„Offene Galerie“Hirtenturm soll Blankenheimern für Werkschauen zur Verfügung stehen

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Nada Katz (rechts) und Künstlerin Annette Rive am Hirtenturm, wo Katz Ausstellungsräume angemietet hat. Rive wird hier ab Sonntag ihre Schau „Lichtwelten“ zeigen.

Nada Katz (rechts) und Künstlerin Annette Rive am Hirtenturm, wo Katz Ausstellungsräume angemietet hat. Rive wird hier ab Sonntag ihre Schau „Lichtwelten“ zeigen.

Blankenheim – Im aus dem Jahr 1402 stammenden Hirtenturm, Teil der einst inneren Stadtmauer von Blankenheim, ist eine Art offener Galerie entstanden. Die „Ahrt Hirtenturm“ will Ausstellungsmöglichkeiten für Künstler und Künstlerinnen bieten. Dabei gibt es nur ein Problem: Das alte Gemäuer hat keine Heizung und ist nicht unbedingt in allerbestem Zustand.

In einem so alten Ort wie Blankenheim, der mit den Grafen von Manderscheid-Blankenheim einst den Sitz eines der bedeutendsten Adelsgeschlechter der Eifel hatte, gibt es immer allerlei Rätselhaftes zu entdecken. So ist es auch mit dem offenbar in seinen Grundmauern aus dem Jahr 1402 stammenden, seit 1548 erstmals erwähnten Hirtenturm, einst eines von zwei Toren der inneren von zwei talseitigen Stadtbefestigungen des Ortes.

Beliebtes Fotomotiv in Blankenheim

Das Gemäuer des dreieckigen Torturms ist heute eines der beliebtesten Fotomotive von Blankenheim. Doch welchen Zweck hat es außer dem, pittoresk dazustehen und in der spitzbogigen Tordurchfahrt unter dem voluminösen Wappenstein (eine Kopie, das Original befindet sich am Rathaus) als von roten Bengalen erleuchtete Kulisse beim Geisterzug zu dienen?

Die Frage stellt sich immer mal wieder, denn die Nutzungen wechselten: 1919 hatte hier die Ortsgruppe des Eifelvereins ihr Heimatmuseum eingerichtet, das 1954 auf Initiative des Kreises Schleiden ins Gildehaus am Curtius-Schulten-Platz ausgelagert wurde. Auch die naturkundliche Ausstellung des Kreisverbands Natur und Umweltschutz (KNU) aus den 1980er-Jahren ist schon lange abgebaut. In den vergangenen Jahren stand der Hirtenturm schlicht leer. Seit 1987 ist er auf der Denkmalliste der Gemeinde Blankenheim eingetragen.

2019 entdeckte die gegenüber wohnende Künstlerin Nada Katz die Möglichkeiten des von außen wie innen eher schmucklosen Baus, dessen Dach angeblich zuletzt 1880 neu eingedeckt worden ist. Sie habe den Turm angemietet, der im Besitz der Gemeinde Blankenheim ist, so Katz. Ein Mietvertrag, der an den Eigentümer des Wohnhauses direkt neben dem Gemäuer gekoppelt ist. Dort ist mittlerweile ihre Schwester neue Besitzerin.

Im Rathaus ist man froh über das Engagement

„Ich bezahle der Gemeinde 15 Euro Monatsmiete für den Turm“, so die Kreative. Im Rathaus ist man offenbar froh, dass sich jemand des Denkmals annimmt. Zunächst machte sich Katz ans Aufräumen. Im Turm habe sie noch „altes Gestänge“ gefunden, möglicherweise übrig gebliebene Vorrichtungen für Ausstellungen, und anderes mehr. Alles wenig brauchbar. Und auch in dem kleinen Garten, der an den überdachten Wehrgang zur einstigen Stadtmauer mit verfüllten Schießscharten angrenzt und durch eine alte schmale Holztür erreichbar ist, musste erst einmal Ordnung geschaffen werden.

Die Künstlerin Gabriele Jenniches beseitigte dort „ganze Berge leerer Alkoholflaschen“, so Nada Katz. Beim Ausmisten und Freischneiden der verwilderten Parzelle entdeckte Jenniches im Erdreich zudem jede Menge Tierknochen – alles offenbar Reste von über viele Jahre gefeierten Partys. Das Gelände im Schatten von Turm und Stadtmauer ist nicht einsehbar.

Blick in den unteren Ausstellungsraum der „Ahrt Hirtenturm“.

Blick in den unteren Ausstellungsraum der „Ahrt Hirtenturm“.

„Volksdroge Alkohol“ nannte Jenniches daraufhin ihre Ausstellung im aufgeräumten Turmgarten. Nada Katz wiederum hatte zur Geschichte des Hirtenturms in der 2015 zum 900-jährigen Ortsjubiläum Blankenheims erschienenen Chronik Grausiges gefunden: „Der Turm diente für Hexenverhöre“, so die Künstlerin. „In der Stubbe uff der Porze“ – die alte Bezeichnung des Hirtenturms ist Portenturm – haben demnach 32 Verhöre und „peinliche Befragungen“, ein Euphemismus für Folterungen der Hexerei verdächtigter Personen stattgefunden. Katz erstellte auf Basis dieser Dokumente zur Turmgeschichte die Ausstellung „Hexenspiegel“.

Nun soll der Hirtenturm eine neue Nutzung erfahren. Als „offene Galerie“ will Nada Katz dort Raum für Kunstausstellungen anbieten. Eine erste Gruppenausstellung hat schon während der vergangenen Monate stattgefunden: 17 Kreative, die allesamt einen Bezug zu Blankenheim haben, zeigten dort ihre Arbeiten an den Wochenenden, einige der Kunstwerke sind noch im unteren Raum des Torbaus zu sehen. Als Galeristin verstehe sie sich dabei nicht, so Nada Katz, „denn ich will mit der Ausstellungstätigkeit kein Geld verdienen“. Das solle den Kreativen durch den Verkauf ihrer Werke vorbehalten bleiben. Sie will nur die „Ermöglicherin“ sein.

Der Hirtenturm schließt den inneren Ring der Stadtbefestigung.

Der Hirtenturm schließt den inneren Ring der Stadtbefestigung.

Ein für Blankenheim sicherlich interessantes Kunstprojekt, das ein Denkmal des alten Ortes neu beleben würde. Doch das Ganze hat einen Haken, der vermutlich auch die eher symbolische Monatsmiete von 15 Euro erklärt: „Hier gibt es keine Heizung, und die Decke zum zweiten Obergeschoss ist nicht mehr in Ordnung, der Putz blättert ab“, so Katz.

Tatsächlich vermitteln gut eineinhalb Meter dicke Wände eben nur ein Gefühl von Schutz vor Wind und Wetter. Ab November ist die „Ahrt Hirtenturm“-Galerie deshalb schlicht geschlossen. Seitens der Gemeinde kenne sie nur die Absicht, „hier eine Heizung einzubauen“, Genaueres aber nicht, so Katz. Bei der Verwaltung war hierzu auf Anfrage zunächst keine Auskunft zu erhalten.

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Über eine steile, enge Treppe gelangt man im Turm derzeit vom ersten Geschoss ins nächste, wo tatsächlich abblätternder Putz an der Decke des knapp vier Meter hohen Raumes wenig Vertrauen erweckend wirkt. Wer jetzt noch eine Etage höher will, muss eine Leiter an eine kleine Luke in der Decke stellen.

Nada Katz hält die Ausstellungsräume in den beiden unteren Etagen der „Ahrt Hirtenturm“ noch an allen Oktoberwochenenden offen. Am kommenden Sonntag, 3. Oktober, ist die Vernissage der „Lichtwelten“ der Kölner Künstlerin Annette Rive. Katz und andere befreundete Kreative werden zudem beim kommenden Weihnachtsmarkt auf dem Curtius-Schulten-Platz mit Arbeiten vertreten sein. Bis dahin ist ja vielleicht auch geklärt, ob und wann es im Hirtenturm eine Heizung geben kann. Einst wurde hier vermutlich im Winter ein offenes Feuerchen „gestocht“. Aber das ist ja auch keine Lösung mehr.

„Lichtwelten“ heißt die Ausstellung der Kölner Künstlerin Annette Rive, deren Vernissage am Sonntag, 3. Oktober, von 12.30 bis 17 Uhr stattfindet. Die Ausstellung ist an allen Oktoberwochenenden von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

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