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Trotz Corona-KriseWerkstätten in Rheinbach haben weiter geöffnet

Lesezeit 5 Minuten

Norman Weisleder versucht in seinem Betrieb die Normalität aufrecht zu erhalten. Er appelliert auch an Berufskollegen, jetzt nicht aufzugeben, sondern um die Kunden zu kämpfen.

Rheinbach – Handwerksbetriebe dürfen in der Corona-Krise bis auf wenige Ausnahmen weiterhin ihrer Arbeit nachgehen und ihre Dienste anbieten. Darauf weist Kreishandwerksmeister Thomas Radermacher ausdrücklich hin. Nur der Verkauf oder die Beratung im Ladengeschäft sind für viele Branchen verboten – was wiederum nicht für Lebensmittelproduzenten wie Bäcker und Metzger gilt.

„Die Lage ist teils sehr unübersichtlich“, gibt Radermacher zu, doch das sei nun mal der außergewöhnlichen Situation geschuldet. „Es herrscht viel Unsicherheit und Unwissenheit in der Bevölkerung, das führt natürlich zu Missverständnissen.“ Doch im Großen und Ganzen seien die Handwerksbetriebe einsatzbereit.

Viele Kunden glauben, der Laden sei zu

Das gilt auch für Kfz-Mechaniker-Meister Norman Weisleder aus Rheinbach. Viele seiner Kunden gingen aber fälschlicherweise davon aus, dass auch seine Werkstatt an der Kleinen Heeg geschlossen sei. „Viele rufen einen Tag oder gar nur eine Stunde vor ihrem Termin an, ob wir überhaupt geöffnet haben.“ Manche blieben trotz Termin sogar ganz weg, ohne den Betrieb vorher zu informieren, was natürlich die Planungen stark durcheinanderwirbele.

Weißleder vermutet, die Verunsicherung hänge damit zusammen, dass den Automobilunternehmen der Verkauf von Neufahrzeugen in ihren Verkaufsräumen verboten sei. Das gelte allerdings nicht für die Arbeit in den Werkstätten, denn die sei ja nach wie vor erlaubt und auch erforderlich.

Deshalb habe er es auch nicht verstanden, dass einige große, bundesweit operierende Unternehmen gleich nach Ausbruch der Krise Kurzarbeit angemeldet und teilweise sogar ihre Werkstätten geschlossen hätten. „Das ist doch ein fatales Signal, das Auswirkungen auf die ganze Branche hat“, schüttelt er den Kopf. Wobei auch Weisleder zugibt, dass er einen Umsatzrückgang um etwa 20 Prozent zu verzeichnen habe – „aber andere sind schlimmer dran“.

Hygiene ist garantiert

Der Besuch in der Werkstatt sei auch für die Gesundheit der Kunden keine Gefahr, versichert Weisleder. Er habe eine ganze Reihe von Hygienemaßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass weder seine Kunden noch die vier Mitarbeiter in der Werkstatt sich mit dem Coronavirus anstecken können. So wurde in der Reparaturannahme ein Spuckschutz aus Plexiglas installiert, außerdem tragen die Mitarbeiter bei der Arbeit Handschuhe, und auch wenn die Autos für eine Probefahrt bewegt werden, sind Handschuhe Pflicht. Im Anschluss werden Lenkrad und Autoschlüssel desinfiziert.

„Außerdem zünden wir jeden Abend eine ,Desinfektionsbombe’, mit der die ganze Werkstatt über Nacht gereinigt wird“, sagt Weisleder. Er werde jedenfalls seinen Betrieb nicht kampflos dem Coronavirus opfern, habe allerdings den Eindruck, dass einige der Kollegen schon aufgegeben hätten.

Kreishandwerksmeister Radermacher weiß, dass fast alle Handwerksbetriebe betroffen sind. „Die Leute sind sehr zurückhaltend und wollen zur jetzigen Zeit oftmals keine Handwerker im Haus haben“, hat er erfahren. Es sei eine hohe Investitionszurückhaltung spürbar, alles werde zurückgestellt, was nicht lebensnotwendig sei.

Kaum neue Aufträge

Dafür müsse man in der jetzigen Situation Verständnis haben. Auch neue Aufträge kämen kaum noch herein, so dass spätestens in ein paar Wochen die Krise auch voll durchschlage.

Doch schon jetzt seien einige Bereiche wie die Gebäudereiniger, Ladenbau und Messebauer schwer angeschlagen, da es praktisch keinerlei Aufträge mehr gebe. „Da kann man nur hoffen, dass die Corona-Pandemie bald vorbei ist.“

Das Beraterteam der Kreishandwerkerschaft sei derzeit „extrem gefragt“, berichtete Hauptgeschäftsführer Oliver Krämer. Die Firmenchefs erkundigten sich nach finanzieller Unterstützung und nach Tipps zur Vermeidung von Ansteckungen. Die Kunden ruft Krämer auf, den Handwerksunternehmen treu zu bleiben, Geduld bei möglichen Lieferengpässen zu haben und noch offene Rechnungen möglichst bald zu begleichen. „Unsere Unternehmen brauchen dringend Geld, um über die Runden zu kommen. Bei vielen geht es schlichtweg um die Existenz“, weiß Thomas Radermacher.

Der Bund, das Land und viele andere Institutionen hätten „beeindruckend und vorbildlich“ reagiert, um den Mittelständlern zu helfen, ihre Liquidität zu bewahren, loben der Kreishandwerkermeister und der Hauptgeschäftsführer. Die Betriebe müssten diese Hilfen nun auch nutzen – von Zuschüssen, Darlehen und Krediten über das wichtige Kurzarbeitergeld, die Stundung von Steuervorauszahlungen oder von Beiträgen etwa für Berufsgenossenschaften und die Sozialversicherung bis hin zu Bürgschaften und Kapitalbeteiligungen.

Gerade die Kreditinstitute hätten zugesagt, unbürokratisch in Vorleistung zu treten, selbst wenn die öffentlichen Hilfsprogramme noch einige Tage auf sich warten lassen sollten. Darüber hinaus sollte mit Großhändlern und anderen Geschäftspartnern über die Stundung von Zahlungen verhandelt werden. Durch niedrigere Mieten und Pachten könne ebenfalls die Zahlungsfähigkeit gesichert werden. An die Kunden und Auftraggeber der Firmen richtet die Kreishandwerkerschaft die Bitte, anstehende Arbeiten nicht aufzuschieben oder sogar zu stornieren.

„Die Betriebe brauchen die Einnahmen und sie werden das Ihre tun, um die Kunden zu schützen. Abstand halten und das häufige Lüften der Räume helfen schon viel gegen eine mögliche Übertragung des Virus.“

Sollten Handwerker aktuell Lieferprobleme haben, weil ihnen der Nachschub fehlt, bittet die Kreishandwerkerschaft um Verständnis für diese Sondersituation. Das Gleiche gelte für vorübergehende Einschränkungen des gewohnten Angebots. „All dies sind wichtige Zeichen, dass man den von vielen Seiten geforderten Zusammenhalt und die gesamtgesellschaftliche Solidarität in dieser äußerst schwierigen Situation auch gegenüber dem Handwerk lebt. Denken Sie daran, dass wir nach dem hoffentlich baldigen Abflauen der Pandemie auch künftig leistungsfähige und qualifizierte Betriebe brauchen, die viele Tausend Arbeits- und Ausbildungsplätze bieten“, blickt Thomas Radermacher in die Zukunft.