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BarrierefreiheitRollstuhlfahrerin beklagt gefährliche Gefälle und Engstellen in Stotzheim

Lesezeit 5 Minuten
Die Rollstuhlfahrerin auf einem Weg vor einer Rasenfläche und einem großen Stein.

Der Spielplatz zwischen Mars- und Herkulesstraße in Stotzheim ist nur über Zugänge mit Gefälle oder Steigung zu erreichen. Rollstuhlfahrer müssen befürchten, ins Rutschen zu geraten oder zu stürzen.

Die Stotzheimerin Carola Arndt, die selbst auf den Rollstuhl angewiesen ist, wünscht sich Verbesserungen für Menschen mit Gehbehinderung.

Der Kinderspielplatz zwischen Marsstraße und Herkulesstraße in Stotzheim bietet so viel Platz wie nur wenige andere Anlagen im Euskirchener Stadtgebiet. Auch die Auswahl an Spielgeräten kann sich sehen lassen. Und doch hat er einen Makel: Besucherinnen und Besucher, die im Rollstuhl, aber ohne Assistenz unterwegs sind, haben Mühe, das Gelände überhaupt zu erreichen.

Wer von Süden kommt, gerät hinter einem Findling, der wohl den Eingang markieren und gleichzeitig Autos vom Befahren des Platzes abhalten soll, auf eine abschüssige Strecke. Der Weg besteht aus Schotter, und das Gefälle ist so groß, dass Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer Angst haben müssen, ins Rutschen zu geraten oder zu stürzen – erst recht, wenn der Boden nass oder gefroren ist.

Entweder habe ich eine Steigung vor mir oder es geht gefährlich bergab.
Carola Arndt über den Spielplatz Marsstraße in Stotzheim

Der Eingang im Norden ist nicht besser: Dort geht es bergauf – so sehr, dass Carola Arndt froh ist, wenn sie jemanden zum Hochschieben dabei hat. „Allein habe ich große Schwierigkeiten, auf den Platz zu kommen. Und auf dem Rückweg ist es genauso. Entweder habe ich eine Steigung vor mir oder es geht gefährlich bergab“, sagt die 46-Jährige, die weiß, wovon sie spricht, denn als alleinerziehende Mutter hat sie in den zurückliegenden Jahren häufig ihren Sohn auf dem Weg zum Spielplatz begleitet.

Auch mit dem Rollator stoßen Betroffene in Stotzheim an Grenzen

Als Alternative kam und kommt für die beiden der Platz An der Liersmühle in Betracht. Doch auch diese Anlage hat ihre Tücken. Hinter dem oberen Eingang landet man direkt auf einer Grasfläche – „schlecht für Menschen mit Handicap, die einen Rollstuhl oder einen Rollator brauchen“, sagt Arndt. „Für sie ist außerdem der Eingang zwischen den Gittern sehr eng.“

Nähert man sich dem Areal von der Alzenaustraße aus, bildet eine Holzbrücke ein Hindernis, das für Rolli-Fahrer nur schwer zu überwinden ist. Die Brücke ist so über einem Graben platziert, dass der Abschluss an der Nordseite eine Stufe bildet. Für Fußgänger kein Problem, für Menschen mit Behinderung sehr wohl.

Carola Arndt, die wegen einer Multiplen Sklerose (MS) im Rollstuhl sitzt, ist noch stark genug: Sie zieht sich mit den Armen am Brückengeländer hoch und es gelingt ihr mit Müh und Not, den Rollstuhl hinter sich her auf die Brücke zu bugsieren. „Das schaffen aber längst nicht alle“, sagt die Stotzheimerin.

Eine Tour durch den Ort wird für Carola Arndt zum Kraftakt

Was für andere normal und einfach ist, ist für sie mit einem Kraftakt verbunden. Auf einer Tour durch ihren Ort zeigt sie dieser Zeitung eine weitere neuralgische Stelle, die sie zur Genüge kennt: An der Grundschule, zu der sie ihren Sohn unzählige Male gebracht hat, steht dort, wo ein Fußweg in die Straße An der Klostermühle mündet, als Barriere für Autos und Motorräder ein Umlaufgitter.

Wenn sie ihr Zuggerät mit Motor an ihren Rollstuhl montiert hat, ist er so lang, dass sie die Sperre nicht passieren kann. Dann kommt sie an dem Gitter nur vorbei, wenn sie den Kopf einzieht, so weit es geht.

Eltern mit Zwillingskinderwagen, so die 46-Jährige, kämen an dieser Barriere nicht vorbei. Für Senioren mit Rollator, die ihre Enkel zur Schule bringen oder in die Kirche wollen, sei die Stelle ebenfalls problematisch, ergänzt Arndt.

„Seit der Flut habe ich von meiner Eingabe nichts mehr gehört“

Was sie ärgert: Vor Jahren hat sie einer Mitarbeiterin der Stadt Euskirchen die problematischen Punkte gezeigt, mit denen sie als Mutter eines Sohnes im Kindergarten- und später im Grundschulalter immer wieder konfrontiert wurde. Die Frau sei wenig später aber in der Verwaltung in eine andere Abteilung gewechselt. „Dann kam auch noch die Flut, und ich habe von meiner Eingabe nichts mehr gehört“, sagt Arndt.

Mittlerweile könnte ihr die Angelegenheit egal sein, denn ihr Sohn kommt in die fünfte Klasse, sodass sie ihn nicht mehr zur Grundschule bringen wird. „Und aus dem Alter, in dem er oft auf dem Spielplatz spielt, ist er bald auch raus.“ Sie denkt aber nicht daran, das Thema zu den Akten zu legen. „Es muss Menschen geben, die den Anstoß dazu geben, Dinge zu verändern. Auch wenn es nur um Einzelschicksale wie meines geht.“

Auf den abschüssigen Strecken am Spielplatz Marsstraße würde es schon helfen, wenn die Wege asphaltiert würden, meint Arndt, die keineswegs nur lamentiert. Im Gegenteil: Sie setzt sich im Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern (bbe) für ihre und die Belange von Mitbetroffenen ein.

Dass die Stadt Euskirchen inklusive Kinderspielplätze schaffen will, wie es der Ausschuss für Generationen und Soziales im Januar beschlossen hat, hört Arndt mit Freude. „Die Stadt sollte aber nicht nur an inklusive Spielgeräte denken“, sagt sie, „sondern auch daran, dass die Plätze für alle gut erreichbar sind – auch für Eltern und andere Begleiter mit Behinderung.“


Mangel an Toiletten für Rollstuhlfahrer in Euskirchen

Ein weiteres Anliegen von Carola Arndt: Sie wünscht sich mehr barrierefreie Toiletten für Rollstuhlfahrer und andere Menschen mit Handicap. „Es darf doch nicht sein, dass sich meine Freizeit-Aktivitäten danach richten müssen, wo ich ein Schwerbehinderten-WC finde oder eben nicht.“

In der Euskirchener Politik ist das Problem schon oft diskutiert worden. Die Verkehrsgesellschaft SVE ist dabei, in den Parkhäusern Entenpfuhl und Spiegelstraße die durch die Flut zerstörten Behindertentoiletten wiederherzurichten. Die Arbeiten dauern aber länger als ursprünglich gedacht. (ejb)

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