„Das ist ja die Merkel“Altkanzlerin stattet Bad Münstereifel einen Überraschungsbesuch ab

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Angela Merkel besucht gemeinsam mit Hendrik Wüst erneut Bad Münstereifel

Angela Merkel besucht gemeinsam mit Hendrik Wüst Bad Münstereifel, um sich den Fortschritt des Wiederaufbaus anzuschauen.

Altkanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Hendrik Wüst waren in Bad Münstereifel und warfen einen Blick auf den Fortschritt beim Wiederaufbau.

Sie hat ihr Versprechen gehalten: Als Angela Merkel am 20. Juli 2021, damals noch als Bundeskanzlerin, die von der Flutkatastrophe schwer getroffene Kurstadt Bad Münstereifel besuchte, hatte sie zugesagt, dass sie wiederkomme. „Wir haben keine Gelegenheit ausgelassen, sie daran zu erinnern“, sagte Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian.

Und nun war sie da: Am Dienstagnachmittag wurde ihr in der Kölner Flora von Ministerpräsident Hendrik Wüst der Staatspreis NRW verliehen. Den Besuch im Rheinland nutzte sie mit Wüst für einen Abstecher nach Bad Münstereifel, um ihr Versprechen einzulösen.

Bad Münstereifel: Selfies mit Angela Merkel

Dabei sorgte sie auch für bleibende Erinnerungen. Der etwa einstündige Gang durch die Stadt, vom Rathaus zum Werther Tor und dann zum Orchheimer Tor, fiel genau in die Zeit des Schulschlusses. Und so mancher Schüler nutzte die Gelegenheit für ein Selfie mit der Altkanzlerin. Lediglich die Frage, ob sie „Star Wars“ kenne, ließ Merkel unbeantwortet. Unklar, ob der junge Fragesteller sie eher der dunklen oder hellen Seite der Macht zuordnete.

Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian, ihre Amtsleiter und örtliche Politiker führten die Gäste, zu denen auch Landrat Markus Ramers (SPD) sowie die CDU-Abgeordneten Detlef Seif (Bundestag) und Klaus Voussem (Landtag) gehörten, ins Rathaus. Dort wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit berichtet, was sich in den vergangenen zwei Jahren in Bad Münstereifel getan hat.

Angela Merkel trägt sich ins Goldene Buch der Stadt ein

„Wir konnten aber auch die Probleme, die noch nicht gelöst sind, ansprechen, etwa den Hochwasserschutz. Denn wenn es so wie in den letzten Nächten regnet und das Wasser in der Erft steigt, dann kommen die Ängste bei einigen Bürgern wieder“, berichtete Preiser-Marian. Auch ins Goldene Buch der Stadt trug Merkel sich ein und drückte ihre Freude darüber aus, was schon geschafft wurde. Und sie wünschte den Münstereifelern Zuversicht.

Anschließend ging es im Tross durch die Stadt – zur Überraschung der Passanten. „Wat öss dat he?“, fragte ein Spaziergänger. „Das ist ja die Merkel“, tuschelten andere Bürger. „Die war immer nett“, sagte eine Frau.

Angela Merkel wollte mit Menschen sprechen

Es sei der ausdrückliche Wunsch Merkels gewesen, wieder ins Gespräch mit den Menschen vor Ort zu kommen, so berichtete es die Bürgermeisterin. „Das war ihr damals schon wichtig.“ Und so gab es ein Wiedersehen in der Boutique „Frauenzimmer“, vor dem Café Portz und im Café Erftgold. Mit den Inhabern hatte sie bereits vor 22 Monaten gesprochen.

„Frau Merkel hat gefragt, wie es uns geht und ob wir schon lange fertig sind mit dem Wiederaufbau“, berichtete Alexa Schwanke, Mitarbeiterin im „Frauenzimmer“. Das Geschäft war 100 Tage nach der Flut wieder geöffnet, versichert sei man nicht gewesen. „Frau Merkel sagte daraufhin, dass sie das jetzt schon ein paarmal gehört hat, dass die, die nicht versichert gewesen waren, schneller fertig waren.“

Verschwiegenheit funktionierte größtenteils

Im „Frauenzimmer“ zeigte sich auch, dass das mit der Verschwiegenheit im Vorfeld des Besuchs größtenteils funktioniert hat. Denn die Gesprächspartner waren vorher informiert worden, durften aber nicht plaudern. Und so stand plötzlich ein verdatterter Bela Baum, Sohn der „Frauenzimmer“-Inhaberin Michaela Baum, im Geschäft. „Ich habe der Bundeskanzlerin die Hand gegeben. Sie hat gesagt, ich sei für einen Jugendlichen sehr adrett angezogen“, berichtete Baum.

Das galt auch für die Eheleute Christiane und Rolf Reinartz vom Café Erftgold. „Wir haben es noch nicht mal unseren Kindern erzählt“, sagte Rolf Reinartz. An das Café konnte sich Merkel noch erinnern, auch daran, dass sie mit Rolf Reinartz über die Themen Kurzarbeit und Aushilfen gesprochen habe. „Dass sie sich daran erinnern konnte, fand ich beeindruckend“, sagte er. Seine Frau fand den Besuch zwei Jahre nach der Flut „mental wichtig“.

Gehaltenes Versprechen begeistert Günter Portz

So sah es auch Café-Besitzer Günter Portz. „Damals waren wir fassungslos, das war wie im Krieg“, erinnerte er sich. Dass Merkel ihr Versprechen gehalten habe, hat ihn begeistert. „Daraus kann man Kraft, Aufschwung und Mut schöpfen. Man fühlt sich nicht im Stich gelassen.“

„Ihr Wir-schaffen-das-Zitat hat die Bürger ermutigt“, berichtete Hendrik Wüst, der beeindruckt davon war, was bereits geleistet wurde und noch geleistet wird. Landrat Markus Ramers empfand es als menschlich tolles Zeichen. „Das zeigt, dass sie bei ihrem Besuch damals ernsthaftes Interesse gehabt hat, wie es der Region geht und wie es weitergeht.“ Merkel sei sehr entspannt gewesen, aber auch sehr beeindruckt davon, was schon geschafft worden sei.

Angela Merkel besucht auch das Flutmuseum: „Sie zeigte großes Interesse“

Auch City-Outlet-Geschäftsführer Marc Brucherseifer und dessen Tochter Julia nutzten die Gelegenheit und luden die Altkanzlerin ins kürzlich eröffnete Flutmuseum ein. „Sie zeigte großes Interesse“, sagte der Outlet-Chef.

Mit leeren Händen fuhr Angela Merkel nicht nach Hause. Denn neben dem Staatspreis in Köln gab es in Bad Münstereifel ein Buch über die Flut, Honig aus Hümmel sowie Flutsteine. Dabei handelt es sich um Pflastersteine, die mit einem Bild der Flutkatastrophe versehen wurden.

Und auch der Ministerpräsident hat einiges mitgenommen – und wenn es nur die Sorgen aus dem Rathaus sind. „Ich habe ihm einige wichtige Dinge mitgegeben, etwa die Personalsituation. Denn die Verwaltung geht auf dem Zahnfleisch“, sagte die Bürgermeisterin. Und dann ergänzt sie: „Ich habe das Gefühl, das war nicht der letzte Besuch von Angela Merkel in Bad Münstereifel.“


Die Künstlerin Gaby Kutz nutzte die Gelegenheit und bat Angela Merkel, ihr Konterfei zu signieren. Gemeint ist ein Kunstdruck eines Merkel-Bildes. Das Gemälde war von der Flut beschädigt – wie 90 Prozent von Kutz’ Werken –, ist aber restauriert.

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