Prozess in EuskirchenOffizier soll vier Nebelgranaten im Garagenschrank deponiert haben

Lesezeit 3 Minuten
Das Amtsgericht an der Kölner Straße in Euskirchen.

Am Euskirchener Amtsgericht muss sich ein 41-jähriger Oberleutnant verantworten.

Im Haus eines Offiziers wurden Nebelgranaten entdeckt. Die Bundeswehr hat bisher nicht geklärt, wie sie aus ihren Beständen verschwanden.   

Vier Nebelgranaten und ein Scheidungsfall – dies sind Zutaten eines Prozesses, der am Euskirchener Amtsgericht begonnen hat. Auf der Anklagebank sitzt der 41 Jahre alte Oberleutnant Rico M. (Namen geändert), der im Kreis Euskirchen lebt. Seine Noch-Ehefrau Vanessa, auch sie Soldatin, sagte am ersten Verhandlungstag als Zeugin aus. 

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Offizier vor, er habe am 26. Juni 2023 und bereits davor an seiner früheren Wohnanschrift ohne die erforderliche Erlaubnis über besagte Handgranaten aus dem Bestand der Bundeswehr verfügt und damit gegen das Sprengstoffgesetz verstoßen. Das Amtsgericht hatte deshalb einen Strafbefehl über 5000 Euro gegen ihn verhängt. Weil er dagegen Einspruch einlegte, kam es nun zur Hauptverhandlung unter dem Vorsitz von Richter Felix Marienfeld.  

Die Ehefrau des Angeklagten wies den Verdacht gegen sie zurück

M. ließ seinen Verteidiger Clemens-August Graf von Plettenberg eine Erklärung vortragen, in der er den Vorwurf bestritt. Der Anwalt sagte, es sei nicht zu beweisen, dass sein Mandant die Granaten besessen habe. Gleichzeitig stelle sich die Frage, ob sie sich stattdessen im Besitz der Ehefrau befunden haben könnten. Vanessa M. wies diese Spekulation entschieden zurück: Sie habe von den Granaten nichts gewusst.

Wie der Verteidiger eingangs erklärt hatte, will sich das Paar scheiden lassen. Die Scheidung sei „keine schöne Scheidung, keine, die glatt abläuft“. Sein Mandant lebe schon seit November 2022 nicht mehr in dem Wohnhaus, in dem die Nebelgranaten entdeckt wurden. Einen Schlüssel habe er nicht mehr. Im April 2023  habe er die letzten persönlichen Gegenstände aus dem Haus geholt. Zwei Monate später, zum in der Anklageschrift genannten Datum, habe er demnach über nichts verfügen können, was sich dort befunden habe, fügte Graf von Plettenberg hinzu.     

Die Granaten lagen in einem Schrank mit Gartenutensilien

Vanessa M. berichtete im Zeugenstand von dem Tag, an dem ihr Gatte mit Helfern Gegenstände aus dem Haus abholte. Sie habe anschließend kontrolliert, ob er nichts vergessen habe. Dabei habe sie in der Garage in einem Schrank mit Blumentöpfen und anderen Gartenutensilien die Granaten entdeckt. „Ich wusste nicht, wohin mit dem Fund“, sagte die 42-Jährige.

Schließlich habe sie einen Bekannten ins Vertrauen gezogen. „Nachdem er mich aufgeklärt hatte, was mir hätte passieren können, hat er den MAD angerufen“ – den Militärischen Abschirmdienst. So kam es, dass das Landeskriminalamt „die Munition“ abholte, wie die Zeugin es formulierte.  

Die Bundeswehr führt gegen den Angeklagten ein Disziplinarverfahren 

Ob sie wisse, wie die Granaten in die Garage gelangt seien, fragte Richter Marienfeld. Sie habe „eine Vermutung“, antwortete Vanessa M.: Ihr Mann habe als munitionstechnischer Offizier an seinem Bundeswehrstandort „rund um die Uhr mit Munition zu tun“. Sie könne allerdings auch nicht ausschließen, dass andere Personen in der Garage gewesen seien, ergänzte sie auf Nachfrage. 

Nach Angaben der Verteidigung führt die Bundeswehr gegen Rico M. ein Disziplinarverfahren. Er selbst sagte, wegen des Fundes sei gegen ihn eine Beförderungssperre verhängt worden. „Ich hätte sonst schon Hauptmann sein können.“ Sein Anwalt berichtet zudem, dass die Nebelgranaten 2019 von der Bundeswehr „als verbraucht deklariert“ worden seien. Sie könne aber nicht ermitteln, wer sie unterschlagen oder entwendet habe. 

Ein Gutachten soll klären, ob Nebelgranaten unter das Sprengstoffgesetz fallen

 Von Interesse ist die Frage, wie Nebelgranaten rechtlich einzustufen sind. Anwalt Graf von Plettenberg sagte, sie enthielten keinen Sprengstoff. Anderenfalls hätte der Fall viel höhere Wellen geschlagen. In einem YouTube-Video, das er dem Richter zeigte, sei zu erkennen, dass aus einer solchen Granate gelber Rauch entweiche, dass es jedoch vorher keine Explosion gegeben habe, sagte der Verteidiger.

Das Gericht will nun vor der Fortsetzung der Verhandlung durch ein Gutachten des Landeskriminalamtes klären lassen, ob Nebelgranaten, wie von der Staatsanwaltschaft angenommen, unter das Sprengstoffgesetz fallen.  

Rundschau abonnieren