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Geschichte zum MitmachenBesucher werden in Bonn Teil der Zeitreise

4 min
Die neue LED-Wand ist die erste Interaktionsmöglichkeit von „Du bist Teil der Geschichte“.

Die neue LED-Wand ist die erste Interaktionsmöglichkeit von „Du bist Teil der Geschichte“.

Das Haus der Geschichte präsentiert seine neue Dauerausstellung: Besucher tauchen per LED-Wand und Touchscreen in historische Szenen ein.

„Du bist Teil der Geschichte“ – dieses Narrativ zieht sich wie ein roter Faden durch die neue Dauerausstellung im Bonner Haus der Geschichte. Ein neuer Ansatz, dessen verschiedene Elemente Ruth Rosenberger, Zeithistorikerin, stellvertretende Präsidentin der Stiftung Haus der Geschichte und Direktorin Digitale Dienste, in den vergangenen Jahren erprobt hat. Jetzt wird es ernst: Was sich in der Ausstellungsreihe „Proberaum“ bewährt hat, kommt nun in der großen Schau zum Einsatz.

Dazu gehört beispielsweise die neue LED-Wand, die den Prolog der Dauerausstellung präsentiert – mit 13,5 mal vier Metern Fläche. Sie bildet die erste Interaktion von „Du bist Teil der Geschichte“. Den besten Blick auf die gebogene Panoramawand hat man vom ebenfalls neu gestalteten, bühnenartigen Balkon ganz oben im Haus der Geschichte. Dort, wo früher der Parcours von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis in die Gegenwart endete, beginnt nun – der neuen Dramaturgie folgend – der Einstieg. Der Vorteil, so Rosenberger: Man erhält den Überblick über die gesamte Geschichte und eindrucksvolle Blickachsen.

Schon 1994, zur Eröffnung des Hauses der Geschichte, gab es eine Panoramawand: Damals warfen 94 Projektoren ihre Bilder von hinten auf 94 Kacheln. Die Technik erwies sich als störanfällig, die Bilderwand war häufig schwarz.

Heute gilt neuester Standard: Zehn verschiedene historische Motive, die sich auf die Dauerausstellung beziehen, werden nach und nach in sehr hoher Auflösung gezeigt. Kameras nehmen die Silhouetten und Bewegungen der Besucherinnen und Besucher auf dem Balkon auf und fügen sie in die historischen Szenen ein.

Wandeln durch die Bilderwelten im Haus der Geschichte in Bonn

Wer die bekannten Passagen aus dem Hollywoodfilm Forrest Gump (1994) mit Tom Hanks kennt, in denen er sich unter das historische Personal, darunter John F. Kennedy, mischt, kann sich den Effekt vorstellen. Nur wandeln die Gäste im Haus der Geschichte nun als Silhouetten durch die Bilderwelten. Das ist ihr Entree als Individuen in den Geschichtsparcours, in den sie sich buchstäblich einschreiben: „Du bist Teil der Geschichte“ lautet die Botschaft.

Zu den Szenen gehören etwa das Brandenburger Tor und die Kriegstrümmer von 1945, ein Zebrastreifen 1961 in Berlin oder spielende Kinder vor einer „Platte“, einem Plattenbau in der DDR. Insgesamt fünf weitere Stationen erinnern die Besucherinnen und Besucher daran, dass sie Teil der Geschichte sind, und fordern zur Interaktion auf. „Der persönliche Bezug zur Geschichte ist wichtig“, betont Rosenberger.

Der persönliche Bezug zur Geschichte ist wichtig.
Ruth Rosenberger, Stiftung Haus der Geschichte

Gleich zu Beginn, im Abschnitt zu den Fluchtszenarien nach 1945, findet sich eine interaktive Deutschlandkarte. Frage: „Wo wohnst du?“ Mit dem Fingerabdruck kann man den eigenen Ort markieren und erfährt, in welcher Besatzungszone er lag. Rosenberger: „Der Besucher soll sich selbst in der Geschichte verorten.“ An anderer Stelle wird man aufgefordert, handschriftlich seinen Namen einzutragen. Anschließend erfährt man, in welchen Jahren dieser Name besonders häufig vorkommt, wie die statistische Verteilung aussieht.

Nach dem Kapitel zum Kalten Krieg stößt der Besucher auf eine Glaswand mit Zeitstrahl über das 20. und frühe 21. Jahrhundert. Die Frage lautet: „Wann bist du geboren?“ Legt man die Hand auf den Zeitstrahl, erscheinen Impressionen auf der Projektionswand, die das jeweilige Zeitprofil bebildern – Bilder einer Generation. Währenddessen rutschen die Handabdrücke der übrigen Gäste weiter nach oben.

Vor allem digitalaffine Menschen werden angesprochen

Man durchschreitet die Fußgängerzone der 1970er und 1980er Jahre, erreicht das Kapitel der Friedlichen Revolution und trifft mit „Was bewegt dich?“ auf die nächste Frage-Station von „Du bist Teil der Geschichte“. Dort heißt es kurbeln: Themen wie „Umwelt“, „Frieden“ oder „Gleichberechtigung“ leuchten umso eindrucksvoller auf, je intensiver man sich anstrengt. „Es entstehen Verdichtungen von Licht, Lichtkugeln, die immer größer werden“, sagt Rosenberger begeistert.

„Mit medialen Interaktionen und visuellen Inszenierungen wollen wir in erster Linie digitalaffine Besucherinnen und Besucher ansprechen und den Stil unserer Ausstellungen weiterdrehen.“ Nach dem „Cliffhanger Schabowski-Zettel“ folgt die analoge Station „Was hat dein Leben verändert, was waren Wendepunkte?“ – im Zusammenhang mit der Deutschen Einheit. Besucher können ihre Erinnerungen mit Zettel und Stift festhalten und an eine Art Glücksrad heften.

Von dieser Station aus eröffnet sich bereits der Blick auf den eindrucksvollen Epilog von „Du bist Teil der Geschichte“. Wer diesen Punkt erreicht, wird gebeten, vor einem der drei Screens zu posieren. Wieder entstehen Silhouetten, die sich nun jedoch mit historischen Motiven füllen lassen. Die Botschaft lautet: „Geschichte ist ein Teil von mir.“ Rosenberger: „Die gesamte Abschlusswand mit 17 Monitoren zeigt schließlich die Silhouetten jener Besucherinnen und Besucher, die an der letzten Interaktion teilgenommen und sich entschieden haben, mit welchem historischen Motiv ihr Bild im Haus der Geschichte bleiben soll.“