Schalke-Fan aus Königswinter„Ich halte euch die Treue“

Der Fan aus Thomasberg sorgt bei jedem Heimspiel für das große Banner im Stadion.
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Königswinter-Thomasberg – Für die Königsblauen reiste Jürgen Otto gewissermaßen schon dreieinhalb mal um den Äquator, verfolgte fast 500 Spiele in deutschen und internationalen Stadien und hat bei Heimspielen immer einen knapp zwölf Meter langen Gruß aus dem Siebengebirge an die Mannschaft und den Gesamtverein dabei. „Thomasberg/Bennert“ steht auf dem Banner, das er meist an der Gegengerade direkt oberhalb des Anstoßkreises befestigt. „Ich bin da, ich halte euch die Treue“, erklärt der 50-Jährige die Symbolik dieser Zaunfahne. „Die Plätze der Banner im Stadion sind mit den Kollegen abgesprochen. Auch wenn sich meines in zentraler Position befindet, gibt es daher keinen Streit.“
Nächste Woche Samstag gegen Berlin wird Otto zum 499. Mal eine Schalke-Begegnung vor Ort verfolgen können. Zum ersten Mal durfte er 1976 als Zwölfjähriger Stadionluft schnuppern. „Damals haben wir gegen Rot-Weiss Essen gespielt. Zweimal Fischer, einmal Rüssmann“, erinnert er sich. Sein Vater hat ihn damals mitgenommen und mit dem Schalke-Virus infiziert.
Nachdem jener 1995 verstarb, gründete Otto ein Jahr später ihm zu Ehren den Fanclub „Siebengebirge-Thomasberg“ und entwarf das Transparent, das ursprünglich nur die Aufschrift „Thomasberg“ trug. Er, der sich als damaliger Fanclub-Vorsitzender um das Banner gekümmert hat, musste 2006 mit ansehen, wie es Anhänger von Borussia Dortmund verbrannten. Nachdem der Schock überwunden war, gab der Thomasberger ein neues Erkennungszeichen in Auftrag. 2007 verließ er den Fanclub aufgrund von Meinungsverschiedenheiten, nahm die Zaunfahne mit und entwickelte ein persönliches Banner, denn er fügte den Namen seines Heimatdorfes Bennert hinzu. Bis heute begleitet ihn das Transparent zu jedem Heimspiel. Zwei Stunden vor dem Anpfiff ist Otto immer im Stadion und hängt die Zaunfahne an den Unterrang.
Bei allen Heimspielen ist er dabei, ab und zu begleitete er seine Knappen auch zu den Auswärtskicks. „Als ich 2007 aus dem Fanclub ausgetreten bin, habe ich Fans aus dem Westerwald getroffen, mit denen ich regelmäßig unterwegs bin.“ Manchmal bricht er auch mit seiner Frau Petra und seinem Neffen Sascha (14) auf und verbindet die Fahrten mit einer Städtetour. „Zuletzt waren wir während des Christkindlesmarktes in Nürnberg, in dieser Saison wollen wir nach Hamburg.“ Der Mitarbeiter eines regionalen Versorgungsunternehmens freut sich über die Unterstützung durch seine Kollegen. „Manchmal tauschen sie mit mir die Schichten, damit ich die Spiele besuchen kann. Super nett ist das.“
Den größten Erfolg der Schalker hat er nicht im Stadion erlebt. „1997 beim UEFA-Cup-Sieg war ich auf Kegeltour auf Ibiza. Wir haben zwei Jahre dafür in die Kasse gespart, daher konnte ich die Reise nicht absagen.“ Bei der legendären Vier-Minuten-Meisterschaft 2001 machte er jedoch im Parkstadion hautnah Erfahrungen mit beiden extremen Gefühlswelten. „Erst brachen alle Dämme voller Freude, dann folgte auf einmal die totale Stille. Das war ganz schlimm.“ Der DFB-Pokalsieg ein paar Tage später gegen Union Berlin rückte sein Gemüt dann aber wieder zurecht.
Obwohl er kein Fanclub-Mitglied mehr ist, wird Otto noch immer zu Bezirkstreffen der Fanclubs eingeladen. „Das Privileg hat nicht jeder“, sagt er ein wenig stolz. Oft kommen zu den Veranstaltungen auch Schalker Spieler, die dann für Fotos zur Verfügung stehen und manchmal sogar die ein oder anderen Interna ausplaudern. „Die Schalker sind wie eine große Familie. Da gibt es so viele tolle und hilfsbereite Leute. Ich möchte sie nicht mehr missen.“
Mehr als 143 000 Kilometer hat er auf seinen Fahrten schon zurückgelegt, viele Erinnerungen davon hat Otto in vier Kellerräumen seines Hauses zusammengestellt. „Das ist schon ein kleines Schalke-Museum. Vom ersten Trikot, das ich als Vierjähriger von meinem Vater bekommen habe, bis zu diversen Fotos, Schals oder Eintrittskarten, ist alles zu sehen.“ Sogar das Haus selbst ist blau und weiß, diese Farbgebung habe aber nichts mit seiner Leidenschaft zu tun, sondern sei zufällig entstanden, betont er.