In der BackstubeTausende Nester und Wecken gehen zu Ostern über den Ladentisch

Den Teig für 6000 Osternester flechten Marc Reimann und das Bäckereiteam zwischen Gründonnerstag und Ostersonntag.
Copyright: Böschemeyer
SWISTTAL-HEIMERZHEIM – Zu Ostern herrscht in der Heimerzheimer Backstube der Bäckerei Voigt Hochbetrieb: Osternester und Hasenwecken werden dort nach altem Familienrezept und aus regionalen Zutaten gebacken und gehen zu Tausenden über die Verkaufstheken im Vorgebirge. Wenn Konditormeister Marc Reimann und sein Team um 22 Uhr ihre Nachtschicht beginnen, dann heißt es: Teig vorbereiten für das Osterbackwerk und andere Produkte.
Reimann, der auch Betriebswirt ist, arbeitet seit fünf Jahren bei dem in fünfter Generation geführten Familienunternehmen, seit viereinhalb Jahren ist der 27-Jährige stellvertretender Backstubenleiter in der modern ausgebauten Zentrale in Heimerzheim. Dort liegt das Herzstück der 1894 in Bornheim-Merten gegründeten Bäckerei, von dort aus werden sämtliche der inzwischen 48 Filialen mit Broten und Brötchen, Feingebäck, Kuchen und Snacks beliefert, 21 der Zweigstellen liegen in Bonn und im gesamten Vorgebirge. 530 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen insgesamt, in der etwa 2500 Quadratmeter großen Backstube in Heimerzheim arbeiten rund 70 Bäcker und Konditoren, 15 Fachkräfte kümmern sich seit Mittwoch um die Osterproduktion. Ab und an führt Reimann auch interessierte Bürger im Rahmen von an der Volkshochschule angebotenen Kursen durch den Backbetrieb.
Vor Jahren habe man sich für zwei österliche Produkte aus Hefeteig entschieden, erzählt der Bäckermeister: „Wir haben auch schon anderes ausprobiert, aber die hochpreisigen Erzeugnisse wie die Sandkuchenhasen und die Marzipanfiguren liefen nicht so gut.“ Und da bei Voigts niemand etwas davon hält, die Saison allzu früh zu beginnen, startet die Produktion der Nester in der Nacht zum Gründonnerstag und endet am Ostersonntag. In vier Nächten werden rund 6000 Nester gebacken und morgens an die Geschäfte geliefert. Die Herstellung der Hasenwecken beginnt nach Aschermittwoch. Täglich gehen rund 1000 der vor allem bei der weiblichen Kundschaft und bei Kindern sehr beliebten Gebäckstücke über die Verkaufstheken, 2000 Wecken sind es jeden Tag während der Ostertage.

Mit Eimasse werden die Hefekränze eingesprüht.
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„Die Hasen kommen gut an, die handwerkliche Qualität wird von den Kunden geschätzt. Vor drei Jahren haben wir weniger, rund 300 bis 400 pro Tag, hergestellt“, sagt Marc Reimann. Die Produktion im Großbetrieb ist arbeitsaufwendig und beruht, allen Annahmen zum Trotz, vor allem auf Handarbeit: „Bei uns wird die Arbeit noch überwiegend von Menschen erledigt“, sagt Reimann, der auch stolz darauf ist, dass die Zutaten aus örtlichen Betrieben stammen. Weizen und Roggen etwa stammen aus der Eifel, das Korn fürs Dinkelmehl wird von einem Bauern unmittelbar neben der Backstube angebaut und in einer Mühle in Neunkirchen-Seelscheid gemahlen. In der Osterwoche werden dort rund 30 Tonnen Weizenmehl abgeholt und verbacken, sonst sind es wöchentlich 25. Auch der Verbrauch von Hagelzucker steigt über Ostern: „Wir verbrauchen an den vier Tagen 800 Kilo, sonst sind es 50 in der Woche.“#
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In der Backstube werden alle Zutaten abgewogen und in einen großen Kessel gegeben. Geknetet wird maschinell, doch dann ist Handarbeit angesagt. Nachdem sich der Teig eine halbe Stunde im Kessel „entspannt“ hat werden je 100 Gramm schwere Teigballen abgewogen, aus denen drei etwa 40 Zentimeter lange Stränge gerollt und zu einem Kranz geflochten werden. Der muss dann noch einmal ungefähr anderthalb Stunden aufgehen, woraufhin er zum Kühlen für zehn Minuten in einen Garschrank geschoben wird. Dort bildet sich eine feine Haut über dem Teig, der mit Ei abgesprüht und vor dem Backen mit Hagelzucker bestreut wird: „Durch den im Ei gelösten Zucker wird dann der Kranz beim Backen schön braun“, so Reimann.
Gebacken wird bei genau 231 Grad Celsius
In die großen Öfen passen bis zu drei Backwagen mit 27 Blechen. Gebacken wird bei genau 231 Grad Celsius. Zwölf Minuten sollen die Hasen backen, doch die letzte Entscheidung, ob Häschen oder Kränze herausgenommen werden oder noch etwas im Ofen verbleiben, liegt bei Bäckermeister Wilfried Müller, der „immer noch am besten sieht, ob der Teig durchgebacken ist“, so Reimann.
Verziert werden die Hasen in der Konditorei, frei nach dem Motto: „Die menschliche Hand ist besser als jede Maschine.“ Sorgfältig werden Augen, Schnurrhaare, Mund und Nase mit flüssiger Zartbitterschokolade aufgetupft, auf die Nase kommt noch eine bunte Schokoladenlinse. In die Nester wird morgens in den Geschäften je ein bunt gefärbtes Ei gesetzt. Am Ostermontag ruht die Arbeit in der Backstube, auch die Bäcker haben nach vier anstrengenden Nächten frei. Dann gibt’s Häschen mit Schokocreme zum Frühstück.