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EnergiekriseDer Weihnachtsmann muss auch in Odendorf sparen

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Marc Schlief zeigt eine der Folien, die sein Haus aussehen lassen, als sei es aus Lebkuchen.

Swisttal – Die „Live-Übertragung vom Nordpol zum Haus des Weihnachtsmanns“ in der Tombergstraße in Odendorf findet trotz der Energiekrise statt. Aber sie wird drastisch gekürzt: auf 18 bis 20 oder vielleicht 21 Uhr. Auch der Weihnachtsmann muss sparen.

Die Familie Schlief, der das Haus gehört, hatte vor lauter Schreck über die jüngste Stromrechnung  schon beschlossen, die Projektion aus der vermeintlichen Heimat des amerikanischen Weihnachtsmannes, die Jahr für Jahr aus ihrem Badezimmer flimmerte, komplett abzusagen – auch den Einblick in die Elfenwerkstatt am Küchenfenster oder das gleißende Licht auf dem Dach des „Lebkuchenhauses“. Doch das Entsetzen im Bekanntenkreis war groß. Marc Schlief sah ein: „Die Kinder glauben daran. Was sollen sie den denken, wenn das Haus dunkel ist und der Weihnachtsmann ihnen nicht wie gewohnt winkt?“

In der Krise vielleicht als Verschwender anzuecken, wollen Silke und Marc  Schlief gerne ausgehalten. Aber: „Das volle Programm geht finanziell einfach nicht“, stellte der Familienvater  fest: „Wir haben uns das jahrelang geleistet, in dem wir freiwillig den Abschlag für jeden Monat erhöht hatten, damit es im Jahresschnitt hin kommt. Aber wir haben jetzt schon mehr Strom verbraucht, als der Abschlag hergab.“ 

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Der Weihnachtsmann steht noch in der Garage. Er hat dieses Jahr Kurzarbeit.

Die Totalabsage war zwar klar beschlossen, aber, das merkte Marc Schlief direkt: „Sie brach meiner Frau das Herz.“ Darum wollte er sich am Montag noch ins Zeug legen, dass das Haus wenigstens mit aller Deko, die in der Garage die Flut überstand oder nach der Starkregenkatastrophe gekauft wurde, nach der bunten Märchenwelt aussieht, die der Zeichner Walt Disney entwarf. Aber das wird nicht reichen.

Peter Pan und Tinkerbell ertranken in der Flut

Peter Pan und Tinkerbell sind das Flut zum Opfer gefallen. Die Verluste waren groß. „Erst stieg das Wasser auf der Wiese. Dann lief es durch die Kellerfenster rein. Zusätzlich drückte Grundwasser hoch. Erst habe ich Wasser geschippt, aber das hatte keinen Sinn.“ Den 60er-Jahre Bosch-Kühlschrank, den er türkis lackiert und in einer Fernsehsendung gezeigt hatte, hörte er – wie er aufschwamm und umkippte. Einen der Beamer griff er sich. „Er ist mir aber aus der Hand gerutscht und ins Wasser gefallen. Ich habe ihn darum lange trocknen lassen, und er geht tatsächlich noch“, berichtet Schlief: „Meine Frau sagte noch: ,Wir müssen Akten retten!‘ Zuletzt stand es bis über die Mitte der Kellerfenster“, erinnert sich der Mann.

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Aus dem Obergeschoss winkt der Weihnachtsmann, und viele Kinder glauben an die "Direktübertragung vom Nordpol", sagt Marc Schlief.

Ein paar Figuren konnte er abwaschen, aber von seiner Weihnachtsdeko aus den 40er und 50er Jahren ist nichts übrig geblieben: „Die Kugeln waren noch aus Papier und Pappe. Ich habe nachher die durchnässten Kisten ungeöffnet weggeworfen.“ Auch die Stromkabel und Lichterketten waren alle hin. „Als der Estrich weggestemmt wurde und jemand aus Versehen eine Leitung traf, kam da Wasser rausgelaufen. Da habe ich erst begriffen, was alles neu gemacht werden musste.“ Den „schmalen Bach“, in dem er als Kind so arglos spielte, hat Schlief nun für sich als „gefährlich“ eingestuft.

Mit ein paar Verlängerungskabeln angefangen

„Meine  Frau war schon verrückt nach Disney-Figuren, als wir noch in Ollheim gewohnt haben, und ich bin beleuchtungsjeck.“ Mit ein paar Lichtern vor dem Haus habe es angefangen, und immer sagte seine Frau: „Es müsste mehr und heller sein.“ In den Anfängen habe ich bloß normale Verlängerungssteckdosen genommen und sie mit Blumentöpfen gegen Regen geschützt.“ Mit den Jahren wurde seine Ausrüstung jedoch immer professioneller, die Kabel schnell über 1000 Meter lang. „Die ,boah‘- und ,schön‘-Kommentare der Kinder und Alten haben mich angespornt.“

Für das Haus, das die Familie vor etwa sieben Jahren in Odendorf bezog, fertigte ein Freund maßgeschneiderte Planen mit Lebkuchenaufdruck an. „Dahinter waren die Zimmer dann wochenlang dunkel, und im Bad und in der Küche standen die Projektoren. Im Wohnzimmer konnte man gar nicht mehr fernsehen, weil sich die Kinder die Nase an der Scheibe platt drückten, um einen Blick auf die Dekoration zu werfen“, berichtet Schlief. Der Baum war voll mit Disney-Figuren und Zuckerstangen. Über dem gelben Stern an der Spitze kreiste der Weihnachtsmannschlitten mit der Disney-Figur Pluto als Zugtier.

Und gerade wegen der Kinder legte sich Schlief voriges Jahr mit den alten Lebkuchenplanen und der neuen Deko so richtig ins Zeug. Neue Kabel, neue Leuchten, eine riesige Nussknackerfigur, ein aufblasbarer Eisbär und ein digitaler Countdown neben der Haustür für die Tage bis  Weihnachten verwandelten das Haus in einen Besuchermagneten, für die so mancher Odendorfer seinen gewohnten Abendspaziergang umlenkte. Böse Zungen behaupteten, in der Tombergstraße wär  ja gar kein Hochwasser gewesen, als die Künstlerin Sabrina Schumacher der Familie einen Stein mit dem im Ort bekannten „Winter Wonderland – Wir halten zusammen“-Motiv schenkte. Sie fand, die Installation sei ein Lichtblick gerade nach der Flut.

Lüfter und Beamer verbrauchen viel Strom

Doch die Energiekrise trübt das Weihnachtsvergnügen. „Es leuchten zwar inzwischen nur noch LEDs, aber die Aufblasfiguren haben Lüfter, und die Beamer verbrauchen viel. Geld sammeln will ich nicht.“ Seine Kinder, Lena (6) und Paul (4), die anders als die Eltern noch nie in Disneyland waren, wollten es ohnehin nicht ganz glauben, dass dieses Jahr kein Weihnachtsmann grüßt. Schlief, der auch als Hausmeister an einer Schule in Swisttal ist, weiß, wie betrübt enttäuschte Kinder sein können, ließ sich so noch rechtzeitig umstimmen. Zeit genug für den Aufbau ist noch.