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Fronhof in HeimerzheimBarrierefreier Umbau der Bushaltestelle erhitzt Gemüter

Lesezeit 3 Minuten

Baustelle: Leere Tische, viele Barrieren.

Heimerzheim – Auf der einen Seite der rot-weißen Front aus Kunststoffbarrieren „Am Fronhof“ kreischt die Asphaltsäge. Auf der anderen versucht ein Paar aus Aachen trotzdem das Frühstück zu genießen. „Der Lärm ist fürchterlich. Wenn ich das Essen nicht schon auf dem Tisch gehabt hätte, wäre ich gegangen“, presst die wütende Touristin hervor, die mehrfach im Jahr mit ihrem Partner beim Ausflug zur Mutter hier einkehrt – ein ritueller Fahrradausflug, der in vier Wochen wohl keine Wiederholung findet, denn die an diesem Montag begonnenen Bauarbeiten sollen sich sechs Wochen lang hinziehen.

Geschätfsleute verzweifeln

Die Geschäftsleute jenseits der Straße „Am Fronhof“, wo derzeit die Bushaltestelle barrierefrei umgebaut wird, sind verzweifelt. „Es ist eine Katastrophe“, sagt Georgios Karamanlidis (42): „Das Informationsschreiben ist vorige Woche hier angekommen. Ich habe sofort bei der Gemeinde angerufen, ob man das nicht verschieben könnte, aber da hieß es: Zum Ausgleich kämen die Bauarbeiter ja bei mir essen.“ Nun fragt sich der Inhaber des Grill-Imbiss „Athen“, wie drei Bauarbeiter die komplette Laufkundschaft ersetzen sollen. „Die Ferien waren in all den 22 Jahren, die ich den Grill habe, immer mein Hauptgeschäft. Statt der acht oder zehn Tische, die vorher vor dem Haus stehen durften, kann ich jetzt nur noch zwei aufstellen, aber da setzt sich doch niemand hin.

Ich habe einem Mitarbeiter jetzt gekündigt.“ Auch beim Café Lennartz wird an personelle Konsequenzen gedacht. „Unsere Kunden haben immer hier vorne geparkt. Wir überlegen, ob jemand zu Hause bleiben soll“, sagt Doreen Jonen-Müller (25). Sie findet: „Die Arbeiten sind schlecht terminiert gleich nach der Corona-Zeit.“ Zwei ihrer Kunden amüsieren sich derweil köstlich. Heinz Dieroff und Rudi Kristen trinken ihren Kaffee vor der Tür: „Was sein muss, muss sein“, findet Dieroff. „Dann passiert auch kein Unfall. So beim Ausparken“, wirft Kristen ein. Dieroff: „Stimmt. Einmal die Woche knallt es sonst. Mal ein anderes Bild.“

Der Schneider Seryit Özer, seit acht Jahren mit seinem Geschäft in Heimerzheim ansässig, nimmt die Baustelle mit der Gelassenheit seiner 65 Lebensjahre. Aber er spürt die Auswirkung der Arbeiten: „Ich habe das Geschäft wie üblich um 8.30 Uhr geöffnet, und bis jetzt um 11 Uhr war nur ein einziger Kunde da.“

Bei Roswitha Bell (55) ist das einzige Lebewesen im Laden der Hund, der sich vor Langeweile mitten auf den Fußboden zwischen die Blumen gelegt hat. Die Floristin tröstet sich ein wenig damit, dass es noch schlimmer hätte werden können: „Wenn ich jetzt nicht drei Wochen Sommerurlaub eingeplant hätte, wäre das richtig schlimm geworden.“

Corona beutelt finanziell schon genug

Ihr Geschäft hatte sich schon in der Corona-Zeit allein mit Aufträgen außer Haus über Wasser halten müssen. „Und wer weiß denn, wie sich die Pandemie noch auf die Kaufkraft der Leute auswirkt, so dass die Zahlen nicht erst später richtig in den Keller gehen?“, merkt die Unternehmerin an. Sie sei finanziell genug gebeutelt und den Zeitpunkt für die Bauarbeiten findet sie nun „nicht günstig gewählt“. Bell, die das Geschäft seit neuneinhalb Jahren betreibt, ist jedenfalls sicher, dass ihre übliche Kundschaft eher nicht den gut 100 Meter langen Umweg über eine Nebenstraße nimmt. „Wegen der durchgehenden Barriere kommt außer den Bauarbeitern ja keiner über die Straße.“

Bernd Kreuer, Sprecher der Gemeinde Swisttal, versteht die ganze Aufregung nicht. Seit Jahren sei das Vorhaben in Planung und für die Sommerferien 2020 vorgesehen, und nun sei am 19. Juni die verkehrsrechtliche Genehmigung eingetroffen, weshalb die Anwohner vorigen Montag persönlich oder per Zettel informiert worden seien. Laut Zettel stehen viele Parkplätze nicht zur Verfügung. Die Straße ist komplett gesperrt. Bauende soll am 11. August sein.