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CaritasBootswrack in Euskirchen wird zum Zeichen für gelebte Solidarität

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Als ein sichtbares Zeichen dafür, dass durch gesellschaftlichen Zusammenhalt Krisen gemeinsam bewältigt werden können, ist das Boot der „Hoffnung und Vielfalt“ zu verstehen.

Euskirchen – Es ist ein starkes Symbol für Solidarität, Vielfalt und Integration, das am Mittwochvormittag an der Kreuzung Walramstraße und Mühlenstraße, direkt an der Brücke des Veybachs, eingeweiht wurde: ein knallrot lackiertes Metallboot, an dem die Zeit sichtlich ihre Spuren hinterlassen hat, und das nun eine neue Bestimmung als Mahnmal und Blumenbeet erhalten hat.

Beschriftet ist das Boot mit dem Wort „Solidarität“ – und das in vielen Sprachen, denn: „Solidarität macht keinen Unterschied bei der Nationalität, der Religion, der Hautfarbe. Es heißt einander helfen und ist für mich die Basis stabiler Gesellschaften“, so Dunya Husen aus der Gruppe der Klientinnen und Klienten des Caritaszentrums für Migration und Geflüchtetenhilfe, die mit Unterstützung einiger Caritas-Mitarbeiter das Boot aufbereitet haben.

Assoziationen vom Urlaub bis zur Flutkatastrophe

„Ein Boot kann vielerlei Assoziationen hervorrufen“, meinte Caritasvorstand Maria Surges-Brilon bei der kleinen Einweihungsfeier. Erinnerungen an Urlaube oder gemütliche Angelausflüge etwa, Dinge eben, die man erlebt hat. „Doch Zeitgeist, politische Ereignisse oder eben eine Naturkatastrophe wie die Flut beeinflussen die Bilder, die entstehen.“

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Mit Booten wurden während des Hochwassers 2021 zahlreiche Menschen aus ihren Häusern gerettet. Mit Booten treten aber auch Menschen in Not ihre Flucht vor Krieg, Verfolgung und Hunger an. Und alle seien gleichsam auf die Hilfe und Solidarität anderer Menschen angewiesen, betonte Surges-Brilon.

Bootswrack stammt aus der Steinbach-Talsperre

„Wir als Caritas-Verband haben selber erlebt, wie schön es sich anfühlt, wenn Menschen uns helfen, mit uns solidarisch sind“, sagte Maria Surges-Brilon in Anspielung auf die massive Zerstörung zahlreicher Caritas-Einrichtungen durch die Flut.

Im wahrsten Sinne des Wortes aufgetaucht war das alte, leckgeschlagene Bootswrack auf dem Boden der Steinbachtalsperre, nachdem dort nach der Flut das Wasser abgelassen worden war. Mitarbeitende der Migrations- und Flüchtlingshilfe bargen es und hatten die Idee, gemeinsam mit Geflüchteten daraus ein sichtbares Zeichen zu kreieren. Eines, das für den gesellschaftlichen Zusammenhalt unabhängig vom Herkunftsland steht, mit dem gemeinsam Krisen bewältigt werden können. Aufgestellt wurde das Boot in der Nähe des Caritaszentrums für Migration und Geflüchtetenhilfe.

100 Mal vorbeigehen, 100 Mal neue Gedanken

„Große Dinge gehen nur zusammen“, betonte auch Bürgermeister Sacha Reichelt, der anmerkte, dass es noch einige Zeit bräuchte, ehe es ein klassisches Flut-Denkmal in Euskirchen geben werde.

Umso schöner sei das Boot, das aber an noch soviel mehr denken lasse, als an die Solidarität während und nach der Katastrophe im Sommer letzten Jahres. Beispielsweise an Aussagen wie „Wir sitzen alle in einem Boot“ oder an die biblische Geschichte der Arche Noah. „Ein Boot ist für manche Menschen die Brücke in eine andere Welt und für andere das letzte, was sie in ihrem Leben sehen“, merkte Reichelt an. Letztlich werde man 100 Mal an dem Bootswrack vorbeigehen und 100 Mal andere Gedanken haben können, war sich der Bürgermeister sicher.

Zusammenleben ist nicht Freiheit, sondern Verpflichtung

Abschließend ließen Dunya Husen, Ismail Tasdemir und Jazabel Grullou-Hamann, die an der Umgestaltung tatkräftig mitgewirkt hatten, die Besucher der Feier teilhaben an ihren Gedanken und Gefühlen. „Um unser Leben fortzusetzen, braucht jeder von uns den anderen“, sagte Tasdemir. So gesehen sei das Zusammenleben keine Freiheit, sondern eine Verpflichtung: „Wir haben als Individuen und als Gesellschaft bestimmte Verantwortlichkeiten und Pflichten gegenüber dem kollektiven Leben.“

Jazabel Grullou-Hamann sagte, dass es in Euskirchen eine bunte Kultur gebe. „Wenn Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenleben, dann gibt es nicht nur ein richtig, sondern verschiedene Varianten von richtig“, so die junge Frau. Solidarität bedeute, man helfe anderen, nicht nur sich selber. So wie bei der Flut: „Wir waren alle ein Team, ich habe Bekannten und Unbekannten geholfen. Es gab keinen Platz zum Kategorisieren. Solidarität ist Hilfe für diejenigen, die sie brauchen.“

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In Kürze sollen die gesammelten Gedanken aller am Projekt beteiligten geflüchteten Menschen auf einer Tafel am „Boot der Hoffnung“ zu lesen sein. 

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