Brigitta Poppe-Reiners und Hardy LohmeyerUrgesteine rechnen mit Grünen-Fraktion ab

Die langjährigen Grünen-Ratsmitglieder Brigitta Poppe-Reiners und Hardy Lohmeyer (vorne) bei der Ratssitzung.
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Bonn – Es waren schwierige Tage für alle. Verständnis, Enttäuschung, Wut und Verärgerung: Die Gefühlslage bei den Bonner Grünen könnte nach dem Austritt ihrer beiden Urgesteine Brigitta Poppe-Reiners und Hardy Lohmeyer aus der Stadtratsfraktion unterschiedlich nicht sein. Fakt ist: Die Grünen sind jetzt mit 17 Sitzen im Stadtrat gleichauf mit der CDU. Die sicher geglaubte und angestrebte Mehrheit für ein Bündnis der Grünen mit SPD und Linken ist rein rechnerisch dahin.
Bis zuletzt hatte die Partei- und Fraktionsführung versucht, Poppe-Reiners und Lohmeyer in der Fraktion zu halten. Doch die Verletzung der 63-jährigen ehemaligen Fraktionssprecherin nach ihrer Niederlage in der Bezirksfraktion Bonn, wo statt ihrer Fraktionsneuling Eva Kuzu zur Kandidatin für den Bezirksbürgermeisterposten gekürt wurde (ins Amt gewählt wurde letztlich SPD-Mann Jochen Reeh-Schall) sitzt offensichtlich tief. Zu tief, als dass sich die erfahrene Kommunalpolitikerin und ausgewiesene Umweltexpertin durchringen kann, doch in der Ratsfraktion zu bleiben. Ihr langjähriger Weggefährte Lohmeyer, mit dem sie in der vorherigen Ratsperiode die Fraktion gemeinsam geführt hat, ist diesen Schritt offensichtlich nicht nur aus reiner Solidarität mitgegangen, wie beide am Donnerstag in einer offiziellen Erklärung zu ihrem Austritt deutlich machen. Der Austritt sei die logische Konsequenz aus einer ganzen Reihe von innerfraktionellen Ereignissen und Entscheidungen, schreiben sie. Und nicht nur der Streit um das Bezirksbürgermeisteramt nennen sie als Grund. Auch ihre der Grünen-Fraktion entgegenstehenden Haltung zur Melbadbebauung führen sie auf.

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„Noch nie haben wir erlebt, dass eine Grüne-Ratsfraktion in einem Abwägungsprozess zu einem großen Bauvorhaben ökologische und planerische Aspekte so wenig berücksichtigt.“ Sie hätten ihre kritische Haltung zu dem Bauprojekt in Gesprächen mit deutlich gemacht.
„Das kam nicht gut an.“ Sie seien zudem in der Partei in Ungnade gefallen, weil sie als amtierende Fraktionsvorsitzenden in der vorherigen Ratsperiode einen von den Grünen mitinitiierten Ratsbürgerentscheid zur Melbbadbebauung verhindert hätten.
Versöhnliche Töne am Ende der Erklärung
„Wir konnten nicht tatenlos zusehen, wie das Ansehen der Partei, die sich Bürgerbeteiligung ganz oben auf die Fahne geschrieben hat, nachhaltigen Schaden nimmt.“ die Austrittsentscheidung nicht leicht gemacht und seien für „künftige Gespräche und eine kooperative Zusammenarbeit mit der Grünen Ratsfraktion, der Oberbürgermeisterin und einer künftigen Koalition gerne bereit“, heißt es beinahe versöhnlich am Ende ihrer Erklärung. Denn: Ihre Mandate wollen beide behalten und künftig als Gruppe im Stadtrat auftreten.
Sätze, die Oberbürgermeisterin Katja Dörner und auch Grünen-Fraktionssprecherin Annette Standop zuversichtlich stimmen, dass es im Rat nach wie vor eine Mehrheit „zur Gestaltung des Politikwechsels“ geben wird, wie sie in ihren Statements erklären. So sieht Dörner auch bei der geschrumpften Ratsfraktion nach wie vor „eine solide Mehrheit“ für den Wechsel.
Dessen gewiss ist sich auch Standop. Nach all den Gesprächen, die in den vergangenen Wochen stattgefunden hätten, sei der Austritt für sie zwar unverständlich. „Jetzt müssen die beiden ehemaligen Kollegen zeigen, wie sie den klaren Wählerauftrag für einen Politikwechsel in Bonn umsetzen wollen. Wir als grüne Ratsfraktion schauen jetzt nach vorne und arbeiten weiterhin mit voller Kraft für ein starkes Bündnis im Rat.“ Dass Poppe-Reiners und Lohmeyer ihre Mandate behalten und nicht an die Partei zurückgeben wollen, sei deren Sache, so Standop. „Wäre ich in der Situation, würde ich es zurückgeben.“ Schließlich erhalte man das Mandat, weil man als Mitglied einer Partei gewählt werde.
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Möglicherweise springt nun doch noch die Bürgerbewegung Volt den Grünen bei. Deren Fraktionsvorsitzende Friederike Martin schließt entgegen früherer Äußerungen nicht mehr aus, dass Volt sich eventuell doch als vierter Partner einem Bündnis aus Grün-Rot-Rot anschließen könnte. „Es kommt natürlich auf die inhaltlichen Schnittmengen an.“ Klar ist schon jetzt: Volt sieht die Finanzierung von Oper und Theater äußerst kritisch. Aber auch zwischen Grünen, SPD und Linken wird manches nicht mit links zu lösen sein, wie man hört. Dazu gehört sicherlich der Vorstoß Dörners, die Pläne für einen sechsspurigen Ausbau desTausendfüßlers zu stoppen. Dürfte der SPD nicht schmecken.
Für die CDU schließt Ratsfraktionschef Guido Déus nach wie vor eine Wiederauflage eines Bündnisses mit den Grünen aus. An der grün-linken Mehrheit im Rat habe sich schließlich nichts geändert. FDP-Fraktionschef Werner Hümmrich sorgt sich: „Im Moment wandern wir in Richtung Handlungsunfähigkeit.“ Marcel Schmitt (BBB) beklagt, dass wegen der Personalquerelen bei den Grünen die Bildung des Hauptausschusses immer noch nicht erfolgt sei. Der Ausschuss könne aber in Pandemiezeiten als verkleinerter Rat dringliche Angelegenheiten schnell bearbeiten.