Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Wer ist hier der „Chef“?Prozess um Kölner Bäckerei-Explosion endet kurios

Lesezeit 3 Minuten
In einer Bäckerei in Köln-Mülheim hat es eine Verpuffung gegeben.

In einer Bäckerei in Köln-Mülheim hat es eine Verpuffung gegeben.

Einer Bäckerei in Köln wurde das Gas abgedreht. Anschließend wurde mit Propangas weitergebacken, was zu einer verheerenden Explosion führte. Die war nun Gegenstand eines kuriosen Prozesses.

In einem kuriosen Prozess vor dem Amtsgericht ist am Mittwoch ein 31-Jähriger von den Vorwürfen der fahrlässigen Körperverletzung sowie fahrlässigem Herbeiführen einer Explosion freigesprochen worden — dabei hatte der Angeklagte in dem Prozess zunächst ein Geständnis abgelegt, dies später aber widerrufen. Aus Zweifelsgründen erging schließlich Freispruch: „Wenn man verurteilt, muss man von der Schuld des Angeklagten überzeugt sein. Das ist hier nicht der Fall“, sagte der Vorsitzende zur Begründung.

Am 19. April 2024 war es in einer Bäckerei in Mülheim zu einer verheerenden Gasexplosion gekommen. Das Wohn- und Geschäftshaus mit zehn Parteien ist seither unbewohnbar. Ein Bewohner wurde schwer verletzt, als er unter einer einstürzenden Zimmerwand begraben wurde. Das Schaufenster der Bäckerei wurde von der Druckwelle der Explosion herausgedrückt, die Splitter flogen bis zu 15 Meter weit. Auch der Dachstuhl wurde teilweise zerstört und im Haus stürzten Decken ein.

Unerlaubtes Propangas führte zu der Explosion

Dass es nach dem Unglück keine Toten gab, grenzte fast an ein Wunder. Grund für die Explosion war die unsachgemäße Einleitung von Propangas in die hauseigene Gasleitung zum Weiterbetrieb des Backofens, nachdem der Gasversorger aufgrund von Zahlungsrückständen den Anschluss gesperrt hatte. Die Gasleitung war aber nur für einen Druck von 0,2 Bar ausgelegt, das Propangas stand aber mit sieben Bar unter Druck, was zu Überdruck und schließlich zur Explosion führte. Bereits zuvor hatte sich der Angeklagte und Betreiber der Bäckerei bei seinem Vermieter informiert, „ob er aus Kostengründen den Gasanschluss mit Propan-Gas betreiben könne“, wie es in der Anklage hieß. Das untersagte der Hauseigentümer (51) aber ausdrücklich, wie er in seiner Zeugenaussage vor Gericht bestätigte.

Der Angeklagte räumte über seine beiden Verteidiger Michael D. Hakner und Sebastian Schölzel die Vorwürfe dann auch zu Beginn des Prozesses ein. Demnach habe er zur Einleitung des Propangases in die Leitung einen Zugang genutzt, der noch vom Vorbesitzer des Ladenlokals, dem Betreiber einer Pizzeria, installiert worden sei. Der Pizzabäcker habe seinen Ofen mit Propangas betrieben, so der Angeklagte.

Zweifel am Geständnis des Angeklagten

Zweifel am Geständnis des Angeklagten kamen dann aber während der Aussage des Hauseigentümers auf. Der 51-Jährige bestätigte die Ausführungen in der Anklageschrift, wonach er gefragt worden sei, ob Propangas zum Betrieb des Backofens genutzt werden könne. „Ich habe gesagt: Auf keinen Fall“, sagte der 51-Jährige. Er betonte aber auch, dass er nicht mit dem Angeklagten, sondern mit dessen Bruder (49) gesprochen habe, den er als „Chef“ bezeichnete. Und weiter: „Mit dem Angeklagten habe ich noch nie ein Wort gesprochen.“

Schölzel und Hakner baten um eine Unterbrechung des Prozesses und besprachen sich mit ihrem Mandanten. Im Anschluss folgte das Dementi des 31-Jährigen: „Mein Geständnis war falsch. Ich habe meinen Anwälten nicht die Wahrheit gesagt.“ Zum Motiv für das falsche Geständnis machte er keine Angaben. Ob nun erneut Ermittlungen gegen den Bruder des 31-Jährigen eingeleitet werden, dessen Verfahren im Vorfeld des Prozesses bereits vorläufig eingestellt worden war, blieb zunächst unklar.