Beim Serviettenhersteller in Stotzheim ist die eigene Papierproduktion eingestellt. Das Gros der 250 Mitarbeiter ist schon freigestellt.
TraditionsunternehmenBei Fasana in Stotzheim sind die letzten Servietten vom Band gelaufen

Die letzten Servietten sind bei der Stotzheimer Traditionsfirma Halsstrick gedruckt worden. Die eigene Papierproduktion ist bereits am 15. Oktober eingestellt worden.
Copyright: Tom Steinicke
Bei Fasana herrscht eine nur schwer greifbare Stimmung. Die großen Hallen des Stotzheimer Traditionsunternehmens, das vielen noch unter dem Namen Halstrick bekannt ist, wirken wie ausgestorben – und es wird noch gespenstischer werden.
Wie der Betriebsratsvorsitzende Dieter Höller im Gespräch mit dieser Zeitung berichtet, sind zum kommenden Montag weitere rund 60 Mitarbeitende freigestellt worden. Die verbleibenden etwa 50 sollen das Unternehmen samt Inventar bis zum Jahresende abwickeln. Noch vor wenigen Monaten arbeiteten mehr als 250 Menschen bei dem 1909 gegründeten Serviettenhersteller.
Das Aus von Fasana ist besiegelt
Am Freitagvormittag wirken die Beschäftigten, die noch im Werk ihren Dienst tun, gelöst – wenn auch wehmütig. „Jetzt, wo auch der letzte Funken Hoffnung erloschen ist, ist das auf eine Art auch befreiend, weil man sich nicht mehr an jeden kleinen Strohhalm klammert“, sagt Höller. Noch am Montag habe es einen solchen Strohhalm gegeben – ein letztes Übernahmeangebot. Doch auch dieser Versuch sei gescheitert. „Damit herrscht Gewissheit“, so Höller: „Eine Gewissheit, die sich allerdings schon länger abgezeichnet hatte.“
Das Herzstück des Unternehmens an der Adolf-Halstrick-Straße, die große Papiermaschine, steht bereits seit dem 15. Oktober still. Seitdem wurde nur noch vorhandenes Papier zu Servietten verarbeitet. Doch auch diese Vorräte sind nun aufgebraucht. Spätestens am Samstagmorgen, wenn die letzte Schicht endet, läuft die letzte Serviette vom Band.

Viele Servietten müssen bunt sein. Mit einer speziellen Maschine wurden die Papiertücher eingefärbt und mit Mustern versehen.
Copyright: Tom Steinicke

Der einzige Roboter, der in Stotzheim zum Einsatz kam.
Copyright: Tom Steinicke
„Das ist schon hart und tut weh“, sagt Christoph Fischer, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender und bis Mitte Oktober der Chef an der Papiermaschine. Vor allem schmerze es zu sehen, wie derzeit versucht werde, das gesamte Inventar „zu verscherbeln“, wie er es nennt. „Wenn man weiß, wie die Leute hier geschuftet haben, und nun sieht, dass alles für einen Apfel und ein Ei verkauft werden soll, ist das schon bitter“, ergänzt Höller, der seit 39 Jahren im Betrieb arbeitet. Direkt nach seiner Ausbildung hat er hier angefangen.
Beim Gang durch die Lagerhallen wird deutlich, was die beiden meinen. Zwischen grünen Metallkörben liegen nur noch wenige fertige Servietten. Die meisten Behälter sind leer, einige bereits zusammengefaltet. „Wir hoffen, dass wir auf dem Schrottmarkt dafür noch ein paar Euro bekommen. Das Geld fließt schließlich in die Insolvenzmasse“, erklärt Fischer.
Abwicklung bis zum Jahresende könnte sportlich werden
Unzufriedenheit herrscht auch über die Abwicklung durch den Insolvenzverwalter – es habe mitunter an Transparenz gefehlt, sagt Höller. Viel Zeit für Rückblicke bleibe ohnehin nicht. Die vollständige Abwicklung bis zum 31. Dezember sei „sportlich“. Zudem müsse sich auch danach jemand regelmäßig um das Gelände kümmern. „Man braucht noch den einen oder anderen Mitarbeitenden, der nach dem Rechten sieht oder mal die Hecke schneidet.“
Fasana-Geschäftsführer Karsten Beisert spricht von einem tragischen Ende: „Gerade, weil das Unternehmen in den letzten Jahren den Markt erfolgreich weiterentwickelt und alle Prozesse in der neuen Selbstständigkeit neu aufgebaut hat.“ Mehrere ernsthafte Kaufinteressenten habe es gegeben, doch die Eigentumsverhältnisse hätten selbst einen Teilbetriebsverkauf verhindert.

So sah das Gelände der Firma Halstrick im Jahr 1952 aus.
Copyright: Tom Steinicke

Die letzten Servietten werden bei der Stotzheimer Traditionsfirma Halsstrick gedruckt. Mit den Körben will das Unternehmen noch ein wenig Geld machen.
Copyright: Tom Steinicke
Bis zuletzt, so Beisert, seien Gespräche mit großen Branchenvertretern geführt worden. „Da ging es nicht um Leichenfledderei, sondern um den Ausbau des Standorts. Strategisch lagen wir richtig – die wollten hier noch weiter investieren.“
Wie es mit den Hallen und dem Gelände weitergeht, ist offen
Wie es mit dem Areal weitergeht, ist offen. Eigentümer der Hallen und des Geländes ist CTP. Laut Beisert zahlt Fasana jährlich rund 1,5 Millionen Euro Miete – Gelder, die nicht in den laufenden Betrieb zurückfließen. CTP bezeichnet sich als Europas größter börsennotierter Eigentümer, Entwickler und Verwalter von Logistik- und Industrieimmobilien.
Entsprechend hält sich das Gerücht, dass auf dem Gelände künftig etwas im Bereich Logistik entstehen könnte. „Wichtig ist, dass dort schnell wieder etwas passiert“, sagt ein Stotzheimer am Freitag. Das Aus des Traditionsunternehmens trifft nicht nur die einst rund 250 Mitarbeitenden, sondern den gesamten Ort.
Doch „schnell“ könnte relativ sein: Nach Informationen dieser Zeitung wird es wohl etwas dauern. Für den Betrieb besteht zwar Bestandsschutz, der gilt jedoch nicht für andere industrielle Nutzungen. Zudem könnte der Denkmalschutz eine Rolle spielen. So heißt es aus dem Umfeld, der große Schornstein und ein altes Mühlrad auf dem Gelände könnten unter Schutz stehen. Denn dort, wo zuletzt Servietten hergestellt wurden – eigentlich hätte jetzt das Ostergeschäft begonnen –, befanden sich früher Mühlen, die vom Erftmühlenbach gespeist wurden. Der Bach fließt noch heute unter den Hallen hindurch.
Das Opfer eines Cyberangriffs geworden
Trotz allem gibt es auch Lichtblicke. Fast alle Auszubildenden konnten nahtlos in anderen Betrieben übernommen werden, um ihre Ausbildung fortzusetzen. Auch einige Fachkräfte haben bereits neue Stellen gefunden. „Unsere Ausbilder haben sich da unheimlich ins Zeug gelegt“, berichtet Höller und zieht den Hut vor seinen Kolleginnen und Kollegen. Auch die vor einigen Wochen gegründete Ausbildungsallianz von Unternehmen im Kreis Euskirchen habe in der prekären Situation wertvolle Hilfe geleistet.
Das endgültige Aus von Fasana ist der traurige Schlusspunkt intensiver Monate und einer wechselvollen Firmengeschichte – von Halstrick über Metsä Tissue und Mutares bis hin zur heutigen Zugehörigkeit zur Private Values Media AG/Power Parc AG. Am 21. Mai dieses Jahres wurde die Firma Opfer eines Cyberangriffs, der die Produktion nahezu zum Erliegen brachte. Die Folge: massive Umsatzeinbußen – und schließlich die Zahlungsunfähigkeit. Am 2. Juni stellte Fasana den Insolvenzantrag.
Die Firmenhistorie
Die Firma wurde 1919 von Adolf Halstrick und den Eheleuten Stauff auf dem heutigen Firmengelände in Stotzheim gegründet. 1928 startete die erste Serviettenproduktion – bis heute das Aushängeschild des Unternehmens, das seit 1947 als Fasana firmiert. Zwischen 1972 und 1985 wurde die Produktpalette so optimiert, dass der Fokus der Produktion auf Tissue und Serviettenprodukten lag – bis heute. Zuvor wurden unter anderem auch Toilettenpapier und Taschentücher gefertigt.

