Fußball-EM 2024Tonnenweise Eis und Privatköche – ein Besuch im EM-Camp in Velbert

Lesezeit 6 Minuten
Peter Gebhardt, Geschäftsführer Best Western Plus Parkhotel Velbert, steht in einem grauen Anzug in der Lobby des Parkhotel Velbert.

Im Parkhotel Velbert werden die Georgier die meiste Zeit verbringen. Geschäftsführer Peter Gebhardt ist bestens vorbereitet.

Die georgische Nationalmannschaft lebt seit Montag in Velbert im Kreis Mettmann. Warum damit ein Traum für Stadt, Stadion und Parkhotel wahr wird. 

Wie viele Kilo Eiswürfel braucht es pro Woche, um eine Fußball-Nationalmannschaft am Laufen zu halten? Ganze 2000 sind es im Falle der Elf aus Georgien. Und das nicht, damit ihre Getränke kalt sind, sondern weil sie darin baden. Eine wichtige Voraussetzung für ihr Domizil während der EM ist deshalb eine entsprechend leistungsfähige Eismaschine. Die Georgier haben nach ihrem unverhofften Playoff-Sieg erst vor rund einem Monat Velbert im Kreis Mettmann zu ihrem „Team Base Camp“ auserkoren. Seit dem 10. Juni schlafen sie deshalb im Best Western Plus Parkhotel Velbert. Die ganze Anlage ist exklusiv gebucht. Mit dem Aufenthalt der Mannschaft geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung, auch für Stadt und Stadion.

Die neue Eismaschine war im Hotel noch lange nicht die einzige Vorbereitungsmaßnahme. Die Vier-Sterne-Anlage hat sich zur Sicherheitszone mit Fitnessstudio und Privatköchen verwandelt. Bis in Millionenhöhe wird die Rechnung der georgischen Mannschaft steigen, wenn sie rund drei Wochen bleibt, also die Gruppenphase übersteht. Denn für die rund hundert Gäste, darunter auch Funktionäre und eine Begleitdelegation des DFB, sind alle 84 Zimmer der Anlage reserviert. Der Preis für eine Nacht in den teuersten von ihnen startet regulär bei 115 Euro.

EM-Cam in Velbert: Hotel für Business-Gäste

Eigentlich ist das Hotel auf Geschäftsreisende eingestellt, seine Einrichtung ist modern und hell. Die große Lobby macht mit einem Glasdach und glänzendem Steinboden Eindruck. Auf der Rückseite der Anlage liegt eine weitläufige Wiese mit Terrasse. Auch ein kleiner Wellnessbereich mit Saunen und Tauchbecken steht der Elf zur Verfügung. Außergewöhnlich luxuriös sind die Zimmer mit Holzbett, Fernseher und normalem Badezimmer nicht. Bei den teuersten kommt eine Minibar und der Ausblick auf den Hotelpark hinzu.

Ein Hotelzimmer mit Holzbett und braunem Teppichboden

Ein Zimmer der teuersten Kategorie im Parkhotel Velbert

Das Team wird die Anlage nur für Trainingseinheiten im Stadion der Stadt und ihre Spiele verlassen. „Die Georgier brauchen nicht nur eine Übernachtungsmöglichkeit, sondern auch Räume, wo sich wohlfühlen können. Ein Hotelzimmer allein reicht da nicht“, erklärt Geschäftsführer Peter Gebhard einige Wochen vor der Ankunft der Elf. „Nach ein paar Tagen werden sich Spieler und Mitarbeiter gut kennen. Für die Mannschaft wird ihr Aufenthalt hoffentlich wie ein Zuhause auf Zeit.“ Erholung will das Hotel vor allem durch seine ruhige und trotzdem günstige Lage bieten. Direkt angrenzend liegt ein Park und das Stadion ist mit dem Mannschaftsbus nur knapp 10 Minuten entfernt.

Wo sonst die Gäste schmausen, werden die Georgier schwitzen: Einer der Restauranträume mit Blick auf den Park wird eigens für das intensive Training der Mannschaft zum Fitnessstudio umgebaut. „Alle Stühle, Tische und das Buffet werden herausgeräumt, um Platz für ein mit Kunstrasen ausgelegtes, großes Fitnessstudio mit Blick auf den Hotelpark zu schaffen“, erklärt Gebhardt. Tagungsräume werden kurzerhand zu Behandlungsräumen für die Physiotherapie und zu Büros für Strategie-Besprechungen.

In einem Raum mit Blick auf eine Terrasse stehen Fitnessgeräte

Eines der Restaurants der Hotels wurde kurzerhand zum Fitnessstudio für die Mannschaft umgebaut.

Polizei und SEK waren bereits für eine Inspektion zu Besuch, um es auf eventuelle Sicherheitslücken zu prüfen. Rund 60 Hotelangestellte, die der Mannschaft zur Verfügung stehen werden, wurden im Voraus auf ihre Einträge im Strafregister geprüft. Sie gehören zu den wenigen Menschen, die das Hotel während des Aufenthaltes der Georgier betreten dürfen. Ein Security-Dienst stellt dann rund um die Uhr sicher, dass sonst niemand reinkommt. Damit niemand reinsieht, werden die Fenster mit Sichtschutz-Folien beklebt.

Die Tage der Mannschaft sind von vorne bis hinten durchgeplant. Verraten darf Gebhardt den Ablauf aber nicht. Zum Frühstück, Mittag- und Abendessen ist sie jedenfalls im Hotel. Der Küchenchef der georgischen Nationalmannschaft kommt mit nach Velbert und unterstützt das Küchenteam des Hotels. Denn auch Landestypisches steht auf der Speisekarte. Gewünscht sei „Kikliko“ – georgisches Eierbrot zum Frühstück oder „Chakapuli“ ein traditioneller georgischer Eintopf.

Serviert werden die Mahlzeiten in dem hoteleigenen Restaurant „Zur Gießerei“. Mehrere Bars machen das Versorgungspaket komplett. Auch Alkohol wird dort ausgeschenkt. „Die Sportler trinken zwar nicht, aber die Delegation vielleicht“, sagt Gebhardt augenzwinkernd.

Bereits 2018 bewarb sich Velbert als „EM Base Camp“

Velberts Traum vom EM-Camp wäre beinahe geplatzt – und das, obwohl er seit Jahren in Arbeit ist. Bereits 2018 reichte die Stadt gemeinsam mit dem Parkhotel und dem städtischen Stadion ihre Bewerbung bei der UEFA ein. Obwohl es das Stadion damals noch gar nicht gab. Es wurde mit Blick auf die EM gebaut und 2020 eröffnet. Das Ziel schien zum Greifen nah, als Velbert es im ersten Schritt in den Base Camp-Katalog der UEFA mit insgesamt 56 Städten schaffte.

Dann schien es nach einigen Besuchen von Delegationen aus Ländern wie der Türkei, Irland oder Griechenland aber so, als würde sich letztendlich keine Mannschaft für die Stadt entscheiden. Bis Georgien unverhofft Griechenland im Qualifikationsspiel besiegte und sich daraufhin für Velbert entschied.

„Es sind nur 24 Base Camps in ganz Deutschland verteilt. Mit der Teilnahme an so einem herausragenden Event wie der EM stärken wir unser Profil als Sportstadt und bieten Bürgerinnen und Bürgern eine Möglichkeit der Identifikation, also etwas, von dem sie ein Teil sein können“, erklärt Marc-Thorben Bühring, Leiter des Stadtmarketings stolz.

Velbert ist eine Sportstadt auf höchstem Niveau. Das Interesse an Fußball ist hier sehr hoch.
Axel Wieneke, Leiter des Basecamp-Projekts

Doch woher kommt überhaupt der Herzenswunsch der Stadt? Geld gibt es dafür von der UEFA jedenfalls nicht. Einer, der die Antwort am besten kennt, ist Leiter des Basecamp-Projekts Axel Wieneke. Er ist ein velbertsches Original und hat seiner Heimat in all seinen 58 Jahren nicht den Rücken gekehrt. „Velbert ist eine Sportstadt auf höchstem Niveau“, erklärt er. Von den rund 85 000 Einwohnern seien rund 22 Prozent in einem der 76 Sportvereine aktiv. „Das Interesse an Fußball ist hier sehr hoch und wir haben viele Mannschaften. Zu der Zeit, als uns für die EM beworben haben, hatten wir allein drei in der Oberliga.“ Zwölf Fußballvereine mit 90 Jugendmannschaften habe Velbert.

Velbert und Sport gehören für Wieneke zusammen, seit er denken kann. Damals sei seine Heimat eine reine Arbeiterstadt, hauptsächlich geprägt von Schwerindustrie, gewesen. „Das Interesse der Menschen in Velbert lag schon immer beim Sport. Was hat man denn früher gehabt außer drei Fernsehprogramme? Die Leute sind rausgegangen, haben auf den Straßen Fußball, Hockey und alles Mögliche gespielt.“ Daraus haben sich im Laufe der Jahrzehnte viele Vereine entwickelt.

Zum öffentlichen Training werden 1500 Gäste erwartet

Für das Stadion in Velbert ist der Aufenthalt der Nationalelf ein großer Aufwand. Sonst trainieren hier Teams aus allen Ligen des Landes. Auch der amtierende Meister Bayer Leverkusen hatte hier schon ein Vorbereitungsspiel für die Bundesliga. Für den internationalen Gast fängt der Mehraufwand jedoch schon bei der Rasenpflege an. Statt zweimal die Woche muss er täglich gestutzt werden. Das Stadion-Team leistet außerdem bei jeder Trainingseinheit Beistand.

Wegen der spontanen Zusage Georgiens wird es kein großes Rahmenprogramm zur EM geben. Am 12. Juni lädt die Mannschaft jedoch zu einem öffentlichen Training. Rund 1500 Gäste aus Fußballvereinen und Schulen dürfen dann zuschauen. Sonst findet das Training hinter einem Zaun und umringt von Security-Kräften statt. Einen großen Ansturm an georgischen Fans erwartet die Stadt nicht. „Im gesamten Kreis Mettmann leben rund 155 Georgier“, sagt Bühring. „Aber es wird trotzdem Fußballbegeisterte geben, die vielleicht aus Georgien der Mannschaft hinterher reisen. Ich denke schon, dass der eine oder andere nach Velbert kommt, der vorher Velbert nicht auf der Landkarte hatte.“