Bergab für den VereinEuskirchener Turn- und Sportclub bittet Landessportbund um Hilfe

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Der ETSC ist mehr als nur ein Fußballverein, auch wenn das in der Öffentlichkeit häufig nicht so wahrgenommen wird.

Der ETSC ist mehr als nur ein Fußballverein, auch wenn das in der Öffentlichkeit häufig nicht so wahrgenommen wird.

  • Der Landessportbund schickt Experten zur Hilfe
  • Der Verein hatte zu Spitzenzeiten 1.500 Mitglieder, jetzt noch 600
  • Die jeweiligen Abteilungen spielen mit dem Gedanken einen eigenen Verein zu gründen

Euskirchen – Hartwig Schulz-Holstege verspricht: „Ich werde den ETSC nicht im Stich lassen. Er ist meine Heimat.“ Der kommissarische Vorsitzende des Euskirchener Turn- und Sport-Clubs fügt hinzu: „Ich habe im Moment keine Zweifel, dass es den ETSC im kommenden Jahr geben wird.“

Ist das nicht zu optimistisch angesichts der Tatsache, dass es bei dem Verein seit Jahren bergab geht? Das räumt auch Schulz-Holstege im Gespräch mit dieser Zeitung ein. Denn der ETSC-Chef hat den Verwaltungsausschuss des Vereins aktiviert und zudem den Landesportbund um Hilfe gebeten. Das interne Gremium, das nur dann zusammenkommt, wenn es größere Schwierigkeiten gibt, und ein externer Fachanwalt sollen nach Möglichkeiten suchen, den Verein fit für die Zukunft zu machen.

Das Gremium trifft auf Experten

Auch eine veränderte Vereinsstruktur sei nicht auszuschließen, sagt Schulz-Holstege. Aktuell ist der ETSC ein hybrider Verein mit einem Hauptvorstand und autonom arbeitenden Abteilungen. Als Termin für ein erstes Treffen des Gremiums und des Experten steht Dienstag, 12. November, im Raum. „Bis Ende des Jahres soll eine funktionierende Lösung gefunden sein“, so Schulz-Holstege.

Zuletzt habe der Verwaltungsausschuss nach dem Rauswurf eines langjährigen Vorsitzenden und wegen der Problematik rund um die Datenschutz-Grundverordnung getagt, sagt Schulz-Holstege. Er sagt auch, dass es Nachwuchssorgen im Vorstand des Hauptvereins gibt.

Kommisarische ETSC-Chef lobt Abteilungen

Wie die bisherige Kassenwartin Rachel Bondy erläutert, werde sie ihr Amt zum 31. Dezember dieses Jahres endgültig abgeben. Auch Willi Schömer stehe als stellvertretender Vorsitzende nicht mehr zur Verfügung. Obwohl es noch keine Nachfolger gebe, sei die Zukunft des Vereins nicht gefährdet, betont Schulz-Holstege fast schon gebetsmühlenartig. Doch was stimmt den kommissarischen ETSC-Chef so positiv? „Die einzelnen Abteilungen“, sagt Schulz-Holstege: „Die Reha-Abteilung ist ein Aushängeschild geworden, und auch die Turnabteilung macht erstklassige Arbeit.“ Auch in die Arbeit der Fußballabteilung unter der Leitung von Dirk Esser habe er „durchaus Vertrauen“. Und weiter: „Was ich sehe und weiß, ist okay.“ Dabei seien die finanziellen Rahmenbedingungen der Abteilung sehr spartanisch.

Auch im Hauptverein sei die Kasse in der Vergangenheit schon mal üppiger gefüllt gewesen. „Es ist eine gewisse Liquidität vorhanden, aber wir sind kein reicher Verein“, sagt Schulz-Holstege. In der Vergangenheit hätten „einige Löcher gestopft werden müssen. Es hat anderthalb Jahre gedauert, bis wir sauber waren.“ Zudem sei die Satzung so verändert worden, dass ein „solches Desaster“, so der kommissarische Vereinschef, nicht mehr möglich sei. Eine Person alleine könne keine Entscheidungen mehr treffen.

Mitgliederschwund nimmt zu

Zu Spitzenzeiten habe der Verein mehr als 1500 Mitglieder gehabt, aktuell seien es etwa 600. Zuletzt löste sich die Volleyball-Abteilung auf. 2011 gründeten die Tischtennis-Abteilungen des ETSC und des Postsportvereins Euskirchen den TTV Euskirchen (siehe „Die Damen kamen später dazu“).

Schon bald könnte ein weiterer Mitgliederschwund drohen. „Man muss ja gucken, wo man bleibt“, sagt Rachel Bondy, die nicht nur Kassenwartin des Hauptvereins ist, sondern auch Leiterin der Leichtathletikabteilung: „Der ETSC ist nicht mehr das, was er einmal war. Auch die Abteilung ist es nicht mehr. Wir haben noch etwa 50 Mitglieder.“ Um den Leichtathleten eine zukunftssichere Heimat bieten zu können, habe sie ins Auge gefasst, mit der Abteilung zum LAGV Stotzheim zu wechseln. Eine Kooperation mit dem langjährigen Leichtathletik-Widersacher, der LGO Euskirchen/Erftstadt, sei auszuschließen, so Bondy.

Die Damen kamen später dazu

Anfang 2011 setzten sich die Tischtennis-Verantwortlichen des ETSC und des PSV Euskirchen zusammen und sprachen erstmals über eine Fusion. „Wir haben als kleine Sparten in größeren Vereinen keine Zukunft mehr gesehen und wollten uns nicht gegenseitig die Leute ausspannen“, sagt Thorsten Imsande, Sprecher des heutigen TTV Euskirchen. Zudem habe die Fusion finanzielle Gründe gehabt.

„Beim ETSC war es damals so, dass Rückstellungen auf Grund laufender Gerichtsverfahren gebildet werden mussten und somit nur knapp 67 Prozent der Mitgliedsbeiträge an die Abteilung zurückflossen. Das reichte nicht, um den Spielbetrieb mit den Trainern am Laufen halten zu können“, erinnert sich Imsande.

Deshalb wurde am 18. Mai 2011 der TTV Euskirchen gegründet. Die Damen durften damals nicht zum neuen Verein wechseln, da sie gerade in die Verbandsliga aufgestiegen waren. „Erst nach dem Abstieg 2012 durften sie auch wechseln und die TT-Abteilung des ETSC wurde nach langem Ringen mit den ETSC-Verantwortlichen beim Verband abgemeldet“, sagt der TTV-Sprecher, der die Fusion noch nicht eine Sekunde bereut hat.

Finanziell gehe es dem Verein gut und die Zahl der Mitglieder sei stabil, so Imsande. (tom)

Christoph Sina, Kassierer der Turnabteilung des ETSC, hofft, dass der Verein weiter am Netz bleibt: „Wir haben uns einen Namen im Verbandsgebiet gemacht und vertreten unsere Stadt gerne als ETSC.“ Auch in der Turnabteilung ist die Ungewissheit in puncto Nachfolge beim Hauptvorstand virulent. „Das einzige Problem im Verein ist, dass es trotz der funktionierenden Abteilungsstrukturen zurzeit schwer ist, Personen zu finden, die im Hauptverein Verantwortung übernehmen“, so Sina.

In der Badminton-Abteilung haben sich die Verantwortlichen bereits vor Jahren mit dem Gedanken befasst, den ETSC zu verlassen und einen eigenen Verein zu gründen. Ein Grund dafür sei auch der Frust über die Fußballer gewesen. Da man aber mit den Mannschaften nicht wieder in der untersten Liga anfangen wolle, habe man bislang davon abgesehen.

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Dass der Gesamtverein unter der Fußballabteilung zu leiden gehabt habe, sagt auch Schulz-Holstege: „Das hat uns schon belastet.“ Es sei ein großes Manko, dass der ETSC in der Öffentlichkeit stets als Fußballverein wahrgenommen werde. Das glauben offenbar auch die Autoren eines Online-Lexikons. Unter dem Schlagwort TSC Euskirchen findet sich dort der Eintrag, dass es sich dabei um einen deutschen Fußballverein aus Euskirchen handele.

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