Michael Breidbach aus Kuchenheim nahm 2004 im Goalball an den Paralympics in Athen teil. Nun spielt er mit dem KTV in der Regionalliga.
Einziges NRW-TeamGoalballer aus Kuchenheim haben ehemaligen Nationalspieler in ihren Reihen

Experte: Der Kuchenheimer Michael Breidbach spielte für die deutsche Goalball-Nationalmannschaft bei den Paralympics in Athen.
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„Wenn du vor 8000 griechischen Fans spielst, die wollen, dass du verlierst, ist das schon irgendwie ein geiles Gefühl“, sagt Michael Breidbach. Der Kuchenheimer erinnert sich gerne an die Paralympics 2004 in Athen, auch wenn es nicht für eine Medaille reichte. Immerhin das Spiel gegen die Gastgeber wurde gewonnen – mit 13:3.
Michael Breidbach ist fast blind, kann seit seiner Geburt maximal zwischen hell und dunkel unterscheiden. Er ist 49 Jahre alt und spielt zwar nicht mehr in der deutschen Goalball-Nationalmannschaft, dafür aber mit genauso viel Leidenschaft für den TV Kuchenheim – und träumt vom Aufstieg.
Goalballer aus Kuchenheim können in der ersten Saison direkt aufsteigen
Geht es nach Michael Breidbach, wird dieser Traum am Samstag, 21. Juni, ausgerechnet in seiner Heimat wahr. Dann nämlich steht der letzte Regionalliga-Spieltag in der Peter-Weber-Halle auf dem Programm. „Es muss einiges zusammenkommen, aber wir können tatsächlich aufsteigen“, sagt der Sportler. Zwischen 9 und 17.30 Uhr werden auf dem 9 mal 18 Meter großen Feld sieben Partien ausgetragen – dreimal werden die Goalballer des KTV auf dem Feld stehen. Gegner sind die Füchse Berlin, die Black Bulls Schwerin und L. E. Sport Leipzig.
Laut Breidbach ist der KTV der einzige Goalball-Verein in NRW. Und auch in Kuchenheim steckt der Sport noch in den Kinderschuhen. Tore haben die Sportler um Breidbach noch keine. 2500 Euro kosten die nach Angaben von Tobias Schmitz, Vorstandsmitglied des KTV. Man sei auf der Suche nach Sponsoren, werde sein Möglichstes tun, um die Goalballer bestmöglich zu unterstützen.

Nicht zu sehen, aber zu hören ist der Hartgummiball für Samira.
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Abwehrhaltung: Der Ball ist gerade in Richtung Gegner geschleudert worden.
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Beim Training in der Sporthalle an der Grundschule improvisieren die Sportler. Mit zur Seite gelegten Bänken werden Tore simuliert. Am kommenden Samstag reicht das aber nicht. „Ich habe die Vertreter aus Marburg angefragt, ob sie ihre Tore mitbringen können“, berichtet Breidbach, dem es nichts ausmacht, dass er in Kuchenheim vor null Zuschauern trainiert.
Goalball ist etwas Besonderes, weil man sich nur auf das Gehör, die Orientierung sowie die eigene Intuition verlassen muss.
Der Grund: Dann ist es leise in der Halle. Und leise muss es beim Goalball sein. Schließlich müssen die Sportler den 1250 Gramm schweren Hartgummiball, der mit einem inneren Glöckchen zur akustischen Wahrnehmung versehen ist, hören können. Beim Goalball sieht man nämlich mit den Ohren.
„Goalball ist etwas Besonderes, weil man sich nur auf das Gehör, die Orientierung sowie die eigene Intuition verlassen muss“, sagt der 49-Jährige. Zu Verletzungen komme es bei diesem Sport eher selten – wenn man aber etwa doch einmal ineinander rumpele, habe meist die Abstimmung im eigenen Team nicht zu 100 Prozent gestimmt. Der schnelle Wechsel zwischen Angriff und Verteidigung fordere eine Menge Konzentration, sagt Breidbach. Deshalb müsse für die Dauer des Spiels der Kopf voll da sein.
Zehn Sekunden Zeit für einen Angriff
Allerdings habe man schon mal den einen oder anderen blauen Fleck am Oberkörper. Der Hartgummiball erreiche bei Goalball-Cracks Geschwindigkeiten von etwa 90 km/h, berichtet Breidbach, der genau wie seine Teamkollegen Mohammad und Samira aus Mechernich und Sharam aus Köln mit schwarzen, langen Torwarthosen ausgestattet ist.
Weil man praktisch die gesamte Zeit in der Defensive über den Hallenboden rutsche, sei das deutlich angenehmer als in kurzer Hose. Wer in der Offensive versuche, den Ball im Tor des Gegners unterzubringen, sei eine taktische Entscheidung, sagt der ehemalige Nationalspieler.
Es müsse im Angriff nicht durchgewechselt werden, es müsse nur schnell gehen. Nach einem abgewehrten Ball hat man nämlich nur zehn Sekunden Zeit, um den Gegenangriff zu starten. Um einen Punkt zu erzielen, muss der Ball flach über den Boden in das neun Meter breite Gegnertor geworfen werden – meist sieht es aus wie beim Kegeln.

Goalball kann in gemischten Teams gespielt werden. In Kuchenheim wird einmal pro Woche trainiert. Defensive ist oft ein Zusammenspiel aller Akteure.
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Verstärkung hat sich laut Breidbach schon angekündigt. Eine Spielerin aus Dahlem will zum Team stoßen. „Wir haben leider nicht das Einzugsgebiet wie beim Fußball, aber wir machen das Beste draus“, sagt der 49-Jährige. Man müsse nicht sehbehindert sein, um Goalball spielen zu können. Die Akteure tragen eine sogenannte Dunkelbrille. So soll laut Breidbach eine Chancengleichheit geschaffen werden. Die Schiedsrichter kontrollierten auch nach jedem Satz, ob die Brille noch richtig sitze. „Bei unserem Sport funktioniert Inklusion andersherum. Wir freuen uns über jeden Spieler, der im normalen Alltag sehen kann“, sagt Breidbach.
Die Sportart mache die Mischung aus Kraft und Schnelligkeit so attraktiv. Aber auch der taktische Aspekt dürfe nicht vernachlässigt werden. Wie man sich in der Defensive aufstelle, ob Riegelstellung oder hockend, sei jedem selbst überlassen.
Für den Spieltag am 21. Juni in der Kuchenheimer Peter-Weber-Halle werden noch Helfer gesucht – beispielsweise Torrichter. Wer die KTV-Goalballer unterstützen möchte, kann sich per E-Mail bei Michael Breidbach melden.
Mehr als 100 Würfe pro Spiel
Bereits seit 1976 gehört die Sportart für Menschen mit Sehbehinderung zum Programm der Paralympics. Zwei Dreier-Teams spielen mit einem 1,25 Kilogramm schweren Klingelball auf neun Meter breite und 1,30 Meter hohe Tore. Alle Sportler tragen dabei Dunkelbrillen.
Das Spielfeld ist 9 mal 18 Meter groß und mit tastbaren Begrenzungslinien in drei Zonen eingeteilt: die Zone vor dem Tor für das jeweilige Team sowie eine neutrale Zone mittig. Die effektive Spielzeit beträgt 2 mal 12 Minuten. Führt eine Mannschaft mit zehn Toren, ist das Spiel vorzeitig beendet. Während der Partie haben beide Mannschaften im Schnitt mehr als 100 Würfe.