MillionenprojektAusschuss lehnt Seniorenheim in Wachtberg-Pech überraschend ab

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Der Wachtberger Bürgermeister Jörg Schmidt (r.) ist schon früh ein Befürworter des Projekts gewesen.

Wachtberg – Nach zwei Jahren Planung hat die Gemeinde Wachtberg am Dienstagabend den Investor für ein Pflegeheim  auf dem Gelände des ehemaligen Hotels „Wiesenau“ in Pech überraschend mit einer Abfuhr nach Hause geschickt. Das schwarz-grüne Mehrheitsbündnis zog im Wachtberger Planungsausschuss nicht, und außer der CDU war letztlich niemand mehr in dem politischen Gremium auf der Seite des Investors.  

„Sind wir hier auf einem Kindergeburtstag?“

Wilfried Hack von der „Projekta  – Gesellschaft für Sozialimmobilien und Heimbau“ aus Prüm  hat das erst einmal zu verdauen. Sein 15-Millionen-Euro-Vorhaben mag er dennoch nicht einfach zu den Akten legen: „Ein einstelliger Millionenbetrag steckt bereits in Grundstückskauf und Entwicklung“, erklärte Hack am Mittwoch dieser Zeitung. „Ich werde sich das jetzt ein bisschen setzen  lassen und dann schauen, ob ich noch Lust habe.“

In 40 Berufsjahren und 25 Jahren als Projektentwickler sei er noch nie so behandelt worden: „Die Gemeinde sagt, sie will das Pflegeheim. Dutzende Umplanungen haben wir gemacht, weil jedes Gemeinderatsmitglied mitreden will: eine Holzfassade, andere Fenster, dies und jenes“, sagte Hack : „Wo sind wir hier? Bei einem Kindergeburtstag oder unter erwachsenen Leuten?“

Grundstück zu voll gepackt

Letztlich kippte die Stimmung wegen der Baumasse. „Einer der wesentlichen Punkte für das Scheitern ist, dass wir das Grundstück so ausreizen, dass es keinen Bereich mehr gibt, in dem man sich draußen schön aufhalten kann“, erklärte Oliver Henkel, Chef der Grünen-Fraktion nach der Sitzung.  Es fehle ein Anschluss an den Ort: „Dort gibt es keinen Platz. Man kann die Alten nicht zwischen Parkplätzen und Mülltonnen an die Landstraße setzen, und sagen: ,Jetzt holt mal schön frische Luft.‘“

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An der Rückseite sei zwar ein höher gelegener Ausgang vorgesehen worden, um eine Anbindung an Pech zu erreichen. „Aber dieser Weg wäre für Menschen mit Mobilitätseinschränkung einfach zu steil“, findet Henkel. „Wir sind in der Fraktion einstimmig der Meinung, das können wir nicht machen.“ Henkel: „Wir haben über eine Bushaltestelle gesprochen – auch für Besucher und Mitarbeitende oder die Leute im betreuten Wohnen, die ja meist noch mobil sind. Aber selbst dafür ist kein Platz mehr. Eine Haltestelle bräuchte zumindest eine Parkbucht, zumal dort das Ein- und Aussteigen länger dauern dürfte.“

Und so findet Henkel, das Grundstück sei schlicht „zu klein für 80 Pflegeplätze, 17 für Tagespflege plus 19 Wohnungen obendrauf. „Ich kann den Investor verstehen. Wir haben aber nur eine Chance. Wenn wir das verhauen, kriegen wir das nicht mehr geheilt. Ich habe auch nie jemanden sagen hören: ,Was für ein toller Entwurf‘. Immer ging es nur darum, wie man mit den Einschränkungen leben kann.“

Mehrheitsbündnis gefährdet?

Die Entscheidung sei  zwar überraschend gekommen, so Henkel: „Wir hatten aber immer mal Hinweise gegeben, wo der Schuh drückt.“ Und letztlich habe der Investor versäumt, das Nachbargrundstück zu kaufen, um Platz genug zu haben.

Schwarz und Grüne betonten nach der Sitzung beide, dass ihr Bündnis von der Entscheidung der Grünen nicht belastet sei. Die Abfuhr an den Investor ist der CDU offenkundig auch peinlich, zumal sie ein „zuverlässiger Partner“ für Investoren bleiben will, wie der CDU-Fraktionsvorsitzende Christoph Fiévet betonte. Er begründet diese einhellige Meinung der CDU: „Die Planung ist vom Investor mehrfach auf Bitten der Koalition verändert und unseren Wünschen entsprechend  angepasst worden. In den vorherigen Beratungen hat es eine durchweg positive Meinung, bei nur drei Gegenstimmen, für dieses für Wachtberg und ganz besonders angesichts der vielen Anfragen nach Wohnungen in diesem neuen Bauprojekt, gegeben. Nachdem auch von den unterschiedlichsten Behörden, von der Regierungspräsidentin bis zum Hochwasserexperten, Grünes Licht für dieses Bauprojekt gegeben wurde, gibt es für die CDU-Fraktion keinen Grund, jetzt plötzlich ,Nein‘ zu sagen. Wenn wir jetzt das Ganze abblasen, werden wir völlig unglaubwürdig.“

Im Kern, nämlich dem Bedarf an Betreuungsplätzen, sind sich CDU und Grüne auch weiterhin einig. Ob der Investor allerdings mit 25 Prozent weniger Baufläche auskommt, wie sich das die Grünen denken, wird sich zeigen. Stefan Hahn (CDU, Ortsausschuss Pech): „Das Projekt darf nicht scheitern.“

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