Digital vermarktenWeinproben fallen aus - Händler arbeiten an neuen Konzepten

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Sie sehen in der Corona-Krise auch eine Chance: die Weinexperten Marc (l.) und Jan Baum aus Kall.

Sie sehen in der Corona-Krise auch eine Chance: die Weinexperten Marc (l.) und Jan Baum aus Kall.

Kreis Euskirchen – Für viele Feinschmecker gehört zu einem Abendessen im Restaurant eine gute Flasche Wein einfach dazu. Doch Restaurantbesuche gibt es in der Corona-Krise nicht. Davon ist die Gastronomie dramatisch betroffen – damit aber auch ein Geschäftszweig, der unmittelbar mit der Gastronomie verbunden ist: der Weinhandel.

Das Unternehmen Weinbaum aus Kall kann davon ein Liedchen singen. Der Weinhandel ist ein Teil des Getränkefachgroßhandels Johannes Baum GmbH und Co. KG. „Die Corona-Krise ist schwerwiegend für die Gastronomie“, stellte Juniorchef Jan Baum im Gespräch mit dieser Zeitung fest. Aber auch in dieser schwierigen Zeit halte das Unternehmen den Kontakt zu den Gastronomen aufrecht.

Hervorhebung anderer Segmente

Die Weinhändler aus dem Kreis Euskirchen versuchen, den Wegfall des Umsatzes mit der Gastronomie so gut wie möglich zu kompensieren, indem sie etwa andere Segmente hervorheben. In den Regalen von Wattlers Wein Welt in Zülpich finden sich nun beispielsweise Feinkostwaren wie Nudeln, Soßen, Olivenöl und Ähnliches neben den altbewährten Weinflaschen.

Denn nicht nur das Geschäft im Großhandel ist bei Weinbaum wegen Corona zurückgegangen, auch das Endkundengeschäft laufe nicht mehr so wie vor der Krise, obwohl die Weinhändler ihre Geschäfte geöffnet halten dürfen. Denn viele Menschen befolgten die Maßgabe, zuhause zu bleiben, sagte Jan Baum.

Fehlende Weinproben und - messen kompensieren

Die Gegenmaßnahme: das Online-Geschäft ankurbeln. Zwar gebe es den Online-Shop bereits seit eineinhalb Jahren, doch nun wolle das Team diesen Bereich verstärkt ausbauen. Bereits ab sechs Flachen werde nun beispielsweise versandkostenfrei geliefert. Videos seien in Planung und es gebe auch Besonderheiten im Online-Shop wie etwa eine Oster-Aktion. Ein konstanter Austausch mit den Kunden über die Sozialen Netzwerke solle den derzeit fehlenden Kundenkontakt auffangen.

Ein Problem nämlich, das den Weinhändlern im Kreis auch zusetzt, sind die fehlenden Weinproben und -messen. „Man erreicht die Kunden nie so, als wenn man vor ihnen stände“, so Johannes Wattler, Geschäftsführer von Wattlers Wein Welt, über die ausfallenden Veranstaltungen. Das Online-Geschäft bei Wattlers Wein Welt ist während der Pandemie gewachsen – vor allem durch den Verkauf an Privatleute. Der Weinhandel schnüre nun vermehrt spezielle Pakete für die Weinprobe im kleinen Familienkreis. Zudem gebe es regelmäßig wechselnde Aktionen für die Kunden.

Keien Lieferschwierigkeiten

Die Baum-Brüder Jan und Marc haben für den Zeitraum bis zum 19. April vorschriftsgemäß alles abgesagt. Sie waren aber frühzeitig davon ausgegangen, dass es darüber hinaus Absagen geben werde. „Weinproben fallen seit dem 13. März aus“, so der Weinkenner. Das Jahr sei komplett ausgebucht, daher könnten ausgefallene Events auch nicht verschoben werden.

Der Nachschub sei aber sichergestellt, Lieferschwierigkeiten oder sogar Ausfälle gebe es nicht. „Wer Wein bekommen möchte, bekommt ihn auch“, sagte Baum.

Branche flexibler geworden

Wattlers Wein Welt importiert viele Weine aus der Neuen Welt, beispielsweise aus Argentinien und Chile. Die Häfen dort haben derzeit jedoch zu wenig Arbeitskräfte, um die Container zu beladen. „Alles ist langsamer geworden“, sagte Johannes Wattler. Ebenso Weinlieferungen aus Italien und Frankreich mit dem Lkw. 33 Paletten passten in einen großen Brummi. Die müssten aber erstmal zusammenkommen, damit es sich lohne. Die Speditionen seien dabei weniger das Problem. Doch Weingüter seien teils geschlossen oder fänden keine Arbeitskräfte. „Grundsätzlich läuft der Warenverkehr, jedoch verzögert“, so der Weinhändler.

Es gebe sogar einen angenehmen Nebeneffekt. Weingüter, bei denen es zuvor schwierig gewesen sei, überhaupt Wein zu ordern, kämen den Händlern nun entgegen. „Die Branche ist flexibler geworden“, stellte Wattler fest. So könne man nun auch mit weniger großen Mindestabsatzmengen bestellen. Auch komme der ein oder andere Winzer den Händlern bei den Zahlungszielen entgegen. Beide Unternehmen blicken trotz der misslichen Lage positiv in die Zukunft. Jan Baum sieht auch eine Chance darin. Johannes Wattler sagte voller Überzeugung: „Irgendwann sind die Weinkeller leer und die Leute durstig.“

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