Nach der Pleite 2023 läuft die Produktion der Einmachgläser-Marke Weck in Bonn wieder auf Hochtouren. Die neuen Eigentümer von Aurelius investieren in neue Produkte, Marketing und Personal.
Bonner UnternehmenTraditionsmarke Weck startet nach Insolvenz neu durch

In den Schmelzwannen, in denen das Glas für die weithin bekannten Weck-Gläser eingeschmolzen wird, herrschen Temperaturen von rund 1600 Grad – an 24 Stunden am Tag und an 365 Tagen im Jahr.
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Als das Traditionsunternehmen J. Weck im Sommer 2023 Insolvenz anmeldete, löste das einen regelrechten Boom auf die fast in jedem Haushalt vorhandenen Einmachgläser aus. Die Vorstellung, dass es die bald nicht mehr zu kaufen geben könnte, ließ die Bestellungen im Online-Shop regelrecht explodieren, berichtete damals der Insolvenzverwalter.
Mehr als zwei Jahre später läuft die Glasproduktion bei Weck in Bonn im Akkord. Aufbruchstimmung. Die oberen Etagen des Werksgebäudes erleben Schritt für Schritt eine Generalüberholung: Aus vielen kleinen Einzelbüros ist ein großes geworden. In einem – noch leeren – Raum soll bald eine Kantine für Mitarbeitende entstehen. Die neue Geschäftsführung hat einiges vor mit dem Unternehmen, das auf eine 125-jährige Geschichte zurückblickt.
Weck, die Traditions-Glasmarke mit dem Erdbeersymbol, mit Muttergesellschaft in Süddeutschland und großem Werk in Bonn-Duisdorf, hat das „Einwecken“ berühmt gemacht – das Konservieren von Obst und Gemüse in luftdichten Gläsern. Doch wenn man den neuen Eigentümern glauben will, ist in den vergangenen Jahren zu wenig passiert, damit das so bleibt: Vertrieb und Marketing waren offenbar Nebensache. Was aus Sicht der neuen Führung die Insolvenz des Unternehmens vor gut zwei Jahren begünstigt hat.
„Es hat keinerlei Investitionen in die Marke Weck gegeben“, sagt Geschäftsführer Jan Becker. Er kommt von der Aurelius-Gruppe, einem Finanzinvestor aus München, der Weck Ende 2023 aus der Insolvenz herausgekauft hatte.
„Der E-Commerce-Umsatz war marginal, es wurden keine neuen Produkte mehr entwickelt, der Webshop war schwierig aufzufinden.“ Auch seien IT-Investitionen ausgeblieben. Dass beim Verkauf noch Luft nach oben ist, hatte schon Insolvenzverwalter Thilo Braun betont: „Vertriebsseitig ließe sich noch viel erreichen“, sagte er damals bei der Investorensuche.
Klar ist nur: Der Fonds, über den Aurelius Weck gekauft hat, verfügt über ein Kapital von 540 Millionen Euro und hat neben Weck in elf weitere Unternehmen investiert. Der neue Geschäftsführer kommt selbst nicht aus der Glasindustrie, hat sich aber auf die vorübergehende Übernahme von Unternehmen spezialisiert, die in den Augen von Finanzinvestoren Potenzial haben. In der Vergangenheit hatte er etwa den Helmhersteller Schuberth aus Magdeburg neu aufgestellt. Auch Weck soll nicht für immer in den Händen von Aurelius bleiben. Der Investor will das Unternehmen wieder fit machen – und dann weiterverkaufen.
Neue Produkte und auch mehr Auslastung
Dafür will er die Marke „Weck“ präsenter machen. Gelingen soll das unter anderem mit einem größeren Sortiment. Derzeit entwirft Weck 25 neue Formen für Gläser, die an die Verpackungsindustrie gehen. Für jede neue Form braucht es neue Werkzeuge und langwierige Prüfungen – rund 40.000 Euro kostet der Entwicklungsprozess pro Form. Damit will Becker künftig das Werk voll auslasten. „Wir erwarten eine Auslastung von 90 bis 95 Prozent für das laufende Jahr – das ist erheblich besser als das vergangene“, sagt er.
Das Herzstück des Duisdorfer Werks sind zwei Schmelzwannen, die Glas bei 1600 Grad zerfließen lassen, damit es im Anschluss in die richtige Form gepresst werden kann. Beide laufen Tag und Nacht. Sie werden nie abgestellt, außer bei der Wartung. Wenn das Werk also nicht ausgelastet ist, bleiben die Fixkosten trotzdem hoch.
Der Onlineshop wird neu aufgelegt, der Verkauf über Amazon angekurbelt. Mit Produkten wie dem im Frühjahr lancierten „Einkochbuch“ – das bald in mehreren Sprachen erscheinen soll – will Becker die Marke „Weck“ auch international stärken, ein „Fermentierbuch“ ist für Anfang 2026 geplant. Für die Belegschaft bleibt die Neuausrichtung nicht ohne Folgen. Schon kurz nach der Übernahme ließ Aurelius den Verlag schließen, der im südbadischen Wehr Ratgeber und Zeitschriften vertrieben hat – 32 Mitarbeiter mussten gehen, teilte das Unternehmen damals mit. In Bonn seien mehr als 20 Stellen geschaffen worden, sagt Becker: insbesondere für Produktentwicklung, Marketing, Vertrieb, E-Commerce und Produktmanagement. 260 Mitarbeiter sind derzeit in Bonn beschäftigt, dazu kommen rund 20, die noch in Süddeutschland sowie in Warendorf arbeiten.
Der Umsatz liegt in diesem Jahr bei etwa 60 Millionen Euro, vergangenes Jahr habe er noch erheblich darunter gelegen. 2026 soll er „deutlich zweistellig wachsen“.
