BetrugsfallMechernicherin muss nach Verkauf gefälschter AirPods Geldstrafe zahlen – Familie droht Prozess

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Symbolbild Justitia.

Die Familie der jungen Frau muss eventuell selbst vor Gericht (Symbolbild).

Für die Familie der Angeklagten ist der Fall noch nicht abgeschlossen.

Mit einem blauen Auge ist eine Mechernicherin in einer Jugendstrafsache am Euskirchener Amtsgericht davongekommen. So formulierte es Richter Dr. Wolfgang Schmitz-Jansen, nachdem er das Betrugsverfahren gegen die 21-Jährige auf Antrag der Staatsanwaltschaft vorläufig eingestellt hatte. Sobald die junge Frau eine Geldbuße in Höhe von 200 Euro für einen gemeinnützigen Zweck gezahlt hat, wird der Aktendeckel in der Angelegenheit endgültig zugeklappt.

Tatjana F. (Name geändert), die eine Ausbildung in einem sozialen Beruf absolviert, hatte im Februar 2022 über Internet-Verkaufsportale zweimal Kopfhörer angeboten, die nach ihren Angaben vom Hersteller Apple stammten. In dem einen Fall erhielt sie von einem Mann 115 Euro, das andere Mal von einer Frau 61 Euro. Der Käufer fand jedoch heraus, dass er einer Betrügerin aufgesessen war. Bei den AirPods, so der Produktname, handelte es sich jeweils um Fälschungen, wie es in der Anklageschrift hieß.

Seine Mandantin habe davon nichts gewusst, sagte Verteidiger Viktor Dick. Sie habe die Kopfhörer in dem festen Glauben verkauft, es handele sich um Originale. Als sich das Gegenteil herausstellte, habe sie die Kaufbeträge zurückgezahlt, in einem der beiden Fälle zusätzlich 15 Euro „als Entschädigung für den Käufer“.

Auf entsprechende Fragen des Gerichts und der Staatsanwältin sagte die Angeklagte, sie habe die Kopfhörer in Köln gekauft, „in der Nähe des Kölner Doms“. Wie viel sie bezahlt habe, wisse sie nicht mehr. „Mir war aber bewusst, dass das ein günstiger Preis war – und dass da was nicht stimmt“, ergänzte sie und relativierte damit die Erklärung ihres Rechtsanwalts.

Polizeiliche Durchsuchung bei der Familie der Angeklagten

Schmitz-Jansen fasste die Sache so zusammen: „Sie dachten, Sie könnten die Kopfhörer gewinnbringend weiterverkaufen. Das ging aber gründlich in die Hose. Stattdessen haben Sie noch draufgezahlt.“ Die Angeklagte widersprach nicht: „Das war ein großer Fehler, den ich nie wieder machen werde.“

Dank des Geständnisses schien sich der Prozess schnell dem Ende zu nähern – doch dann kam unerwartet „ein anderer Geschmack in die Sache“, wie sich der Vorsitzende ausdrückte. Er hatte mit Erstaunen gehört, wie die Vertreterin der Anklagebehörde von einer polizeilichen Durchsuchung in dem Haus in Mechernich berichtete, in dem Tatjana F. mit ihren Eltern und mehreren Geschwistern lebt.

Amtsgericht Euskirchen: Verfahrenseinstellung für Arbeitsleben von Bedeutung

Anlass sei der Vorwurf gewesen, dass Vater, Mutter und zwei Brüder der Angeklagten einen regen Handel mit gefälschten AirPods betrieben hätten, so die Staatsanwältin. Das Ermittlungsverfahren, über das das Euskirchener Amtsgericht offenkundig nicht informiert worden war, sei noch nicht abgeschlossen, fügte sie hinzu.

Von Tatjana F. wollte die Anklägerin wissen, ob die Kopfhörer, die sie verkauft hatte, womöglich nicht wie behauptet aus Köln, sondern aus ihrem familiären Umfeld stammten. „Dazu sage ich nichts“, antwortete die 21-Jährige. Die Staatsanwältin ließ durchblicken, was sie von den Aussagen der Angeklagten hielt: „Sie müssen hier ihre Verwandtschaft nicht mit hineinreißen. Aber eines sage ich Ihnen: Wir lassen uns nicht gerne belügen.“

Der Mechernicherin kam zugute, dass sie bis jetzt unbescholten war und die Betrügereien im Alter von 20 Jahren, also als Heranwachsende, begangen hatte, sodass auf sie das Jugendstrafrecht anzuwenden war. Für die Auszubildende ist die Verfahrenseinstellung besonders mit Blick auf ihr Arbeitsleben von Bedeutung. In dem Beruf, den sie ausüben wolle, „sollte man nicht vorbestraft sein“, sagte eine Vertreterin der Jugendhilfe des Kreises Euskirchen, die zu dem Fall gehört wurde.

So kann die Angeklagte heilfroh sein, dass das Urteil, wie Schmitz-Jansen erklärte, weder im Bundeszentralregister noch in einem polizeilichen Führungszeugnis auftauchen wird – vorausgesetzt, sie zahlt die Geldauflage.

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