilder, die für die Zuschauer im „Monte Mare“ per Beamer auf eine Leinwand projiziert wurden, sind wieder von einer App aufgezeichnet und mit einem vom Stromnetz unabhängigen Gerät sicher dokumentiert worden.
Rekord
11 Minuten lang hat Chronis Chlitsios im zehn Meter tiefen Tauchbecken des „Monte Mare“ in Rheinbach die Luft angehalten und hat sich dort bewegt. Sieben Minuten davon hielt er sich in einer Tiefe auf, in der ein deutlich höherer Druck auf die Lunge wirkt als an der Wasseroberfläche. Laut Faustregel nimmt der Druck unter Wasser mit je zehn Metern Tiefe um etwa ein bar zu.
Mit bloßem Luftanhalten unter der Wasseroberfläche ist erst in diesem Frühjahr der Rekord auf 24:33 Minuten verbessert worden, vom Kroaten Budimir Sobat. 1976 gelang es dem ersten Menschen nachweislich ohne Atemgerät in eine Tiefe von mehr als 100 Metern abzutauchen. (mfr)
Der Taucher demonstrierte vor allem Erfahrung und innere Gelassenheit. Während andere Extremsportler sich mit Yoga oder Meditation in eine Art Trance versetzen, um den Atemreflex zu überlisten und die Gedanken vom Verstreichen der Zeit abzulenken, hatte der Grieche einen extra Ruheraum abgelehnt und war gleich zur Sache gekommen. Erst am Sonntag war er angekommen, am Montag hatte es erste Tauchgänge im Rheinbacher Becken gegeben, auch ein paar Fotoaufnahmen wurden gemacht, und an diesem Dienstagmorgen ging es dann ohne großes Vorgeplänkel schnell in den Tauchanzug und am Seil entlang ins tiefe Wasser, wo vor allem der viel höhere Druck als an der Wasseroberfläche schon eine große Belastung für die Lunge darstellt.
Beifall begleitete den ersten Atemzug
Etwa sieben Minuten verbrachte der Grieche zunächst am Boden des Beckens, erst ganz ruhig, dann stellte er sich aufrecht und schien über dem Grund zu schweben. Er hob die Arme und verschränkte sie. Nur die Schlussetappe verbrachte der Taucher – wieder mit einem Begleiter an der Seite – unmittelbar an der Wasseroberfläche, um das Auftauchen so lange wie möglich herauszuzögern. Das waren nochmals zwei Minuten. Beifall begleitete den ersten Atemzug nach dem langen Luftanhalten. Und da war der erfahrene Taucher dann tatsächlich im wahren Sinne des Wortes „aus der Puste“.
Apnoe-Tauchen ist ein waghalsiges Unterfangen. Denn ohne frische Luft aus den Lungen verbrauchen Gehirn und Muskeln mit jeder Tätigkeit den noch im Blut vorhandenen Sauerstoff. Wer es übertreibt, wird zwangsläufig ohnmächtig. Aber Chlitsios hatte seinen Körper unter Kontrolle. Wortlos stieg der Extremsportler nach dem Aufatmen aus dem Becken und stapfte – allerdings etwas unsicher – durch einen Watbereich an einer steinernen Nixe vorbei auf die Neugierigen am Beckenrand zu. Mit der ersten Atemluft hatte er Fragen zur erreichten Zeit zu beantworten. Happy war er, doch er haderte auch ein wenig mit den elf Minuten, obwohl er das selbst gesetzte Ziel deutlich übertroffen hatte.
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Als diplomiertem Sportlehrer ist Chronis, der eigentlich Polychronis heißt, aber von jedem nur „Kronnis“ gerufen wird, an der Verbreitung seiner Sportvariante gelegen. Er spricht Griechisch und auch Englisch. Die meiste Zeit übersetzt Costa, ein Deutsch sprechender Grieche, mit dem er seit Jahrzehnten befreundet ist. „In Griechenland gibt es kein solches 10-Meter-Becken“, erklärt Baum: „Darum haben wir den Rekord hier unternommen.“ Apnoe-Tauchen sei nur eine kleine Szene, eine Sondersparte des Tauchens. „Aber Extremsportler wollen sich immer noch ein klein wenig verbessern, und darum haben wir diese Herausforderung geschaffen.“ Alles entscheidend ist die Atem-Kontrolle: „Sobald Du an die Zeit denkst, wird es schwerer, den Atemreflex zu unterdrücken.“