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Stückweise Sanierung im vollen BetriebAufsichtsrat stimmt Erneuerung des Rheinbacher Technologiezentrums zu

Lesezeit 5 Minuten
29.03.2023 GTZ in Rheinbach Sanierungsfall nach der Flut

Das GTZ in Rheinbach ist nach der Flut zum Sanierungsfall geworden.

Das Gründer- und Technologiezentrum Rheinbach, kurz GTZ, das von der Flut betroffen war, wird nun sukzessive erneuert. 

Viel zu wenig Platz für Labore, die Photovoltaikanlage total veraltet, das Glasdach im Sommer und Winter unerträglich – Joachim Rasch, vormals Wirtschaftsförderer der Stadt und seit Jahresbeginn hauptamtlicher Geschäftsführer im „GTZ“ neigte schon vor der Aufsichtsratssitzung eindeutig dazu, das Gründer- und Technologiezentrum Rheinbach abzureißen. Entsprechende Pläne hat er dem Entscheidergremium vorgestellt – in der kompletten Bandbreite an Alternativen zwischen Sanierung und Abriss/Neubau. Nun gibt es Grünes Licht für die Planung eines sukzessiven Neuaufbaus: „Sozusagen in Salamitaktik, Block für Block. Wir können ja nicht die bisherigen Mieter rauswerfen“, sagt Rasch.

Die Ernüchterung kam indes bei den Kosten. Denn mit den 38,5 Millionen Euro, die die Stadt Rheinbach aus dem Wiederaufbaufonds des Landes erhält, hat die Erneuerung des GTZ nichts zu tun. Das städtische Tochterunternehmen muss das Geld für einen Neubau – eine mittlere zweistellige Millionensumme, wie Rasch sagt – selbst aufbringen. Das heißt irgendwoher einwerben, denn die Stadt kann sich aus eigener Tasche kein neues GTZ leisten. Ganz bei Null geht die Suche nach Kapital laut Rasch allerdings nicht los. Aber es müsse nun fleißig die Trommel gerührt werden. Dies sei ohne die Zahlen, die nun dem Aufsichtsrat vorgelegt worden seien, nicht möglich gewesen. „Wir können auch immer noch Wiederaufbauhilfe beantragen“, stellte Rasch klar. Die Flutschäden am Gebäudekomplex – ursprünglich auf drei Millionen Euro geschätzt – dürften sich nach seiner Einschätzung doch eher auf vier oder fünf Millionen belaufen. Die genaue Schadensfeststellung durch Gutachter stehe allerdings weiterhin aus.

Rasch seit Jahresbeginn hauptamtlich Chef

25 Jahre ist das GTZ nun alt und war als Teil der Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft der Stadt Rheinbach mbH (WFEG) lange ohne hauptamtlichen Geschäftsführer geleitet worden, etwa durch den Ersten Beigeordneten Dr. Raffael Knauber und zuletzt durch Alt-Bürgermeister Stefan Raetz. Seit Jahresbeginn ist Rasch hauptamtlich der Chef im Haus. Und das wörtlich genommen. Er hat seinen Schreibtisch im GTZ und darum auch den besten Überblick über den Gebäudekomplex. „Es gibt mehrere Gebäudeblöcke. Vier davon sind im Erdgeschoss im Rohbauzustand. Sie waren nicht unterkellert“, beginnt Rasch mit einer Beschreibung der Flutschäden. Die Keller des Hauptflügels allerdings waren vollgelaufen. Das Archiv ist weitgehend vernichtet. Auch dort unten ist alles auf den Rohbau-Stand zurückgeführt.

Ein externer Projektentwickler lenkt die weiteren Schritte inklusive der Vorlage für den Aufsichtsrat. Es ist derselbe, der auch die Stadt Rheinbach berät: Das Büro Schmitz/Reichard aus Aachen. Und die Varianten, die zur Wahl standen? Der Erhalt der kompletten Kubatur wäre laut Rasch möglich, aber er tendierte schon vor der Sitzung zu neueren Gebäuden. „Wir stehen dabei auch in Abstimmung mit der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg.“ Seine Einschätzung beruht auf den Erfahrungen seit der Corona-Pandemie: „Corona hat dem Homeoffice stark Vortrieb geleistet. Das haben vorher nur wenige Mitarbeiter genutzt. Büroflächen sind auch hilfreich und sinnvoll, aber wegen des Angebots müssen wir uns vielleicht neu orientieren.“ Eine Erkenntnis aus dem Homeoffice lautet nämlich: Ein Labor ist nicht durch Arbeit zu Hause zu ersetzen. „Zwei, drei kleinere Labore“ aus dem Bereich der Bio-Ökonomie entwickelten Neues in Bezug auf Ernährung, Medizin, Baustoffe oder in anderen Sparten. „Das geht nicht im Homeoffice.“

Hohe Nachfrage nach Laboren

Die Nachfrage nach Laboren sei riesig: „Alle ein bis zwei Wochen fragen Start-ups nach Laborflächen. Uni-Abolventen mit einer guten Idee, die sie wirtschaftlich nutzen wollen, müssen aus der Uni raus.“ Mit der Hochschule gemeinsam setzt Rasch darum für die Zukunft auf eine „Spezialimmobilie“ mit Laboren. Die wären idealerweise modular um einen Versorgungsschacht herum angeordnet: „Das geht – wegen der Mindesthöhe für eine Lüftung – hier am GTZ aber nur mit einem Neubau.“ Ein Aufbau auf der alten Bausubstanz hätte auch weitere Haken. Die Böden seien bei der Flut sehr stark in Mitleidenschaft gezogen worden. „Nach dem Abklopfen der Fliesen sah es ganz finster aus“, sagte Rasch: „Wir könnten eine Pinselsanierung machen und wieder Gipskartonwände einbauen ...“ Dann würde die Photovoltaikanlage vom Ende der 90er Jahre aber immer noch wenig Strom liefern.

Ein Neubau könnte indes die Fläche mit drei statt zwei Stockwerken viel besser ausnutzen, zumal Büros weiterhin benötigt werden. Rasch: „Ein GTZ 2.0 wäre ein echter schöner neuer Schub für Rheinbach.“ Was das GTZ der Stadt bringt, kann jeder im Gewerbegebiet sehen. Einige Firmen haben sich dort nach dem Start im GTZ angesiedelt. Den Beschluss des Aufsichtsrats, diesen Weg weiterzugehen, hat Rasch nun – und eine Basis für den Wiederaufbau: Die im Haus verbliebenen Firmen, wie etwa „Certagen“, die auch in dieser Woche im Labor an ihren Analysen von Tier-DNA arbeitete. „Alle Mieter, die wir im Erdgeschoss hatten, sind nach der Flut ausgerückt oder im Obergeschoss zusammengerückt. Gute 40 sind jetzt noch da. Vorher waren es 60.“

Über die Architektur sei ganz bewusst noch nicht gesprochen worden, sagt Rasch. „Das wird auch nicht morgen früh passieren und sich nicht in den nächsten zwei Jahren verändern. Und vorher wird es auch keinen Abriss geben.“ Eine Sanierung, betonte Rasch, gehe nicht schneller, als ein Abriss und Neubau. Energetisch sei vieles zu verbessern, das große Glasdach sei im Sommer viel zu heiß, im Winter zu kalt. Die Aufgabe reizt Rasch. „Das macht man nur einmal im Leben.“ Er macht sich an die Arbeit: „Wir brauchen nun ein Konzept. Die Zahlen haben wir jetzt. Bis zur nächsten Sitzung im Mai gibt es sicher etwas zu präsentieren.“