Rheinbacher BauunternehmerNeu aufgerollter Betrugsprozess in Bonn droht zu platzen

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Landgericht_Bonn_Symbolbild

Der Eingang zum Landgericht in Bonn 

Rheinbach/Bonn – Der Fall eines betrügerischen Bauunternehmers aus Rheinbach war von einer Wirtschaftsstrafkammer des Bonner Landgerichts aufwendig und akribisch aufgeklärt worden. Schließlich gab es erdrückende Beweise: Zahllose Dokumente über ein raffiniertes Täuschungssystem, aber auch ein Kronzeuge – einst Vertrauter des Angeklagten – hatten den 65-Jährigen schwer belastet.

Urteil in erster Instanz lautete auf vier Jahre Haft

Nach drei Monaten und zwölf Verhandlungstagen haben die Richter der 9. Bonner Strafkammer den türkischen Geschäftsmann im Juni 2019 wegen Steuerbetrugs in Höhe von 1,1 Millionen Euro zu moderaten vier Jahren Haft verurteilt. Der Angeklagte jedoch, der zu den Vorwürfen immer geschwiegen hatte, hatte für sich einen Freispruch gefordert und ist in Revision gegangen. Mit einem Teilerfolg, denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil zwar rechtskräftig werden lassen, allerdings in der Schadenshöhe aufgehoben.

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Nach Auffassung der obersten Richter in Karlsruhe sei der konkrete Umsatzschaden nicht ausreichend begründet worden; die Umsätze, die im Urteil teilweise auf Schätzungen beruhen, hätten durch Befragung eines „repräsentativen Teils der noch zu ermittelnden Kunden“ präziser ermittelt werden müssen. Entsprechend muss der raffinierte Steuerbetrugsfall jetzt vor einer anderen Wirtschaftsstrafkammer erneut aufgerollt werden – und eine neue Strafe gefunden werden.

Dabei steht die Schuldfrage grundsätzlich fest: Demnach hatte der Geschäftsmann fünf Jahre lang – zwischen 2011 und 2015 – Körper-, Gewerbe- und auch Umsatzsteuer hinterzogen, wofür er vorsätzlich und planvoll ein eigenes Täuschungssystem entwickelt hatte. In der Türkei hatte er billig Bauteile oder auch Balkongeländer eingekauft, diese wurden jedoch zunächst an fiktive Unterfirmen geliefert.

Strohmänner verkauften billige Bauteile zum Schein

Diese fünf Firmen wiederum, für die Strohmänner als Geschäftsführer angeheuert worden waren, verkauften offiziell die Bauteile mit Aufpreis an das Rheinbacher Unternehmen weiter. Die Rechnung zahlte der Hauptangeklagte zum Schein, holte sich das gezahlte Geld jedoch bar wieder zurück.

Die Strohmänner hatte ihm seine Haushaltshilfe aus einem Dorf in Polen organisiert, die heute 36-Jährige war damals wegen Beihilfe zu 2500 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Die „Marionetten“ hatten für den Job einmalig bis zu 4000 Euro erhalten.

Aber der zweite Prozessstart am Mittwoch verzögert sich erneut: Im Oktober 2021 musste der zweite Anlauf bereits ausgesetzt werden, weil es auf Antrag der Verteidigung noch Ermittlungsbedarf gab. Am Mittwoch nun meldete sich eine Stunde vor Verhandlungsbeginn die 36-jährige Ex-Haushaltshilfe, die mittlerweile in Niedersachsen lebt: Sie habe Husten und Gliederschmerzen, erklärte sie. Der Verteidiger schickte sie zu Arzt und Corona-Test. Jetzt muss die Bonner Kammer das Ergebnis abwarten. Ansonsten platzt das Verfahren.

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