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Corona-KriseJetzt 37 Infizierte in Bonn – Noch nie dagewesene Situation

Lesezeit 4 Minuten
SARS-Cov-2

Diese rasterelektronenmikroskopische Aufnahme zeigt SARS-CoV-2 (orange)

Bonn – Insgesamt habe die Arbeit im neuen Coronavirus-Diagnostikzentrum schon gut geklappt, bilanzierte Susanne Engels, stellvertretende Leiterin des städtischen Gesundheitsamtes, gestern Nachmittag auf einer Pressekonferenz der Stadt. Es hätten zwar einige Menschen ohne Zuweisung dort gestanden, von einem „Massenanlauf“ könne aber keine Rede sein.

Am Wochenende wurden laut Engels Abstriche bei 36 Personen vor Ort und bei weiteren 28 durch mobile Teams genommen, die Ergebnisse stünden aber noch aus.

Die Anzahl der Fälle im Stadtgebiet ist indes weiter gestiegen: Während die Zahl der bestätigten Fälle am Samstagnachmittag noch bei 28 lag, verzeichnete die Stadt am Sonntagnachmittag bereits 37 Infizierte, von denen jedoch keiner schwer erkrankt sei. Dabei soll es sich hauptsächlich um Reiserückkehrer handeln, wie Stadtdirektor Wolfgang Fuchs sagte. Zwei bestätigte Fälle gebe es bei der Polizei, ansonsten seien alle Berufsgruppen betroffen. Influenza-Fälle gibt es Stand Sonntag insgesamt 529 in Bonn.

Diagnostikzentrum

In dem am Samstag neu eingerichteten Diagnostikzentrum in der Gotenstraße ist es nach Angaben der Stadt beim Start zu etlichen Missverständnissen gekommen, weil sich dort Menschen einfanden, die auf eigene Faust vorsprachen und keine Zuweisung hatten. Untersuchungen, stellte die Stadt klar, fänden dort nur statt, wenn zuvor der Hausarzt oder der ärztliche Bereitschaftsdienst (Tel. 116117) einen Termin vereinbart habe. Bei der städtischen Hotline ( 7175) müssten Bürger Geduld haben, weil es zahlreiche Anrufer gebe. Das Diagnostikzentrum soll die niedergelassenen Ärzte, den städtischen Rettungsdienst, das Notarztsystem, die Feuerwehr und die Kliniken entlasten (Rundschau von Samstag).

Mehr Klarheit gibt es unterdessen in Sachen Kinderbetreuung: Ab heute sollen Kindertagesstätten und der Offene Ganztag auch weiterhin geöffnet haben – allerdings nur für Kinder von sogenannten Schlüsselpersonen. Das seien im Wesentlichen Eltern in Berufsgruppen, deren Tätigkeiten für die Aufrechterhaltung zentraler Funktionen notwendig seien, also etwa im Gesundheitswesen, Pflege, öffentliche Sicherheit/Ordnung oder Infrastruktur, wie Schuldezernentin Carolin Krause erläuterte. „Wir sind froh, dass viel Personal da ist und die Leute auch Ängste überwinden, um zur Verfügung zu stehen“, so Krause. Heute und morgen könnten Eltern noch nach eigenem Gewissen entscheiden und ihre Kinder in die Betreuung schicken. Ab Mittwoch sei eine Bestätigung vom Arbeitgeber notwendig. „Hier kann man an die Arbeitgeber nur den Appell richten, möglichst flexibel mit Arbeitszeiten umzugehen“, sagte Oberbürgermeister Ashok Sridharan dazu. „Es ist eine ganz besondere Situation, die wir alle noch nicht erlebt haben. Da müssen wir alle dafür Sorge tragen, das zu bewältigen.“ Wie Sridharan weiter erklärte, sollen sowohl die Kita- als auch die OGS-Beiträge für Eltern, die ihre Kinder nicht in die Betreuung geben können, für den betreffenden Zeitraum erstattet werden können. Für weitere Fragen in Sachen Kita- und OGS-Betreuung soll zeitnah eine Hotline eingerichtet werden.

Maßnahmen der Uni

Die Bonner Universität hat wegen des Coronavirus verschiedene Maßnahmen beschlossen. Insbesondere werden ab heute alle für die kommenden Wochen geplanten Prüfungen im Verantwortungsbereich der Unit abgesagt und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Die Universitäts- und Landesbibliothek Bonn habe seit Samstag ihren Präsenzbetrieb eingestellt. Eine Bücherausleihe ist zu den auf der Homepage der ULB veröffentlichten Zeiten weiterhin möglich. Laufende Lehrveranstaltungen wie Vorlesungen, Seminare oder Praktika würden grundsätzlich unterbrochen. Wer sich in den nächsten Wochen zum Sommersemester 2020 an der Uni einschreiben möchte, könne dies per Post tun. (csc)

Im städtischen Dienstleistungszentrum müssen Bürger vorerst draußen warten: Der neue Warteraum soll erst einmal nicht mehr zur Verfügung stehen, um die Gefahr einer Ansteckung zu minimieren. Die Wartenummern sollen aber auch von außen sichtbar sein. Oberbürgermeister Sridharan bittet indes alle Bürger, möglichst wenig direkten Kontakt zu den Dienststellen zu suchen und Anliegen via E-Mail oder Telefon zu klären. Auch die Stadtverwaltung selbst ist von einigen Maßnahmen betroffen: So soll künftig auf Besprechungen verzichtet werden, stattdessen sollen Video- und Telefonkonferenzen abgehalten werden. Alle Sitzungen des Stadtrates und von Ausschüssen werden bis zu den Osterferien abgesagt. „Wir werden dennoch weiterhin alle Möglichkeiten haben, Entscheidungen herbeizuführen“, so Sridharan.

Die Stadtwerke Bonn (SWB) wollen laut Stadtdirektor Fuchs ab Mittwoch voraussichtlich auf Ferienbetrieb umstellen. Die Allgemeinverfügung der Stadt hinsichtlich Schließungen vom Freitag könnte noch ausgeweitet werden.

Krisenstab berät über Schließung von Kneipen

Am heutigen Montag will sich der Krisenstab der Stadt Bonn damit befassen, gegebenenfalls über weitere Maßnahmen wie das Schließen von Kneipen und Bars zu verfügen, so der OB. Beim Einzelhandel seien derzeit keine Schließungen in Vorbereitung, man müsse aber die Entwicklungen abwarten. Gleichzeitig kündigte der OB an, dass man auf Pachtzahlungen von Veranstaltern, die bei der Stadt Räume gepachtet haben, für die Dauer der Einschränkungen verzichten wolle. Mit Blick auf mitunter „leer gefegte Regale“ in Supermärkten betonte Sridharan: „Nach Gesprächen mit dem Vorsitzenden des Einzelhandelsverbandes Bonn/Rhein-Sieg besteht kein Anlass zur Sorge, dass wir nicht mehr ausreichend versorgt werden können. Es ist definitiv nicht notwendig, Einkäufe für mehrere Wochen zu machen. Hamsterkäufe sind nicht erforderlich.“